Paul Metzger

Der Teufel

 Paul Metzger, Der Teufel, Marixverlag, Wiesbaden 2012, 224 Seiten, 5,00 Euro.

Der Preis ist eine Versuchung. Der Preis verwirrt. Fünf Euro für ein Sachbuch. Wie ist das möglich? Werden die Autoren geknechtet? Wird ein billiger Schnellschuss produziert?

Recherchierbar ist, dass der Marixverlag 2006 in Kooperation mit der Frankfurter Rundschau die populärwissenschaftliche, hauptsächlich (wissenschafts-)historisch orientierte Sachbuchreihe „marixwissen“ gründete. Auf 100 Bände angelegt, besteht der selbst beschriebene Anspruch darin, mit den Büchern Themen der humanistischen Allgemeinbildung anspruchsvoll, aber verständlich zu behandeln. Die Kosten betragen pro Buch unisono 5 Euro.

Im September 2012 war es so weit: Flankiert vom vorab erschienenen „Das Christentum“ und dem nachfolgenden Band „Große Herrscher Österreichs“ erschien als Band 55 „Der Teufel“. Dieses Mal steckt er nicht im Detail, sondern zwischen zwei Buchdeckeln eines gut 200-seitigen Werkes. Autor ist Paul Metzger, evangelischer Pfarrer, Referent für Catholica am Konfessionskundlichen Institut Bensheim und Lehrbeauftragter an der Universität Koblenz-Landau.

Auf eine kurze Einführung folgt ein Überblick über die Entstehung und Entwicklung der Teufelsvorstellung. Hier wird ein Bogen von religionsgeschichtlichen Voraussetzungen in Ägypten, Kanaan, Griechenland und Persien, biblischen und apokryphen Texten bis hin zu Augustin und Thomas von Aquin geschlagen. Teil zwei wendet sich der Gegenwart des Teufels zu: seiner Rezeption in den christlich-konfessionellen Religionsgemeinschaften, im Islam, Satanismus; seiner kulturellen Bedeutung am Beispiel Literatur, Film, Musik. Teil drei zeigt, warum der Teufel auch heute trotz Säkularisierung und naturwissenschaftlichem Denken nicht überholt ist: Er ist Deutung der Existenz des Bösen, das jeder Mensch in seinem Leben in verschiedenen Formen und Abstufungen erfährt. Dergestalt ist er je nach Perspektive Fiktion und Wirklichkeit, Symbol und Person zugleich.

Außer einer klaren Struktur erleichtert eine weitere Herangehensweise Metzgers das Lesen und Verstehen. Den einzelnen Kapiteln vorgeschaltet ist jeweils eine kurze Hinführung und Einordnung der durch den Autor größtenteils nacherzählten Quellen in historische und soziologische Kontexte. Teil zwei korrespondiert außerdem durch ständige Rückverweise mit Teil eins. So gelingt es Metzger nachvollziehbar und überzeugend, eine Entwicklung von Teufelsvorstellungen in Geschichte und Gegenwart zu entfalten und in ihren jeweiligen Verbindungen nachzuzeichnen. Es ist kurzweilig, informativ und bereichernd, durch die Fleißarbeit und Systematisierung des Autors einen strukturierten Überblick über die Quellen sehr zugänglich zur Verfügung gestellt zu bekommen.

Dass es auf 200 Seiten nicht möglich ist, ein umfassendes Kompendium zu bieten, ist klar. Vom Lesen inspiriert möchte ich dennoch dreierlei zu bedenken geben: ob nicht – erstens – der Roman des russischen Literaten Michail Bulgakow „Der Meister und Margarita“ rezipiert werden müsste – der Teufel im stalinistischen Russland als advocatus dei der Frage nachgehend, was die Welt im Innersten zusammenhält; ob nicht – zweitens – in der Rubrik Film eine Komödie oder Persiflage exemplarisch Platz finden müsste, um zu zeigen, wie alte Motive in neuen Formen adaptiert werden – die „Hexen von Eastwick“ zum Beispiel gibt es nur im Pakt mit dem Teufel, der wiederum à la Chris de Burghs „The Devil’s Eye“ Kontakt zu seinen Nachkommen aufnehmen will; und schließlich, ob nicht – drittens – als weitere biblische Quelle das Vaterunser gewinnbringend hinzugezogen werden könnte – wie dicht liegen hier die Versuchung und die Hoffnung auf Erlösung vom Bösen beieinander – und damit die Frage, ob nicht doch Gott selbst uns den Teufel als (gefallenen) Engel schickt mit dem Auftrag, uns diesseits des unerträglich Bösen zu versuchen. Versuchung als Zumutung. Es ist Gott, der uns das Bestehen zumutet?! Da reicht kein Geld der Welt, sondern da reichen allein Gnade und Glaube. Bleiben fünf Euro für das Buch. Es lohnt wirklich.


Karl Hesse, Solingen