Islam

DİTİB startet Ausbildung für islamische Religionsbeauftragte

Bei einer vielbeachteten Auftaktveranstaltung am 9. Januar 2020 in der Eifel-Gemeinde Dahlem hat die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DİTİB) ihr Ausbildungsprogramm für islamische Religionsbeauftragte vorgestellt.

Der Vorstandsvorsitzende des DİTİB-Bundesverbands, Kazım Türkmen, bewertet die Initiative als einen historischen Schritt – sowohl für DİTİB als auch für Deutschland: „Neue Zeiten erfordern neue Lösungen für neue Bedürfnisse, die mit Althergebrachtem nicht mehr zu bewerkstelligen sind“ (Pressemitteilung DİTİB, http://ditib.de/detail1.php?id=689&lang=de ). Damit dürfte Türkmen etwa die Situation ansprechen, dass immer mehr Musliminnen und Muslime der dritten und vierten Einwanderergeneration Deutsch sprechen und andere Anliegen und Fragen an die Moscheen herantragen als ihre Eltern und Großeltern. Dieser Situation möchte DİTİB nun mit einer deutschsprachigen Ausbildung von Religionsbeauftragten in Deutschland begegnen. Bewusst spricht DİTİB nicht von einer „Imamausbildung“, da die Position eines Religionsbeauftragten eine Vielzahl von Aufgaben wie „Seelsorgearbeit, Vorbeten, religiöse Unterweisung und Betreuung zu verschiedenen Anlässen wie Geburt, Tod oder Hochzeiten, Unterricht an Wochenenden für die Kinder und Jugendlichen in der Moschee, das Predigen am Freitag und an den Festtagen“ umfasse und sich von der Rolle eines reinen Vorbeters (Imams) unterscheide (ebd.). Zudem ist die Rolle von Imamen in DİTİB-Moscheen Männern vorbehalten, in der Ausbildungsstätte in Dahlem werden aber auch Frauen ausgebildet.

Das Ausbildungsprogramm wird als praktische Ergänzung zum Theologiestudium betrachtet. Absolvieren können es alle Theologiestudentinnen und -studenten – ungeachtet ihrer Verbandszugehörigkeit. Obwohl aktuell von den 22 Auszubildenden die meisten ihr Theologiestudium in der Türkei absolviert haben, erklärt DİTİB in einer Presseerklärung, dass auch die Absolventen der Islamischen Theologie deutscher Universitäten willkommen sind, wenn DİTİB im Beirat der Zentren vertreten ist (vgl. ebd.).

Markus Kerber, Staatssekretär im Bundesinnenministerium und verantwortlich für die Deutsche Islam Konferenz, begrüßt das neue Angebot der DİTİB und bewertet die Initiative als wichtigen Anfang. Denn die Politik fordert seit vielen Jahren, dass Imame für deutsche Moscheegemeinden in Deutschland ausgebildet werden. Diese Forderung stand etwa im Zentrum der Eröffnung der vierten Deutschen Islam Konferenz im November 2018. Das neue Ausbildungszentrum wird von Kerber als ein Schritt zur stärkeren Verortung der DİTİB in Deutschland angesehen – jedoch unter Vorbehalt. Denn auch das Ausbildungszentrum in Dahlem steht wegen der Verbindung zur türkischen Religionsbehörde Diyanet und ihrer potenziellen Einflussnahme auf die Ausrichtung der Ausbildungsstätte in der Kritik. Dies gilt insbesondere für Fragen der Finanzierung – auch wenn DİTİB betont, dass die Ausbildung durch Eigenmittel finanziert wird.

Die Ausbildungsstätte für Religionsbeauftragte von DİTİB ist ein erster Schritt, um der Entsendung türkischer Imame in die Bundesrepublik Deutschland zu begegnen. Zudem könnte durch die neue Initiative die Anbindung der islamischen Theologinnen und Theologen deutscher Universitäten an die Moscheegemeinden verbessert werden. Abzuwarten bleibt allerdings, wie transparent DİTİB mit der Finanzierung und den Ausbildungsinhalten umgehen und wie unabhängig das Zentrum vom türkischen Staat sein wird. Hier bedarf es einer kritischen Begleitung.


Hanna Fülling