Andrew Schäfer

„Testamentsvollstreckung des Christentums“?

Anthroposophie und christlicher Glaube - ein Tagungsbericht

Mit diesem provokativen Titel, einem Zitat Rudolf Steiners1, wurde zu einer Tagung der Evangelischen Akademie Baden in Kooperation mit der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) nach Bad Herrenalb eingeladen (27. bis 29. Juni 2008). Ging es bei der EZW-Fachtagung 2006 in Berlin vor allem um die vielfältigen Erscheinungsformen der anthroposophischen Bewegung2, so sollte nun im Blick auf das Offenbarungsverständnis und vor dem Hintergrund christologischer Fragen eine Verhältnisbestimmung von Anthroposophie und Christentum vorgenommen werden.

Theologische Anfragen an die Anthroposophie

In seinen „Anfragen an die Anthroposophie“ legte der Akademiedirektor und Weltanschauungsbeauftragte der Badischen Landeskirche, Jan Badewien, einen breiten Fächer kritischer Fragen von kirchlicher Seite vor, die die Diskussion der folgenden Tage zu einem guten Teil bestimmen sollten: Welche letztlich religiösen Grundannahmen stehen hinter der Anthropogenese und der Kosmogonie der Anthroposophie? Womit schließt sie an biblische Traditionen an, korrigiert sie oder beansprucht, sie weiterzuführen? Anthroposophie will die Tore zur übersinnlichen Welt öffnen und – mit dem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit angesichts solcher angeblich methodisch erzeugbarer Erkenntnis – jenseits der von Kant gesetzten Grenzen der Vernunft neues Wissen ermöglichen. Welches Erkenntnisprinzip steht hinter einem solchen Anspruch? Wie ist dieser Anspruch zugleich vom Glauben abzugrenzen?

Diese Fragen konkretisierte Badewien am Beispiel der Akasha-Chronik. Sie ist Grund und Quelle Steinerscher Erkenntnis, aber sie ist nicht kommunikabel. Was an dieser Quelle ist tatsächlich objektivierbar? Treffen Steiner und mit ihm die Anthroposophie deshalb nicht doch religiöse Aussagen? Entsteht hier nicht ein Selbstwiderspruch zum eigenen Anspruch der Objektivierbarkeit in Bezug auf die eigenen Grundannahmen? Wie ist der Zusammenhang zwischen dem sog. Fünften Evangelium und der Akasha-Chronik zu bestimmen? Dort und nur dort hat Steiner das Fünfte Evangelium „geschaut“. Steiner behaupte auch, die ersten vier Evangelien stammten aus der Akasha-Chronik. Badewien bemängelte das Fehlen einer Niederschrift dieses Fünften Evangeliums.

Schließlich fragte Badewien nach dem eher apersonalen Gottesbild der Anthroposophie, das Gott nicht als Gegenüber des Menschen bestimme, sondern dem Menschen durch sein Ich einen Anteil am Göttlichen zumesse. Hinsichtlich Reinkarnation und Karma wehrte Badewien polemische Kritik an der Anthroposophie ab, die ihr angesichts des Karma-Gedankens Fatalismus unterstelle. Gleichwohl müsse man aus der Perspektive der reformatorischen Rechtfertigungslehre nach der individuellen Vergebung fragen, die in der Anthroposophie nicht vorgesehen sei. Im Anschluss an Helmut Zander3 bezeichnete Badewien die historisch-kritische Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Tradition, an der es der Anthroposophie im Umgang mit ihren Quellen mangele, als Desiderat.

Die Anthroposophie Rudolf Steiners als „Privatoffenbarung“

Am nächsten Morgen eröffnete Michael Debus, Pfarrer der Christengemeinschaft und bis 2007 Leiter ihres Priesterseminars in Stuttgart, das Gespräch zum Thema „Der Himmel ist offen – und die Offenbarung nicht abgeschlossen!“ Die Anthroposophie kenne verschiedene Stufen der Offenbarung im Sinne einer fortgesetzten Offenbarung. Er berief sich auf den evangelischen Theologen Otto Pieper, der ebenfalls von einer sich fortsetzenden Offenbarung durch ständig neue Erweise des sich verwirklichenden Heils gesprochen hatte, bzw. auf den katholischen Neutestamentler Rudolf Schnackenburg, der mit Bezug auf das II. Vatikanum im Rahmen einer Offenbarungsökonomie vom depositum fidei sprach, das jeweils neu expliziert werde.

