Esoterik

Nachruf auf die Baseler „Psi-Tage“

(Letzter Bericht: 1/2006, 32f) Man hat es kommen sehen und kann es doch eigentlich noch gar nicht fassen: Die Basler „Psi-Tage“, einstmals das mitteleuropäische Stelldichein der Heiler und Hellsichtigen, Medien und Meister, Sensitiven und Selbstdarsteller, wird es nicht mehr geben. Nicht einmal das 25-jährige Jubiläum – obwohl groß angekündigt – wurde erreicht, geschweige denn gefeiert. Und auch der Versuch, mit Sommerveranstaltungen im nahen Rheinfelden das Interesse wachzuhalten, hat nichts gefruchtet.

Woran liegt es? Den „Psi-Tagen“ scheint – so seltsam das klingen mag – die breite Akzeptanz der Gebrauchsesoterik zum Verhängnis geworden zu sein. Angesichts des Umstands, dass es esoterische Angebote in fast jeder Illustrierten und in jeder Buchhandlung gibt, dass „Engelläden“ auch in kleineren Städten zu finden sind und dass sowieso alles in erschöpfender Fülle im Internet zu haben ist, braucht man keinen Jahreskongress – schon gar keinen, bei dem solch horrende Eintrittsgebühren verlangt werden. „In den letzten Jahren“, so die Veranstalter in ihrer Abschiedsbotschaft (www.psi-tage.ch/index2.html), „nahm ... die Zahl der Besucher ab, die kamen, um sich einen Überblick über das Thema zu verschaffen. Das Interesse an der Auseinandersetzung mit den Hintergründen und Erklärungen der Phänomene ist gesunken. Dies hängt zumindest teilweise mit dem verbesserten Kenntnisstand zusammen. Viele Besucher hatten schon ein Grundwissen und wollten nur einzelne Aspekte vertiefen, die ihnen besonders wichtig erschienen. Immer öfter stellten wir fest, dass Besucher nur wegen eines oder zwei Referenten zu uns kamen. Mittlerweilen gibt es jedoch eine Vielzahl von esoterischen und spirituellen Kongressen und Messen, auf denen viele dieser prominenten Referenten zu hören sind.“

Da Selbstkritik noch nie eine Stärke der „Psi-Tage“-Verantwortlichen war, scheinen sie auch jetzt nicht in der Lage zu sein, sich zu fragen, inwiefern sie selbst zum Scheitern des Kongresses und der dahinterstehenden Idee beigetragen haben. Stattdessen sind andere schuld: „Leider fand in der Presse nur selten eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Inhalten statt; eher ließen sich Journalisten ihre vorgefassten Meinungen bestätigen. In der begleitenden Ausstellung AURA fanden kritische Besucher genügend Material um das ganze Gebiet ins Lächerliche zu ziehen. Wir stehen nach wie vor zu vielen Angeboten, die in der AURA vorgestellt wurden. Nichtsdestotrotz war in der Ausstellung sicher einiges zu finden, das nicht über jeden Zweifel erhaben war.“ Dazu ist zu sagen, dass die Kongress-Organisatoren es stets in der Hand hatten, dem Obskurantismus auf der Begleitmesse „Aura“ Einhalt zu gebieten.

Gestartet waren die „Psi-Tage“ einst als ernsthaftes Forum des Dialogs zwischen Parapsychologie und Wissenschaft – gestrandet sind sie als eine Art esoterischer Jahrmarkt selbstverliebter Erleuchtungseitelkeit, die auch vor Peinlichkeiten nicht zurückschreckte. Mit Grausen erinnert sich der Autor dieser Zeilen etwa an den Auftritt der Australierin Jasmuheen, die 2002 einen ganzen Saal „la-la-la“ singen ließ, um die Kongressteilnehmer auf die „Madonna-Frequenz“ einzustimmen (gemeint war übrigens damals die Mutter Jesu, nicht die Pop-Diva). Wenn die Macher der „Psi-Tage“ jetzt klagen, dass das Feld heute „den privaten Fernsehanstalten“ überlassen werde, „die mit Shows wie der ‚Der nächste Uri Geller’ ein schiefes öffentliches Bild vermitteln“, dann ist das unfreiwillig komisch, denn auch und gerade die „Psi-Tage“ boten Blendern und Tricksern wie Uri Geller immer bereitwillig eine Bühne. Ebenso wohltuend wie selten war es angesichts solchen Unfugs, wenn Kritiker wie Hansjörg Hemminger oder Walter von Lucadou auftreten durften, um wider den Stachel der Publikumsverdummung zu löcken.

Letztendlich waren es finanzielle Probleme, die die „Psi-Tage“ zu Fall gebracht haben. Die Organisatoren erklären dazu: „Die Durchführung eines Kongresses mit festen Ausgaben von weit mehr als einer halben Million Schweizer Franken stellt ein großes finanzielles Risiko dar. Schon 2002 standen die Basler Psi-Tage vor dem Aus, da die Messe Schweiz AG, bisherige Veranstalterin der Psi-Tage, sich neu strukturierte und den finanziell nicht interessanten Anlass aufgeben wollte. Wir haben in dieser Situation das Risiko auf uns genommen und seither vier Kongresse in Basel und zwei kleinere in Rheinfelden auf eigene Rechnung durchgeführt. Es gibt kaum Kongresse dieser Größe, die ohne Sponsoren, welche einen beträchtlichen Teil des Risikos abdecken, überleben können. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass bei unserer Thematik große Berührungsängste bestehen und die Suche nach potenten Sponsoren erfolglos blieb. Unsere Kernkompetenz sind die Parapsychologie und die paranormalen Phänomene. Auf diesem Gebiet weist unser Team sicher mehr Wissen und Erfahrung auf als alle anderen Veranstalter von Publikumskongressen. Allerdings besteht daran nur ein begrenztes Interesse, das es verunmöglicht, weitere Veranstaltungen dieser Größenordnung durchzuführen.“

Dass es auch anders geht, zeigt der „Lebenskraft“-Kongress in Zürich, der eine ähnliche Struktur aufweist wie die „Psi-Tage“, d. h. ebenfalls Vorträge und Seminare – begleitet von einer Verkaufs- und Dienstleistungsmesse – bietet und im Schatten der „Psi-Tage“ zu einer veritablen Konkurrenz und Alternative herangewachsen ist. Die „Lebenskraft“ wird von einem Ein-Frau-Betrieb recht professionell organisiert, wobei die Organisatorin erkannt zu haben scheint, dass man Besucher eines solchen Events nicht immer dreister mit Eintrittsgeldern und Teilnahmegebühren abzocken darf, wie dies zuletzt in Basel geschah. So wird man sich zukünftig in Zürich statt in Basel sehen. Der Esoterik-Zirkus zieht weiter.


Christian Ruch, Chur/Schweiz