Johannische Kirche

Zum Tod von Josephine Müller und zum Leitungswechsel

(Letzter Bericht: 6/2019, 226-229) Das Oberhaupt der Johannischen Kirche Josephine Müller (1949 – 2019), die Enkelin und Namensvetterin des Religionsstifters Joseph Weißenberg (1855 – 1941), ist am 30. Dezember 2019 in Berlin verstorben. Sie wurde bis zuletzt von den Mitgliedern der Gemeinschaft im Hospiz begleitet.

Josephine Müller wurde bereits 1961 zur Nachfolgerin ihrer Mutter Frieda Müller ernannt und diente der Kirche seit 2001 – nach dem Ableben ihrer Mutter – als Oberhaupt. In dieser Funktion war sie zugleich Vorstandsvorsitzende des deutschlandweit operierenden Johannischen Sozialwerks e. V. mit Hauptsitz im Berliner St.-Michaels-Heim und karitativ in der Kinder-, Jugend- und Altenhilfe engagiert. Als Oberhaupt der Johannischen Kirche wirkte sie in den letzten drei Jahrzehnten maßgeblich am Wiederaufbau der Friedensstadt mit, die in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert. Wie dem Gemeindeblatt vom 11. Dezember 2019 zu entnehmen ist, äußerte Josephine Müller bis zuletzt „immer wieder ihre große Dankbarkeit für alles, was ihr an Liebe und Verbundenheit im Gebet von den Gemeinden entgegengebracht wird. Sie spürt alles.“ Ende des Jahres 2019 wurde nun also Josephine Müller „vom Meister Joseph Weißenberg in die Ewigkeit heimgerufen“. In der Formulierung zeigt sich die fortbestehende Verehrung der charismatischen Gründerfigur Weißenberg.

Bereits in der Novemberausgabe 2019 von „Weg und Ziel“, der Wochenzeitung der Johannischen Kirche, wurde die Berufung einer neuen Leitung angekündigt. Stefan Tzschentke (46) und Daniel Stolpe (30) wurde noch von Josephine Müller die Leitung der Kirche übertragen. Daniel Stolpe steht zugleich in der Hauptgemeinde St.-Michaels-Heim in Berlin als Gemeindeleiter in der Verantwortung. Am 13.12.2019 wurde Prediger Tzschentke von Josephine Müller gemäß der Verfassung der Johannischen Kirche zum Nachfolger eingesetzt und mit dem Verscheiden Müllers zum Oberhaupt. Am Tag der Beisetzung, dem 11.1.2020, berief Tzschentke wiederum Daniel Stolpe zum nachfolgenden Oberhaupt und Stellvertreter mit Alleinvertretungsbefugnis.

Erstmals in der Geschichte der Johannischen Kirche wird das Oberhaupt nicht von einem Nachfahren Joseph Weißenbergs gestellt und damit das dynastische Prinzip durchbrochen. Das neue Leitungsduo gehörte nach eigenen Angaben bereits dem Vorstand an. Beide waren zuvor schon hauptamtlich in der Administration der Kirche tätig. Inwieweit sich eine Entkopplung von einer dynastisch organisierten Weitergabe der Führung auf Struktur und Entwicklung der Religionsgemeinschaft auswirkt, wird die Zukunft zeigen, denn wie bei vielen Religionsgemeinschaften schwinden auch in der Johannischen Kirche die Mitglieder.


Jeannine Kunert