Die Offenbarung sei auch für Anthroposophen grundsätzlich abgeschlossen, insofern das grundlegende Offenbarungsgeschehen als etwas Objektives feststehe: „Im Denken geschieht etwas Objektives, obwohl ich es gemacht habe!“ Das Objektive finde sich im Subjektiv-Individuellen. Steiner – so Debus – war ein Antidogmatiker und absoluter Individualist. Die Wahrheit offenbare sich für jeden verschieden und individuell. Offenbarung könne sich erst in individuell vollzogener Erkenntnis ereignen. In diesem Zusammenhang äußerte Debus überraschend und zugespitzt die Auffassung, die Anthroposophie sei letztlich eine Privatoffenbarung Rudolf Steiners und habe keinen Anspruch auf öffentliche Bedeutung. Steiner habe auch für sich keine Autorität beansprucht. Interessanterweise wurde dem Referenten von keinem der anwesenden Anthroposophen widersprochen. In der anschließenden Diskussion versuchte Michael Debus noch einmal sein Verständnis von „Privatoffenbarung“ zu präzisieren, indem er im Gegenüber zur notwendigen kirchenamtlichen Approbation einer Privatoffenbarung in der katholischen Kirche klarstellte, dass nur der Einzelne selbst eine solche Privatoffenbarung anerkennen könne. Sie müsse deshalb nicht auch für den Nachbarn gelten. In eben diesem Sinne habe Rudolf Steiner keinen Glaubensanspruch in Bezug auf seine Offenbarungserkenntnisse erhoben.

Die Schrift als Lexikon und Grammatik christlichen Glaubens

Der Leiter der EZW, Reinhard Hempelmann, replizierte auf Debus mit einem Vortrag zum Thema „Die Abgeschlossenheit der Offenbarung im biblischen Zeugnis“. Das Zeugnis der Offenbarung sei in zwei unterschiedlichen Formen entstanden: als Erzählung und als Lehre. Die Verschriftlichung des Evangeliums sei als eine Art Notbehelf gegen mögliche Verfälschungen und gegen das Vergessen motiviert gewesen. Vor diesem Hintergrund ist die Konsequenz der Offenbarung in Jesus Christus als göttliche Selbstmitteilung schließlich die Kanonbildung und die Ausbildung einer eigenen christlichen Identität.

Nach evangelischem Verständnis sei die Heilige Schrift die einzige Quelle des Glaubens (sola scriptura) und das Kriterium der Schriftgemäßheit für die Kirche von fundamentaler Bedeutung. Die Autorität der Bibel sei eine abgeleitete und gründe allein in Jesus Christus (solus Christus): Jesus Christus sei einziges und alleiniges Heilsmittel (1. These der Barmer Theologischen Erklärung). Die Autorität des Kanons erfahre die Kirche rezeptiv in einem annehmenden Prozess. Die Bibel sei die Grammatik und das Lexikon des christlichen Glaubens. Ihr Kanon setze der Pluralität des christlichen Glaubens eine Grenze und spiegele zugleich in sich selbst dessen grundsätzliche Pluralität wider.

Hempelmann betonte gegenüber Debus, dass Rudolf Steiner für seine Geistesschau die Unabgeschlossenheit der Offenbarung zwingend voraussetzen müsse, weil ihr sonst jede Autorität fehle. Er resümierte, im Gegensatz zur Offenbarung im biblischen Zeugnis beanspruche Rudolf Steiners Geistesschau in der Akasha-Chronik das Eigentliche der biblischen Texte ans Licht zu bringen. Dabei werde das Raum-Zeitliche des Offenbarungsgeschehens zurückgenommen und in einer interpretatio esoterica des Christlichen der Kanon fortgeschrieben. Der historische Jesus werde nicht hinreichend berücksichtigt und so würden letztlich die Grundlagen des Christlichen aus der Sicht reformatorischer Theologie verändert. Zudem verwies Hempelmann auf Differenzen im Menschenbild. Werde in jüdisch-christlicher Glaubenstradition der Mensch grundsätzlich als Beziehungswesen verstanden, bei dem Sünde, Gnade, Gerechtigkeit immer im Kontext der grundlegenden Relation Gott-Mensch gesehen würden, so stehe in der Anthroposophie die Beziehung von Geist und Materie auch im Vordergrund anthropologischer Betrachtungen. Besonders in Fragen der Ethik kann Hempelmann Verbindendes zwischen Anthroposophie und Christentum entdecken.

