In eigener Sache

Abschied von Andreas Fincke

Dr. Andreas Fincke scheidet aus dem Dienst in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) aus und übernimmt zum 1. Oktober 2007 eine neue Aufgabe in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Er wird im Arbeitsbereich der Pröpstin und stellvertretenden Bischöfin, Friederike von Kirchbach, als theologischer Referent im Konsistorium tätig.

Nach Studium, Vikariat in der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und einer vierjährigen Assistentur am Lehrstuhl für Ökumenik und allgemeine Religionsgeschichte an der Martin-Luther-Universität zu Halle-Wittenberg bei Professor Dr. Helmut Obst kam er am 1. September 1992 als Mitarbeiter zur EZW. Durch seine Dissertation über das Jesus- bzw. Christusbild des Neuoffenbarers Jakob Lorber hatte er sich bereits auf ein für die christliche Weltanschauungsarbeit wichtiges Thema (Christlicher Glaube und Neuoffenbarungen) eingestimmt. Von 1992 bis 1996 war er zuständig für den Arbeitsbereich „Religion und Weltanschauung in den neuen Bundesländern“. Er repräsentierte die Arbeit der EZW, die ihren Hauptsitz bis 1996 in Stuttgart hatte, in der „Außenstelle Berlin“. Gleichzeitig nahm er eine koordinierende Funktion im Arbeitsbereich „Sekten- und Weltanschauungsfragen der ostdeutschen Landeskirchen“ wahr mit allen dazu gehörenden Aufgaben, u. a. Publikations-, Vortrags-, Beratungstätigkeit. Durch seine Ausbildung und seine persönliche Erfahrung in der DDR-Diktatur war er für diese Aufgabenstellung prädestiniert.

Mit dem Umzug der EZW von Stuttgart nach Berlin 1996/97 veränderte sich sein Aufgabenschwerpunkt. Die Referatsbezeichnung seines Arbeitsfeldes lautete nunmehr: „Christliche Sondergemeinschaften“. In das Zentrum seiner Beobachtungen und Forschungen traten Religionsgemeinschaften wie Jehovas Zeugen oder die Mormonen, die sich im dezidierten Gegenüber zu den christlichen Kirchen verstehen, ebenso solche, die sich in Wandlungsprozessen befinden – wie die Neuapostolische Kirche – und darum bemüht sind, ihre langjährige Isolation gegenüber den in der Ökumene verbundenen Kirchen zu überwinden. Andreas Fincke ist ein hervorragender Kenner dieser Gemeinschaften, und zwar gleichermaßen in geschichtlicher und gegenwartsbezogener Perspektive. Er hat das Gespräch mit ihnen gesucht, interne Diskussions- und Wandlungsprozesse kontinuierlich beobachtet, beschrieben und ihre Bedeutung in der religiös-weltanschaulichen Gegenwartskultur in zahlreichen Publikationen und in den Medien dargestellt.

Sein besonderes Interesse an der weltanschaulichen und kirchlichen Situation in den neuen Bundesländern hat ihn als EZW-Referent auch nach seinem Referatswechsel fortwährend begleitet. Zu einem ganzen Spektrum von Themen (Jugendweihe, Konfessionslosigkeit, Selbstverständnis atheistischer Verbände) hat er sich immer wieder in der kirchlichen und gesellschaftlichen Öffentlichkeit pointiert zu Wort gemeldet und wird dies hoffentlich weiter tun. 1999 beauftragte ihn das Kuratorium der EZW mit der stellvertretenden Leitung der Einrichtung. Seit dieser Zeit war er – zusammen mit Carmen Schäfer – bis 2006 verantwortlich für die Redaktion der Zeitschrift Materialdienst. Auch an der inhaltlichen Vorbereitung, Organisation und Leitung zahlreicher Tagungen, durch die die EZW mit einem breiten Publikum (aus Kirche, Gesellschaft und Wissenschaft) kommuniziert, war er intensiv beteiligt.

Durch sein Engagement, seine differenzierende Urteilsfähigkeit und seine Bereitschaft zum selbstkritischen Dialog mit einerseits atheistischen und andererseits „sektiererischen“ Kirchenkritikern hat er wesentlich mit dazu beigetragen, die Arbeit der EZW im kirchlichen und gesellschaftlichen Kontext zu profilieren. Die EZW dankt ihm sehr herzlich dafür und wünscht ihm für seinen weiteren beruflichen und persönlichen Weg alles Gute und Gottes Segen.


Reinhard Hempelmann