Buddhismus

Geplanter Stupa-Bau in Österreich weiterhin umstritten

(Letzter Bericht: 1/2014, 22f) Die Kontroverse um den Bau eines Stupa in Niederösterreich scheint sich zu einer nicht enden wollenden Geschichte zu entwickeln, die reich an kuriosen Elementen ist. Dabei handelt es sich keineswegs um den ersten buddhistischen Sakralbau in Österreich. Bereits 1983 – im Jahr der staatlichen Anerkennung der offiziellen Dachorganisation buddhistischer Gemeinschaften in Österreich, der „Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft“ (ÖBR) – wurde von der japanischen Gemeinschaft Nipponzan Myōhōji in Wien eine sogenannte „Friedenspagode“ errichtet. Einen Stupa findet man aber auch in Graz, Salzburg und Linz. Die Bauten gehen jeweils auf Initiativen unterschiedlicher buddhistischer Gemeinden zurück, mehrheitlich sind sie aber von tibetisch inspirierten Buddhisten getragen, die aktuell auch die Mehrheit der Buddhisten in Österreich darstellen.

Dies gilt auch für den aktuellen Stupa-Plan, der von einer Organisation namens „Stupa-Institut“ getragen wird, die ein separates Mitglied der ÖBR ist. Spirituelle Leitfigur des Projekts ist der aus Südkorea stammende Mönch Bop Jon Sunim Tenzin Tharchin, der der tibetischen buddhistischen Tradition verpflichtet ist und schon für die Errichtung eines vergleichbaren Baus im ungarischen Zalaszántó zuständig war. Dieser wurde 1992 fertiggestellt und unter Beteiligung öffentlicher und privater Stellen aus Österreich, Ungarn und Südkorea finanziert. Die offizielle Einweihung erfolgte 1993 durch den 14. Dalai Lama.

Die Probleme, die sich dem österreichischen Projekt entgegenstellen, sind auf verschiedenen Ebenen zu suchen. Dabei muss betont werden, dass sich der geplante Bau in vielen Punkten von bislang in Österreich gebauten buddhistischen Sakralbauten unterscheidet. Dies betrifft vor allem die schiere Größe des Objekts, die zweifellos einen nicht geringen Anteil an der kontroversen Wahrnehmung hat. Von der Trägerorganisation wird nämlich nichts weniger als das „größte Weltfriedensdenkmal Europas“ in Aussicht gestellt.1 Es wäre der erste Stupa Europas mit einem „begehbaren Innenraum“, und er würde mit einer Gesamthöhe von 32,5 Metern und einem Durchmesser von 30 Metern zweifellos zu den größeren buddhistischen Sakralbauten Europas zählen.2 Dazu kommt noch der Plan eines größeren Gebäudekomplexes, einer Art buddhistischen Klosters, das dem Stupa angeschlossen sein soll.

Schon der erste Anlauf für die Errichtung in der kleinen niederösterreichischen Gemeinde Gföhl musste erfolglos beendet werden. Als die Pläne für den Bau des Stupa auf einer Anhöhe im Osten des Ortes bekannt wurden, kam es zu einer überraschend heftigen Debatte. Unterschiedliche Akteure führten eine Kampagne gegen den Bau und griffen dabei zu einer (zumindest für Österreich) bislang nie gekannten Buddhismuskritik aus der alleruntersten Schublade. Weithin unbekannte Gemeinschaften wie ein „Institut Leo XIII.“, die „Mission Europa – Netzwerk Karl Martell“ oder eine „Christen-Allianz“ und andere brachten in diversen Flyern den Buddhismus mit Pädophilie, Ritualmorden oder Drogensucht in Verbindung. Die obskuren Vereine, die zumeist einen tiefkatholischen Hintergrund für sich beanspruchten, unterstellten dem Buddhismus zudem Nähe zum Faschismus (beispielsweise aufgrund der Verwendung des Swastika in der buddhistischen Ikonografie oder der angeblichen Kontakte zwischen Vertretern des tibetischen Buddhismus und Nationalsozialisten) oder kritisierten verschiedene Aspekte des tibetischen Buddhismus, indem Einzelelemente sinnentleert und isoliert dargestellt wurden (die Argumente stammen zum Teil aus den einschlägigen Veröffentlichungen des Ehepaars Trimondi, resp. Röttgen, oder Colin Goldners). Auch die katholisch-schismatische „Priesterbruderschaft St. Pius X.“, die ihren österreichischen Distriktsitz in der Nähe von Gföhl hat, schaltete sich mit diversen Verlautbarungen ein und widmete im Februar 2012 eine ganze Sondernummer ihrer Informationszeitschrift dem geplanten Projekt.