Wer ist der anthroposophische Christus?

Unter der Überschrift „Von Jesus zu Christus“ präsentierte Jörg Ewertowski, Bibliotheksleiter im Rudolf-Steiner-Haus in Stuttgart, seine Aspekte einer anthroposophischen Christologie. Nach Rudolf Steiners Auffassung habe sich Christus erst im Moment der Jordantaufe in Jesus verkörpert. Steiner interpretiere nicht nur die Texte, sondern fasse die Ergebnisse seiner Geistesforschung im Blick auf diese Texte zusammen, wenn er feststelle, dass Lukas und Matthäus tatsächlich von zwei unterschiedlichen Knaben mit je ihrer Geschichte ausgingen. Die Aufgabe sei, sich über das Verhältnis des historischen Jesus zum Christus Klarheit zu verschaffen. Dazu habe Rudolf Steiner auch eine Abgrenzung gegenüber Annie Besants Christentumsdeutung vornehmen müssen, die eine nur mythisch-symbolische Deutung der Menschwerdung vertrat.

Ewertowski bezog in einem „phantasievollen, gleichwohl exegetisch nicht haltbaren Versuch“ (Wolf Krötke) die Ich-Bin-Worte Jesu in den Evangelien auf Ex 3: „Ich bin, der ich bin“. Hier deute sich das jesuanische Selbstverständnis an. Bis zur Jordantaufe gehe es um die Präexistenz Jesu, bevor dieser zum Christus werde. Für Rudolf Steiner komme man nur über den so verstandenen Christus zum historischen Jesus. In ihm sei Gott Mensch geworden, gestorben und auferstanden. Der Weg führe von Christus zu Jesus, nicht umgekehrt. Die Historizität des „Ereignisses von Golgatha“ sei für Steiner unstrittig. Tod und Auferstehung seien die Steigerung aller Mysterien und einmalig in der Weltgeschichte. Auf höherer Ebene sterbe Gott den Menschentod und vollende darin seine Menschwerdung tatsächlich und real. Tod und Erneuerung hätten sich im „Mysterium von Golgatha“ für die Menschheit in ihrer Mitte ereignet. Dies sei ein neuer Gedanke in der Menschheitsgeschichte, die nun wie nach einer Zeitenwende von ihrer Mitte her gedacht werden könne.

Die biblisch-theologische Perspektive: Jesus der Christus

Der emeritierte Professor für Systematische Theologie, Wolf Krötke (Berlin), betonte in seinem Vortrag „Der Mensch Jesus im Glauben an Christus“ die konstitutive Verbindung des historischen Jesus von Nazareth mit dem Christus des biblischen Glaubens.

Den historischen Menschen Jesus dürfe man niemals aus den Augen verlieren, Gott habe sich untrennbar mit der „ganzen Geschichte seines Lebens und Sterbens“ verbunden. In der Verbindung mit den Möglichkeiten Gottes sei dieser Jesus als Christus der gegenwärtig Wirkende, als wahrer Mensch sei er ganz wahrer Gott. Hieraus ergäben sich entscheidende Konsequenzen für ein christliches Gottesverständnis. Gott sei nicht zu reduzieren auf den unantastbaren Schöpfer, sondern er sei, als der mit dem Leben dieses Jesus bis in den Tod verbundene Gott, des Leidens fähig. Die Auferweckung Jesu Christi durch Gott mache deutlich, dass zwischen Gott, dem ewigen Sohn, der den Tod am Kreuz teilte, und Gott, dem ewigen Vater, der ihn auferweckte, unterschieden werden müsse. „Der trinitarische Gott wird in der Christenheit als ein in sich zur Beziehung und damit zur Geschichte fähiger Gott geglaubt, der deshalb auch ‚nach außen’ mit der Menschheit eine echte Geschichte haben kann.“

