Buddhismus

17. Sommerkurs des Diamantweg-Buddhismus im Allgäu

(Letzter Bericht: 6/2007, 235f) Vom 4. bis 16. August 2009 kamen mehr als 3000 Buddhisten aus 50 Ländern zum 17. Internationalen Sommerkurs des „Buddhistischen Dachverbands Diamantweg e. V.“ (BDD) bei Immenstadt im Allgäu zusammen. Das 2007 erworbene und inzwischen zum Europazentrum der „Buddhismus Stiftung Diamantweg“ ausgebaute Gut Hochreute über dem Alpsee war zum zweiten Mal Gastgeber der Großveranstaltung, die zu Vorträgen, geleiteten Meditationen und Erfahrungsaustausch einlud. (In früheren Jahren – von 1993 bis 2007 – hatte das Treffen in einem Pfadfinderlager bei Kassel stattgefunden.)

Ein Höhepunkt war der Besuch des höchsten geistlichen Würdenträgers der tibetischen Karma-Kagyü-Linie, des 17. Karmapa Thaye Dorje (26). Der in Nordindien lebende Exiltibeter und andere ranghohe buddhistische Persönlichkeiten hielten Vorträge und nahmen traditionelle Zeremonien vor.

Shamar Rinpoche gilt als 14. Reinkarnation in einer bedeutenden Reihe von Lehrern des tibetischen Buddhismus und gehörte zu den engen Begleitern des 1981 verstorbenen 16. Karmapa. Der nepalesische Mönch und Meditationsmeister Sherab Gyaltsen Rinpoche ist einer der anerkanntesten Lamas der Himalayaregion. Er leitete im Wechsel mit dem dänischen Lama Ole Nydahl eine 72-stündige Meditation auf den „Buddha des Mitgefühls“ (Tschenresig, wörtlich „Liebevolle Augen“), zu der sich weltweit hunderte Meditationszentren zusammenschließen wollten, um das sechssilbige Mantra „Om mani peme hung“ mehr als 100 Millionen Mal zu rezitieren. Dadurch sollte das eigene Mitgefühl gestärkt und zugleich ein positiver Einfluss auf die Gesellschaft ausgeübt werden. Mehrere Tage dauerte auch die „Meditation des bewussten Sterbens“ (tibet. Phowa), die eine Vorbereitung auf den Augenblick des Todes zum Inhalt hat.

Der BDD ist ein Zusammenschluss von 150 Zentren und Meditationsgruppen in Deutschland sowie 600 weltweit. Der Verband ist Mitglied der Deutschen Buddhistischen Union (DBU) und nach eigenen Angaben mit 20 000 Anhängern bundesweit die größte buddhistische Gemeinschaft. Die Karma-Kagyü-Tradition gehört zu den vier großen tibetischen Schulen des Buddhismus und wurde im Westen vor allem durch den umstrittenen Ole Nydahl bekannt gemacht. Der 68-jährige Däne, seit Anfang der 70er Jahre missionarisch für den Buddhismus im Westen aktiv, und seine Schüler sind die Initiatoren des Europazentrums.

Um die Frage, wer der rechtmäßige 17. Karmapa ist, herrscht ein Konflikt, der zu einer Spaltung innerhalb der Kagyü-Tradition geführt hat. Während Thaye Dorje von Shamar Rinpoche Ende der 80er Jahre als Reinkarnation des Karmapa erkannt worden war und neben dem Unterstützer Nydahl auch von etlichen tibetischen Schuloberhäuptern anerkannt wird, ist 1992 der zwei Jahre jüngere Urgyen Trinley Dorje als Nachfolger des 16. Karmapa inthronisiert worden. Dieser genießt die Unterstützung des Dalai Lama und der Mehrheit der Tibeter – übrigens aus politischen Gründen auch der Volksrepublik China.

Der Dalai Lama weilte, als der Sommerkurs begann, nicht allzu weit entfernt in der Schweiz. Zuvor hatte er vom 30. Juli bis 2. August in Frankfurt a. M. vor tausenden Anhängern und Bewunderern Vorträge über die „Kunst des Lebens“ gehalten und am 3. August die Ehrendoktorwürde der Universität Marburg entgegengenommen.


Friedmann Eißler