Alfred Singer

Teufel - Dämonen - Besessenheit - Exorzismus

Aktuelles zu einem umstrittenen Thema - 30 Jahre nach „Tod und Teufel in Klingenberg“

Am 1. Juli 2006 jährt sich der Todestag der Studentin Anneliese Michel zum 30. Mal. Ihr qualvolles Sterben sorgte seinerzeit für großes Aufsehen, weil an der schwerkranken jungen Frau über Monate hinweg viele Male der sog. „Große Exorzismus“ vollzogen worden war. Zwei neuere Kinofilme, die auf unterschiedliche Weise ihre Geschichte aufnehmen, haben nicht zuletzt dazu beigetragen, das Thema Exorzismus wieder in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Nachdem der Blickpunkt-Artikel dieses Heftes von Dr. Reinhard Hempelmann die „Wahrnehmung und Wirklichkeit des Bösen“ in evangelischer Perspektive beschreibt, kommen im Folgenden Vertreter der katholischen Kirche zu Wort. Wir haben Herrn Alfred Singer, den Beauftragten für Weltanschauungs-, Religions- und Sektenfragen im Bistum Würzburg, gebeten, die damaligen Ereignisse und die Reaktionen seiner Kirche darzustellen und aus seiner Sicht und Erfahrung als katholischer Pfarrer zu reflektieren. Der Text ist die überarbeitete Fassung eines Vortrages, den Alfred Singer am 15. März 2006 im Rahmen einer Tagung der Katholischen Sozialethischen Arbeitsstelle in Münster gehalten hat. In einem zweiten Beitrag geht Lutz Lemhöfer, Referent für Weltanschauungsfragen im Katholischen Bistum Limburg, auf die dem Exorzismus vergleichbare Praxis des „Befreiungsdienstes“ ein, die unter evangelikalen und charismatischen Christen verbreitet ist.

Am 1. Juli 1976 verstarb im unterfränkischen Klingenberg am Main die 23-jährige Pädagogikstudentin Anneliese Michel, nachdem an ihr in der Zeit von September 1975 bis Juni 1976 insgesamt 67 Mal der sog. „Große Exorzismus“ vollzogen worden war. Sie starb an Unterernährung und Entkräftung; zum Zeitpunkt ihres Todes wog sie noch 31 Kilogramm. Während Ärzte und Psychiater heute überwiegend davon ausgehen, Anneliese Michel habe an einer besonders schweren Form von Epilepsie in Verbindung mit einer Psychose gelitten2, sind vor allem fundamentalistisch eingestellte Kreise der Überzeugung, es habe sich um dämonische Besessenheit, ja sogar um stellvertretendes Sühneleiden für Missstände in der nachkonziliären Kirche und für Verfehlungen zahlreicher Priester gehandelt3. Anneliese Michel selbst hat in der letzten Phase ihres Lebens ihr Schicksal in diesem Sinne verstanden. Zudem will im Herbst 1977 eine Karmelitin im Allgäu Botschaften von Anneliese Michel aus dem Himmel empfangen haben, ihr Sühnetod habe viele Seelen vor der ewigen Verdammnis gerettet; zum „Beweis“ solle ihr unverwester Leichnam exhumiert werden. Bei der am 25. Februar 1978 erfolgten Exhumierung wies der Leichnam nach Aussage der Zeugen jedoch den zu erwartenden Verwesungszustand auf. Im April 1978 verurteilte das Landgericht Aschaffenburg die Eltern und die beiden Priesterexorzisten wegen unterlassener Hilfeleistung jeweils zu sechs Monaten Haft auf Bewährung. Dennoch „pilgern“ bis heute Gläubige, die von Annelieses Sühnetod überzeugt sind, zu ihrem Grab, beten um ihre Heiligsprechung und lassen sich in einer „Kapelle“ genannten umgebauten Scheune über ihr Leben und ihren Tod berichten.

