Okkultismus

Magisches Deutschland. Ein neues Informations- und Kontaktforum

(Letzter Bericht: 12/2008, 465f) Okkultisten, Hexen und Magier nutzen zunehmend das Internet als neue Werbe- und Kommunikationsplattform. Jüngstes Beispiel für diesen Trend ist das virtuelle Portal www.magisches-deutschland.net. Es soll vorrangig dem gegenseitigen Austausch unter den verschiedenen magischen Richtungen dienen. Gleichzeitig sollen neue „Magie-Interessierte“ gewonnen werden. Mittlerweile weist das Netzwerk 800 Einträge auf. Die eingestellten Texte sind mit Pseudonymen (sog. Nicknames) versehen. Zur Begründung heißt es: „Durch das Internet, in dem sich der verbreitete Wunsch nach Diskretion durch Pseudonyme (Nicknames) und alternative Email-Adressen erfüllen lässt, ist es viel leichter geworden Gleichgesinnte zu finden. Hier kann man nach Herzenslust Kontakte knüpfen, verschiedene Magierichtungen kennenlernen und sich aussuchen, was zu einem passt. Dadurch ist bereits eine große ‚Szene’ entstanden, in der sich Zehntausende Magie-Interessierte austauschen, verteilt über unzählige Foren und Social-Networking-Seiten.“

Auch die Betreiber der Internetplattform wollen sich nicht näher zu erkennen geben. Im Impressum heißt es lapidar: Die Internetseite wird „von Fra. Alloy in den USA betrieben, geleitet und verantwortet“. Am „Redaktionsprozess“ können sich „wechselnde, anonyme Freiwillige aus verschiedenen Ländern“ beteiligen. Zum Anliegen der Internetpräsenz heißt es: „Wir alle haben unterschiedliche Gründe, uns mit anderen zu vernetzen. Manche wollen vielleicht die Romantik feierlicher Gruppenrituale, andere möglicherweise Wissensaustausch, wieder andere vielleicht nur schauen was die anderen so machen. Wenn du beispielsweise einen Coven gründen willst, kannst du nicht davon ausgehen, dass jede/r andere Magier/in von der Idee begeistert ist. Unterhaltet euch über eure jeweiligen Wünsche und Erwartungen und so werdet ihr sicher Gemeinsamkeiten finden, auf die ihr euch dann konzentrieren könnt.“ Überraschend viele Einträge von Magiern, Hexen und Okkultisten kann das neue Netzwerk inzwischen aufweisen. Für Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern gibt es die meisten Veranstaltungshinweise und Kontaktadressen von esoterischen und okkult-magischen Zirkeln: Neben bekannten Rosenkreuzer-Gruppen wie AMORC oder Lectorium Rosicrucianum finden sich auch Einträge von neugermanisch-heidnischen und neodruidischen Kreisen, von Hexen- und Heidenstammtischen, aber auch von Internetshops, die magische Utensilien und Devotionalien vertreiben. Zahlreiche Verweise führen auf Internetseiten von einzelnen Magiern und Okkultisten in der Region.

Sieht man sich die Interneteinträge näher an, so fällt auf, dass neben bekannteren Gruppen und Vereinigungen – wie etwa der umstrittenen Thelema-Society – nun auch okkult-magische Kleinstzirkel an die Öffentlichkeit treten, über deren Existenz selbst langjährige Weltanschauungsexperten bislang nichts wussten. Sorgten bisher die so genannten Heiden- und Hexenstammtische in verschiedenen Städten Deutschlands und größere Treffen auf regionaler Ebene für den gegenseitigen Austausch, so könnten sich mit diesem Portal neue Kontaktmöglichkeiten für Suchende erschließen.

Streit unter Magiern ist keine Seltenheit. Das wissen auch die Betreiber der neuen Internetplattform. Deshalb appellieren sie nachhaltig an die Toleranz untereinander: „Die wichtigste Devise, die eigentlich überall gelten sollte aber in der Magie ganz besonders, lautet: Toleranz! Es gibt sehr viele verschiedene Wege und was für den/die eine/n Magier/in gilt, ist nicht unbedingt auch für den/die andere richtig.“

Magie ist kein bloßes Spiel. Sie kann in Gegenwelten und zu Abhängigkeiten führen. Dessen sind sich offensichtlich auch die Betreiber bewusst, wenn sie konstatieren: „Magie ist wie Sex: also ist sie auch gefährlich. Wer vorsichtig und sorgfältig damit ist, kann wunderbare Dinge erleben und bewirken. Wer nicht genug davon versteht oder Grenzen missachtet, kann sich selbst und anderen wehtun. Aber so, wie Sex den Körper verwendet, verwendet Magie das Bewusstsein. Pflege es und halte es sauber!“

Ob dem Projekt eine größere Zukunft beschieden sein wird, bleibt abzuwarten. Die Okkult-Szene in Deutschland ist nach wie vor sehr disparat und äußerst inhomogen. Individualisierungstendenzen sind dabei unübersehbar. Gleichwohl finden sich im Kontaktangebot auch Gruppen, bei denen Abhängigkeiten für den Einzelnen nicht auszuschließen sind. Fraglich bleibt insgesamt, ob es www.magisches-deutschland.net gelingen wird, den virtuellen Kontakt unter den Nutzern in einen persönlichen Kontakt vor Ort zu überführen. So gab es vor mehreren Jahren den vergeblichen Versuch, die okkult-magische und neuheidnische Szene mithilfe von Dachverbänden insgesamt zu einen. Dieses Projekt scheiterte nicht zuletzt an internen Machtkämpfen. Für den kritischen Beobachter ergibt sich daraus die nüchterne und beruhigende Einsicht: Magier sind auch nur Menschen.


Matthias Pöhlmann