Freigeistige Bewegung

Die Zeitschrift „diesseits“ in neuem Gewand

Die Zeitschrift des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD) erscheint seit Beginn dieses Jahres in völlig neuer Aufmachung. Bereits im letzten Sommer hatte man die Leser in einem Editorial darüber informiert, dass die auflagenstärkste Zeitschrift im säkularen Spektrum einen neuen Charakter erhalten soll. So war die Rede davon, die bisherige Funktion als Mitgliederzeitschrift durch einen stärkeren Magazincharakter zu ergänzen. Der aktuelle Untertitel lautet jetzt: „Das Magazin für weltlichen Humanismus“. Seit knapp 25 Jahren erscheint „diesseits“ viermal jährlich. Das erste Heft kam im Dezember 1987 im damaligen Westteil Berlins noch in der Verantwortung des Deutschen Freidenker-Verbandes (Sitz Berlin) auf den Markt. Hervorgegangen war „diesseits“ aus der seit 1958 mit mäßigem Erfolg bestehenden Verbandszeitschrift „Stimme des Freidenkers“. Als man „diesseits“ 1987 einführte, mussten die Berliner Freidenker konstatieren, dass ihre Themen und Ziele in der Öffentlichkeit kaum Beachtung fanden. In einem Arbeitspapier hieß es: „Um die eigene Sprachlosigkeit und die Medien-Barriere zu überwinden, wird eine qualitativ gute Freidenkerzeitschrift bundesweit immer wichtiger.“ Daher sollte „diesseits“ dazu beitragen, „die kulturellen, sozialen, politischen und ethischen Probleme der Gegenwart für eine humane und friedliche Zukunft der Gesellschaft, in der der Mensch das höchste Wesen für die Menschen ist, zu lösen“. Als Zielgruppe für diesen großen Anspruch hatte man damals „junge, anpolitisierte Menschen zwischen 20 und 35 Jahren“ vor Augen. In der letzten Ausgabe der „Stimme des Freidenkers“ verabschiedete man sich mit dem Hinweis, man wolle mit einer neuen Zeitschrift „mehr und mehr über die verbandsinternen Erörterungen hinausgehen“. Man hat also an die Neuausrichtung der Zeitschrift vor knapp 25 Jahren ähnliche Erwartungen gestellt wie heute. Dennoch führte die Zeitschrift viele Jahre ein Schattendasein. Nur wenige Hefte fanden über den engen Kreis der unmittelbaren Bezieher hinaus Beachtung. Dies lag einerseits am langen redaktionellen Vorlauf der Quartalszeitschrift, andererseits an der Themenwahl. So erschien das Winterheft 1989 in wahrlich aufgeregter Zeit am 15. Dezember 1989. Schwerpunktthema war Tod und Sterben; der Mauerfall und die Veränderungen in der DDR wurden nur am Rande erwähnt. Man veröffentlichte lediglich einen offenen Brief an die Freidenker im Osten Berlins. Darin zeigte man sich darüber enttäuscht, dass die DDR-Freidenker sich nicht in die Veränderungsprozesse in der DDR einbrachten, sondern diese Bewegung den Kirchen „überließen“. Erst langsam erkannten die (Westberliner) Freidenker, welche historischen Chancen sich durch die Wiedervereinigung für die freidenkerisch-humanistische Bewegung eröffneten. Auch das wird an „diesseits“ deutlich. Ab 1991 begannen die Diskussionen um eine mögliche Umbenennung und Neuausrichtung des Freidenker-Verbandes. Neben wichtigen Diskussionsbeiträgen referierte „diesseits“ damals übrigens auch weniger ernst gemeinte Namensvorschläge wie HumBuK (Humanistischer Bund der Konfessionslosen) oder ZWAU (Zwangsgemeinschaft der Ungetauften). Ab Januar 1993 wurde „diesseits“ dann offizielles Sprachrohr des kurz zuvor neu gegründeten HVD.Mit der jüngsten Neuausrichtung wollen die Herausgeber „dem weltlichen Humanismus in Deutschland eine starke Stimme geben“. Man möchte aktuelle Debatten aufgreifen und mehr subjektive Meinungen zu Wort kommen lassen. Und in der Tat kommt das erste Heft flott daher. Unter dem Titel „Die spinnen, die Konfessionsfreien“ wird die Diskussion um den Bekenntnischarakter des HVD-Humanismus (vgl. MD 1/2011, 16ff) thematisiert. Es bleibt abzuwarten, ob sich die neue „diesseits“ auf dem umkämpften Zeitschriftenmarkt behaupten kann. Derzeit liegt die Auflage bei ca. 4000 Exemplaren. Eine neue Internetpräsenz ergänzt das Printmedium (www.diesseits.de). In der säkularen Szene gibt es somit vier nennenswerte Internet-Plattformen: Das neue Magazin „diesseits“, den humanistischen Pressedienst (www.hpd-online.de), das um Buntheit bemühte „Magazin für junge Humanistinnen und Humanisten“ (www.wissenrockt.de) und die eher den wissenschaftlichen Diskurs suchende Internetzeitschrift „Humanismus aktuell. Zeitschrift für Kultur und Weltanschauung“ (www.humanismus-aktuell.de).


Andreas Fincke, Berlin