„Klingenberg“ im Rückblick und im Film

Im sicheren Abstand von 30 Jahren wäre es ein Leichtes, die Geschehnisse von damals, die religiöse Enge des familiären und sozialen Umfelds, abwegige theologische Sichtweisen, die „mittelalterliche“ Exorzismuspraxis und manches andere aus einem Gefühl von Aufgeklärtheit und Überlegenheit heraus zu verurteilen. So einfach ist es aber wohl nicht. Denn über mehrere Jahre hinweg hatte Anneliese Michel bei insgesamt zwölf Ärzten medizinische Hilfe gesucht, was aber zu keiner Besserung ihres Zustandes führte. Möglicherweise hat dazu beigetragen, dass sie wenig Vertrauen zu den Ärzten aufbrachte und ihnen die religiöse Dimension ihres Leidens weitgehend verschwieg, weil sie von ihnen kein Verständnis dafür erwartete. Dieses „Verständnis“ fanden Anneliese und ihre mit der Situation offensichtlich total überforderte Familie bei einigen Priestern, die man zu Rate zog. Eine unheilvolle Rolle spielte die „San-Damiano-Bewegung“, eine Vereinigung konservativer Katholiken, die – bis heute – zu dem kirchlich nicht anerkannten norditalienischen Wallfahrtsort San Damiano ziehen, an dem Anfang der 1970er Jahre Maria der Bauersfrau „Mamma Rosa“ erschienen sein soll. Auf einer dieser „Wallfahrten“, zu der die Eltern ihre kranke Tochter mitgenommen hatten, äußerte die Pilgerführerin nach einem Anfall, bei dem sich Annelieses Körper bis zur Bewegungsunfähigkeit verkrampft hatte, erstmals den Verdacht, es könne eine teuflische oder dämonische Besessenheit vorliegen – eine „Diagnose“, gegen die sich die Eltern zunächst sträubten, die aber mehr und mehr zu einer Art „Selbstläufer“ wurde, unterstützt durch einige Priester, die die Familie in ihrer Hilflosigkeit zu Rate zog und die Annelieses Vertrauen fanden. Entscheidend wurde ein Gutachten des als Fachmann für Fragen teuflisch-dämonischer Besessenheit geltenden Jesuiten P. Adolf Rodewyk4, der bei einem Besuch im Hause Michel seinen Verdacht der „Besessenheit“ bestätigt fand. Daraufhin beauftragte der Würzburger Diözesanbischof Josef Stangl mit Schreiben vom 16. September 1975 Pater Arnold Renz SDS., den Großen Exzorzismus über Anneliese Michel zu sprechen5; der damalige Kaplan Ernst Alt stand ihm dabei zur Seite. Bischof Stangl, auch als Bischof in erster Linie Seelsorger, ließ sich, nachdem er vorherige Anträge abgelehnt hatte, schließlich überzeugen, die Kirche müsse zu diesem äußersten Mittel greifen, nachdem jegliche andere Hilfe versagt hatte. Aus heutiger Sicht ist allerdings kaum verständlich, dass weder der Ortspfarrer noch der Generalvikar und andere Verantwortliche konsultiert wurden und dass bei den Exorzismen selbst kein Arzt oder Psychiater zugegen war6. Überspitzt formuliert: Zu denen, die Anneliese Michel hätten helfen können, hatte sie kein Vertrauen; diejenigen, zu denen sie Vertrauen hatte, konnten ihr nicht helfen.

Dass die „Klingenberger Ereignisse“ bis heute in der Diskussion stehen und die Auseinandersetzung damit längst nicht abgeschlossen ist, zeigen einerseits immer wieder Publikationen zum Thema7, andererseits zwei Filme, die in den letzten Monaten in unseren Kinos liefen und ein breites Medienecho hervorriefen. Am 24. November 2005 startete in Deutschland der Spielfilm des amerikanischen Regisseurs Scott Derrickson „Der Exorzismus von Emily Rose“, der zwar die Klingenberger Ereignisse zum entfernteren Hintergrund hat, diese Ereignisse aber in die amerikanische Provinz verlagert und in wesentlichen Zügen vom tatsächlichen Geschehen in Klingenberg abweicht8. Im Genre des amerikanischen Gerichtsfilmes wird jeweils bei den Aussagen der Zeugen auf das Exorzismusgeschehen zurückgeblendet, wobei Horrorszenen meist drastisch als Spukphänomene gestaltet werden. Dennoch ist der Film mehr als ein billiger Horrorstreifen, denn er vermeidet drei „Fußangeln“, in denen sich eine solche Hollywood-Produktion durchaus hätte verfangen können:

• Die katholische Kirche mit ihrer angeblich „mittelalterlichen“ Exorzismuspraxis wird nicht in Bausch und Bogen verdammt. Der Exorzist, der von Emilys Besessenheit fest überzeugt ist, wird als sehr sympathischer Mensch und Priester gezeichnet.