Der Mensch Jesus, in dem Gott in die Menschenwelt komme, habe insofern tatsächlich kosmische Bedeutung. Zugleich erschließe sich in seiner Menschlichkeit für uns die Liebe als wesentliches Merkmal Gottes: die bedingungslose Annahme jedes Menschen durch Gott. Sein Menschsein ist konstitutiv ein Menschsein für andere. In dieser Liebe ist Gott als Vater und Sohn liebend auf sich selbst bezogen und im Heiligen Geist strahlt er über sich selbst hinaus, „um Menschen in die Geschichte seiner Liebe einzubeziehen“. Dadurch werde nicht nur das Leben von Menschen in der Sünde „unterbrochen“ (Schleiermacher), sondern „das Verhältnis von Gott und Mensch geheilt“. Die Situation mit Gott versöhnter Menschen wird zur Ausgangslage ihres Lebens. Diese neue Situation ist nur dem Glauben zugänglich, dem Vertrauen auf die unsichtbare und unzugängliche Wirklichkeit des Heils. Die Wahrheit dieses Glaubens entzieht sich sowohl empirischen Beweisen als auch „spekulativen Bewahrheitungen“. Der biblische Glaube an Jesus Christus versteht ihn schon immer als den Erstling der Versöhnten, dem die Glaubenden im Reich Gottes gleich sein werden (Röm 6,5). Der Glaube lebt von der Hoffnung, das Heil versöhnter Menschen erst im ewigen Leben auch „schauen“ zu werden (2. Kor 5,7) und gründet letztlich in der Erfahrung der Auferstehung Jesu Christi. Deshalb dürfe man den Menschen Jesus niemals aus den Augen verlieren, er sei als Gottes Christus wahrzunehmen.

Die Geistesschau und der esoterische Erkenntnisweg

Das Schlussreferat „Ein neuer Offenbarer? Zur Rolle Rudolf Steiners in der Anthroposophie“ hielt der Esoterik-Referent der EZW, Matthias Pöhlmann. Steiner präsentiere mit der Anthroposophie einen esoterischen Erkenntnisweg, der letztlich mehr Gewissheit als die Religion verschaffen wolle. Einerseits lehne er jede Lehrautorität in der Anthroposophie ab, andererseits sei er für heutige Anthroposophen der „unverbrüchliche Garant“ der Anthroposophie, ein Universalgenie gar, mit dem sich kaum jemand auch nur annähernd messen könne.

Im Zentrum Steinerschen Denkens stehe der anthroposophische Erkenntnisweg, der nicht nur Erkenntnismethoden, sondern auch Erkenntnisinhalte und Lebensformen einschließe. Vergessenes und verschüttetes Wissen vom Menschen, von der Natur, von Seele und Geist solle wieder zugänglich gemacht und erweitert werden. Der Mensch erweitere sein Erkenntnisvermögen methodisch mit Hilfe der Anthroposophie.

