Yoga

Bad Meinberg bald „Yogastadt“?

Wenn eine Gruppe um den Trendforscher Christoph Harrach mit ihrer Initiative erfolgreich ist, könnte Bad Meinberg am Teutoburger Wald bald offiziell zur „Yogastadt“ werden. Wie der Nachrichtenservice „Westfalen heute“ im November 2012 berichtete, will die Gruppe mit dem vorgeschlagenen Titel das Profil der Kurstadt schärfen und Bad Meinberg als eines der deutschen Zentren der Yogabewegung bekannter machen.

Seit zehn Jahren betreibt der Verein „Yoga Vidya e.V.“ in Bad Meinberg nach eigenen Angaben das größte Yoga-Ausbildungszentrum außerhalb Indiens (s. zum 20-jährigen Jubiläum von Yoga Vidya MD 7/2012, 265f). Mit 75000 Gästen pro Jahr und 120 Mitarbeitern trägt die Einrichtung wesentlich zum Tourismus in dem Ort bei. Durch die Ansiedlung weiterer Yoga-Organisationen und eine bessere Kommunikation des Themas, so hoffen die Personen hinter der Initiative, könnte dies weiter gestärkt werden.

Die angestrebte Einführung der Bezeichnung „Yogastadt“ mag auf den ersten Blick etwas skurril wirken, kann aber bei näherem Hinsehen für Nachdenklichkeit sorgen. Horn-Bad Meinberg ist eine Stadt, die als Kurort erheblich unter den Veränderungen der letzten Gesundheitsreformen zu leiden hat. Der Landesverband Lippe – als Träger vieler Kureinrichtungen – muss Jahr für Jahr erhebliche Mittel aufbringen, um Angebote und Gebäude und damit nicht zuletzt auch Arbeitsplätze zu erhalten. In dieser Situation versteht es Yoga Vidya, die Karte einer touristisch attraktiven Einrichtung mit bundesweiter Bedeutung zu ziehen.

Professionell organisierte offene Tage oder Feste, häufig mit namhaften Abgeordneten aus der Region (vom Landtags- bis zum Europaabgeordneten) sprechen für eine gut durchgeführte Öffentlichkeitsarbeit, die ihre Spuren durchaus auch in Rat und Verwaltung der Stadt hinterlässt. Übrigens auch in dem Bereich der Lippischen Landeskirche: So wurden kirchliche Kindertagesstätten eingeladen, an Kursen und Fortbildungen teilzunehmen und unter den Eltern dafür zu werben. Dabei werden Angebote nicht immer direkt unter dem Label „Yoga Vidya“ beworben, sondern freie Seminaranbieter bieten Kurse im Zentrum „Yoga Vidya“ an. Die Größe des Zentrums und die Präsenz seiner Angebote werden in der Region durchaus positiv wahrgenommen. Häufig scheint es dabei so, als ob Yoga von der Öffentlichkeit als eine Art „Sport“ begriffen wird und völlig von seinen spirituellen und weltanschaulichen Hintergründen losgelöst ist. Diesen Vorwurf kann man „Yoga Vidya“ selbst – zumindest was seine detaillierteren Informationen betrifft – allerdings nicht machen. Inhalte und Lehren werden benannt. Kritische Aspekte wie die unzureichende soziale Absicherung vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spielen dagegen in öffentlichen Äußerungen überhaupt keine Rolle. Die genannte Initiative ist durchaus ernst zu nehmen, vielleicht nicht so sehr dahingehend, dass es bald wirklich zur Bezeichnung „Yogastadt“ kommt, aber doch als ein Ausdruck einer starken öffentlichen Präsenz, die die Marke „Yoga Vidya“ und damit auch die dahinterstehenden weltanschaulichen Konnotationen in der Region etabliert haben.


Horst-Dieter Mellies, Lemgo