• Die unerklärlichen und beängstigenden Phänomene werden nicht – etwa im Sinne der amerikanischen evangelikal-fundamentalistischen Szene – als eine Art „Beweis“ für die Existenz des Teufels verwendet, auch wenn für den Film die Existenz des personalen Bösen offensichtlich eine Realität ist.

• Durch die Einbettung der „Besessenheitsphänomene“ und des Exorzismus in das Prozessgeschehen entsteht kein nur auf Schauder und Erschrecken abzielender „Schocker“, sondern einzelne Charaktere werden durchaus differenziert dargestellt. Die Verteidigerin, die sich zunächst selbst als Agnostikerin bezeichnet, beginnt aufgrund ihrer eigenen Erlebnisse immer mehr an ihrer agnostischen Weltsicht zu zweifeln, bis sie gegen Ende des Films gesteht: „Ich bin selbst nicht mehr sicher, was ich eigentlich gesehen habe.“ So gibt der Film keine „Lösung“ vor, sondern wird zur Frage an den Zuschauer, wie er selbst zur Möglichkeit oder Wirklichkeit des personalen Bösen und zum Phänomen teuflisch-dämonischer Besessenheit steht.

Völlig anders geartet ist der Film des deutschen Regisseurs Hans-Christian Schmid „Requiem“9 (Start am 2. März 2006), der von der Kritik geradezu überschwänglich gelobt wurde und für den die Hauptdarstellerin Sandra Hüller bei den Internationalen Filmfestspielen von Berlin 2006 den Silbernen Bären erhielt. Der Film verzichtet (bis auf eine Szene) auf die Darstellung des eigentlichen Exorzismus; er zeigt vielmehr die „Vorgeschichte“ im Sinne einer Milieustudie oder eines Psychodramas: Die Studentin Michaela sucht ihren Weg aus der Enge des Elternhauses und seiner religiösen Einstellung, scheitert aber dabei, hin- und hergerissen zwischen der neu entdeckten Freiheit des Studiums in Tübingen und der Bindung an ihre Familie und deren religiöses Umfeld. Obwohl der Film den Gegebenheiten von Klingenberg z.T. recht nahe kommt, beabsichtigt er doch keine exakte Nachzeichnung des tatsächlichen Geschehens. Der krankmachende Einfluss des religiösen und sozialen Umfeldes (San-Damiano-Bewegung, katholischer Traditionalismus) tritt gegenüber dem Einfluss der Familie allzu sehr zurück. Insgesamt aber ein anspruchsvoller, zur Auseinandersetzung geradezu drängender Film – vielleicht zu anspruchsvoll für „durchschnittliche“ Kinobesucher, denn viele Vorstellungen waren nur schwach besucht, und nach wenigen Wochen war „Requiem“ bereits wieder – im wahrsten Sinn des Wortes – aus dem Blickfeld verschwunden.

Exorzismus in der katholischen Kirche

Dies alles führt nun aber zu der Frage: Welche Rolle spielen Besessenheit und Exorzismus in der katholischen Kirche heute? Wie versucht man damit umzugehen? An die Beauftragten für Weltanschauungsfragen wenden sich ja immer wieder Menschen, die sich von teuflisch-dämonischen Mächten „besessen“ erfahren, unter ihrem Zustand qualvoll leiden und Hilfe von Seiten der Kirche erwarten; dies kann bis zur ausdrücklichen Forderung gehen, einen Exorzismus an ihnen zu vollziehen.

Bis in unsere Zeit hinein wurde der Begriff „Exorzismus“ in der katholischen Kirche in der Bedeutung „Vertreibung böser Mächte“ benutzt: Exorzismus als vollmächtiger Befehl einer eigens beauftragten Person an einen bösen Geist, einen Menschen, von dem er Besitz ergriffen hat, zu verlassen. Für Augustinus bedeutete exorzieren „einen unreinen Geist mit Beschwörung durch Göttliches vertreiben“10. Diese Aussage impliziert eine dreifache Glaubensüberzeugung: „die Überzeugung von der Existenz der Dämonen, von der Existenz einer göttlichen Macht, die stärker ist als die Dämonen, und von der Möglichkeit des Menschen, an diese göttliche Macht zu appellieren“11. Hier zeigt sich bereits eine erste Problematik dieser „imperativen“ oder „imprekatorischen“ Form des Exorzismus: Sie wendet sich direkt an den Teufel, den bösen Geist, den Dämon und ist somit für eine liturgische Feier, die letztlich ein Dialog zwischen Gott und Mensch ist – und beim Exorzismus handelt es sich um Liturgie – eigentlich nicht angemessen12. Aus gutem Grund formuliert deshalb der Katechismus der Katholischen Kirche von 1993 vorsichtiger und zurückhaltender: „Wenn die Kirche öffentlich und autoritativ im Namen Jesu Christi darum betet, dass eine Person oder ein Gegenstand vor der Macht des bösen Feindes beschützt und seiner Herrschaft entrissen wird, spricht man von einem Exorzismus. (...) Der Exorzismus dient dazu, Dämonen auszutreiben oder vom Einfluss von Dämonen zu befreien und zwar kraft der geistigen Autorität, die Jesus seiner Kirche anvertraut hat.“ (Nr. 1673)13