Ziel des anthroposophischen Erkenntnisweges sei das Einswerden mit dem All-Einen. In diesem Schulungsweg walte nach Steiner „nichts irgendwie Unbewusstes oder Unterbewusstes“. Er beanspruche mit dem Schulungsweg objektive Gültigkeit. Darin gründe auch sein Anspruch auf Wissenschaftlichkeit. Im Unterschied zu sog. Neuoffenbarern wie Emanuel Swedenborg oder Jakob Lorber lasse sich bei Steiner – so führte Pöhlmann weiter aus – kein spirituelles oder mystisches „Berufungserlebnis“ namhaft machen. Vielmehr erhebe er mit seiner „Geisteswissenschaft“ den Anspruch, höhere und letztlich objektive Erkenntnis erlangt zu haben, die er auch auf das christlich-religiöse Feld beziehe. Steiners Selbstbewusstsein sei ungewöhnlich stark: Nach Steiner könne das „Mysterium von Golgatha“ für unsere Zeit „nur durch Anthroposophie, durch Geistesforschung“ begriffen werden. Insgesamt – so Pöhlmann abschließend – sei Steiner ein Kind seiner Zeit gewesen, ein Suchender am Übergang des 19. zum 20. Jahrhundert und habe ihm vorliegende Quellen eher eklektisch bearbeitet. Seine Äußerungen haben innerhalb der Anthroposophie bis heute maßgebliche Autorität im Sinne einer „norma normans“, auch wenn es in der anthroposophischen Bewegung inzwischen vereinzelt Stimmen gebe, die innerhalb des Steiner-Werkes unterschiedliche Gewichtungen vornähmen. Im esoterischen Bereich erwachse gelegentlich Kritik Steiner gegenüber, er werde kritisch als „Kirchenvater“ und „letzte Autorität“ (Hans-Dieter Leuenberger) bezeichnet.

Steiners weltanschaulicher Entwurf impliziere esoterisch-spirituelle Vorstellungen, die aus evangelischer Sicht nicht widerspruchslos hingenommen werden könnten. Theologische Kritik habe sich z. B. auf den höheren Erkenntnisanspruch Steiners zu beziehen. Die Anthroposophie biete eine fortgeschrittene Erkenntnis und eine Art „überreligiösen Weg“. Im Grunde aber hänge diese Erkenntnis am Evidenzerleben von Inspiration und Intuition Steiners. Divergenzpunkte zwischen Anthroposophie und christlichem Glauben seien eben der besondere anthroposophische Erkenntnisweg, die Auffassung vom Göttlichen und der Schöpfung, die eigenwillige Christosophie Steiners, das Verhältnis von Karma und Gnade, das ohne synergistischen Eigenanteil des Menschen am Gnadenhandeln nicht zu denken sei, sowie die Vorstellung von Karma und Reinkarnation in Steiners anthroposophischem Denken gegenüber der damit nicht vereinbaren christlichen Vorstellung von der Auferstehung der Toten. Im Anschluss an Zander sieht Pöhlmann in Steiners Werk eine zentrale Umschlagstelle für esoterisches Denken und theosophische Vorstellungen in Deutschland. Die Anthroposophie antworte aber auch auf Defizite und Leeräume, für die die Kirche mitverantwortlich sei.

Fazit

Insgesamt war diese von 61 Teilnehmern und Teilnehmerinnen besuchte Tagung von einer sehr angenehmen Atmosphäre und sowohl konzentrierten wie konstruktiven Diskursen geprägt. Zugleich wurden die grundlegenden Aporien der Begegnung von kirchlichem Christentum und Anthroposophie sichtbar. Letztlich wurden die theologischen Differenzen zwischen einer anthroposophischen interpretatio esoterica des Christentums mit ihren spezifischen dogmatischen und erkenntnistheoretischen Voraussetzungen einerseits und einem evangelischen Verständnis des Christentums, das sich eng an der jüdisch-christlichen Tradition der Bibel orientiert, offenkundig. Begegnungstagungen wie diese sind sinnvoll und wichtig. Sie können vertiefte Erkenntnisse über den jeweiligen Gesprächspartner und seine Glaubens- und Lebenshaltung wie auch über seine Lehre ermöglichen und das gegenseitige Verstehen verbessern. Andererseits werden aber auch sachliche Differenzen und theologische Unvereinbarkeiten in ihrer Tiefe sichtbar.


Andrew Schäfer, Düsseldorf


Anmerkungen

1 Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Bd. 103, 213.

2 Die EZW-Tagung 2006 wurde dokumentiert in: Andreas Fincke (Hg.), Anthroposophie – Waldorfpädagogik – Christengemeinschaft. Beiträge zu

Dialog und Auseinandersetzung, EZW-Texte 190, Berlin 2007.

3 Vgl. Helmut Zander, Anthroposophie in Deutschland. Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884-1945, 2 Bde., Göttingen 2007; vgl. hierzu die Rezension in MD 9/2008, 354-357.