Esoterik

Skandal beim Bau eines Klinik-Neubaus in Wien

Ein großer, noch im Bau befindlicher Klinik-Neubau im Wiener Norden, der wie viele Großprojekte mit Verzögerungen und Kostenüberschreitungen zu kämpfen hat, ist durch einen Esoterik-Skandal noch mehr in die Schlagzeilen geraten. Ein Energetiker, der in Salzburg ein „Forschungszentrum für Bewusstsein“ leitet, wurde beauftragt, die Gebäude „energetisch“ zu reinigen und einen „Schutzring“ darum zu legen. Die mentalen Leistungen wurden zwischen November 2017 und Januar 2018 erbracht und mit insgesamt 95 000 Euro in Rechnung gestellt. In dieser Summe war auch die Bezahlung esoterischer Coachings für Führungskräfte des Krankenhauses enthalten.

Der Beruf des Energetikers boomt in Österreich. 17 700 Energetiker gibt es im Land, jährlich werden 70 Millionen Euro für ihre Dienste ausgegeben. Das Gewerbe ist frei, jeder kann es ausüben. Einzige Einschränkung: Energetiker dürfen nicht behaupten, heilen zu können, das ist Ärzten vorbehalten.

Aufgrund des großen medialen Echos wurden zwei leitende Mitarbeiter des Krankenhauses, die das Esoterik-Projekt abgesegnet hatten, vorläufig suspendiert, außerdem wurde ein ärztlicher Beratervertrag gekündigt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt weiter in der Angelegenheit. Die katholische Kirche reagierte mit Humor: „Ein einfacher Segen wäre günstiger gewesen.“

Anlässlich der Debatte um das Krankenhaus beschreibt der Religionswissenschaftler Franz Winter (Graz) in einem Blog Gemeinsamkeiten und Unterschiede eines esoterischen und eines religiösen Weltbildes.1 Esoteriker seien eher Einzelgänger, die sich auf dem Markt der Anbieter einer Art von „Überbietungswettbewerb“ stellen müssten. Allerdings führe eine gestiegene kritische Wahrnehmung der Esoterik dazu, dass diese aus dem 19. Jahrhundert stammende Tradition schon bessere Tage gesehen habe.


Michael Utsch


Anmerkung

  1. https://derstandard.at/2000078454616/Esoterik-und-Religion-Eh-alles-das-Gleiche-oder?_blogGroup=1