Es war eine äußerst zweifelhafte Kampagne, die sogar ein gerichtliches Nachspiel hatte und zur Verurteilung eines der Stupa-Gegner wegen Herabwürdigung religiöser Lehren führte.3 Doch ist es vermutlich auf diese Kampagne und ihre Instrumentalisierung durch diverse politische Akteure zurückzuführen, dass die Volksbefragung zum Bau des Stupa im Februar 2012 in der Gemeinde Gföhl zu zwei Dritteln gegen den geplanten Bau ausging, obwohl (oder gerade weil?) der Bürgermeister der Gemeinde sich immer dafür ausgesprochen hatte.4

Die Betreiber des Stupa-Projekts mussten einen neuen Standort suchen. Dieser wurde schließlich nicht weit von Gföhl in der Gemeinde Grafenwörth gefunden, wo ein österreichischer Unternehmer ein Grundstück zur Verfügung stellte. Doch auch hier scheinen die Pläne unter keinem guten Stern zu stehen. Es spielen zwar andere Argumente eine Rolle als in der vorhergehenden Kontroverse, doch erwecken auch diese den Eindruck, nur vorgeschoben zu sein.

Die aktuelle Gegnerschaft organisiert sich in der Initiative „Rettet den Wagram“ (benannt nach einem Höhenzug in Niederösterreich, der vom Stupa-Bau betroffen wäre) und bringt primär umweltschützerische Argumente ins Spiel. Durch den Bau würden nämlich Brutstätten des Wiedehopfs gefährdet sein. Allerdings befindet sich das betroffene Grundstück nicht in einem explizit geschützten Gebiet, weshalb eine naturschutzrechtliche Prüfung nicht verpflichtend ist, wie von Behördenseite festgestellt wurde. Die Baubewilligung, die im Herbst 2015 vom zuständigen Bürgermeister ausgestellt worden war, ist damit weiterhin gültig. Diese Baugenehmigung wurde allerdings nun Gegenstand einer weiteren Argumentation der Gegner, die ein religionsrechtlich äußerst interessantes Detail betrifft, dessen juristische Klärung noch aussteht. Das Grundstück ist nämlich als „Grünland“ gewidmet, also eigentlich nicht für eine Bebauung gedacht. Allerdings kennt das niederösterreichische Raumordnungsgesetz (2014) die Möglichkeit des Baus einer „Kapelle und anderer Sakralbauten“, allerdings nur „bis zu den maximalen Abmessungen 3 m Länge, 3 m Breite und 6 m Höhe“. Die Volksanwaltschaft, die von den Gegnern des Baus eingeschaltet wurde, hält nun die vorliegende Bewilligung für nicht gültig; es handele sich nicht um eine „Kapelle“, noch dazu angesichts der geplanten Dimensionen. Dem steht nun ein Gutachten des zuständigen Bürgermeisters entgegen, in dem angegeben ist, dass eine „Kapelle“ nicht nach der Größe, sondern nach „Funktion und Ritus“ zu definieren sei. Demnach sei das geplante Projekt mit einer Kapelle vergleichbar.5 Aktuell gibt es einen Baustopp, um das naturschutzrechtliche Gutachten abzuwarten. Der Spatenstich im März dieses Jahres war von lautstarken Protestmaßnahmen begleitet. Die Gegner beschallten die von religiösen Ritualen bestimmte Eröffnung und taten so ihren Unmut kund.

Die Debatte entfacht sich zweifellos an der beachtlichen Größe des Projekts, die auch für den ansonsten eher bescheiden auftretenden österreichischen Buddhismus ungewöhnlich ist. Bei näherer Betrachtung wird auch deutlich, dass die Diskussion eine politische Instrumentalisierung erfährt, die von unterschiedlichen Parteien aufgegriffen wird. Unverkennbar sind auch Überfremdungsängste, die aber angesichts der realen Verhältnisse bezüglich des Buddhismus in Österreich resp. in Europa nicht sehr sinnvoll erscheinen.

Nicht verwunderlich ist allerdings, dass der Stupa-Bau mit der aktuellen Diskussion um den Islam verknüpft wird. So sieht beispielsweise die Freiheitliche Partei Österreichs in Niederösterreich im Stupa-Projekt und der damit verknüpften Diskussion um die Bebauung von Grünland den „Startschuss für Moscheenbau auf jedem x-beliebigen Grünland Niederösterreichs“6. Damit wird die Kontroverse endgültig in einen Brennpunkt des aktuellen gesellschaftlichen Diskurses hineingezogen. All dies wird die Diskussion sicher nicht vereinfachen.


Franz Winter, Wien/Graz
 

Anmerkungen

  1. Zitiert aus einer Dokumentation des Stupa-Instituts zum geplanten Bau, September 2011.
  2. Vgl. www.stupa.at/was-ist-ein-stupa/daten-und-fakten/index.html;  Flyer: www.stupa.at/images/logo001x.jpg  (Abruf der angegebenen Seiten: 26.9.2016).
  3. Vgl. https://kurier.at/chronik/niederoesterreich/stupa-nachwehen-gegner-steht-wegen-verhetzung-vor-gericht/34.769.157 .
  4. Vgl. http://derstandard.at/1328507551298/Volksbefragung-Zwei-Drittel-gegen-Buddha-Tempel-in-Gfoehl .
  5. Vgl. http://derstandard.at/2000040476050/Proteste-gegen-Stupa-Wiedehopf-bruetet-fuer-Buergerinitiative
  6. www.fpoe-noe.at/news-detail/news/fp-waldhaeuslbors-stupa-bewi