Unter Berufung auf das Zeugnis der Bibel, besonders auf die Botschaft und das Wirken Jesu14 hält die katholische Kirche an der Existenz des personalen Bösen fest und damit auch an der Möglichkeit teuflisch-dämonischer Besessenheit und am Auftrag Jesu an seine Jünger: „Treibt Dämonen aus!“ (Mt 10,8).15 „Daher hat die Kirche die ihr von Christus verliehene Vollmacht, Dämonen auszutreiben und ihren Einfluss zu unterbinden, schon seit der apostolischen Zeit ausgeübt“16. Nach einer wechselvollen Entwicklung wurde das Exorzismusritual in dem durch das Konzil von Trient in Auftrag gegebenen Rituale Romanum von 1614 für die Gesamtkirche verbindlich festgelegt17. Nach diesem Ritus wurden noch 1975/76 die Exorzismen an Anneliese Michel vorgenommen. Dieser Ritus war folgendermaßen aufgebaut18:

Eröffnung:

  • Allerheiligenlitanei
  • Antiphon – Paternoster – Psalm 54
  • Kreuzzeichen – Salutatio – Gebet zur Eröffnung
  • Gebet gegen den Teufel

1. Hauptteil:

  • Wortgottesdienst
  • 4 Lesungen aus dem Evangelium

2. Hauptteil:

Exorzismus

  • Salutatio
  • Vorbereitungsgebet, an Christus gerichtet
  • Kreuzversikel
  • Gebet: Anrufungen des Namens Gottes
  • Erster Exorzismus
  • Salutatio
  • Gebet (um Schutz und Stärkung des Besessenen)
  • Zweiter Exorzismus
  • Salutatio
  • Gebet (verschiedene Inhalte: Heilige, Schöpfer)
  • Dritter Exorzismus (wird bei Bedarf wiederholt)
  • Paternoster, Ave Maria, Credo, Magnificat
  • Benedictus, Psalmen (als mögliche zusätzliche Gebete)

Schlussteil:

  • Gebet um Befreiung

Im Zentrum dieses Ritus stand das Erfragen der Namen der Dämonen19 und der dreimalige Befehl: „Ich beschwöre dich, unreiner Geist, (...) weiche und fahre aus von diesem Geschöpf Gottes!“ Als das II. Vatikanische Konzil die Erneuerung der katholischen Liturgie in die Wege leitete20, galt dies auch für den Ritus des Großen Exorzismus. Als letztes der erneuerten liturgischen Bücher erschien 1999 „De Exorcismis et Supplicationibus Quibusdam“.

Bevor näher darauf eingegangen wird, soll ein Blick auf die vorausgegangene Entwicklung in Deutschland geworfen werden.

Entwicklung in Deutschland

Nach dem „Schock von Klingenberg“ und aufgrund der darauf folgenden öffentlichen Diskussion erteilte die Deutsche Bischofskonferenz im Herbst 1979 den Auftrag, eine Gemischte Kommission aus Fachleuten verschiedener Disziplinen einzusetzen, um die mit dem Problemkreis „Besessenheit und Exorzismus“ zusammenhängenden Fragen grundsätzlich und die Erfahrungen mit dem Exorzismus in Deutschland im Besonderen zu studieren21. Dieser Kommission gehörten u.a. an: Prälat Josef Homeyer (damals Sekretär der Bischofskonferenz) als Vorsitzender, der Exeget Karl Kertelge, die Dogmatiker Wilhelm Breuning und Walter Kasper, die Liturgiewissenschaftler Heinrich Haug, Georg Langgärtner und Emil Joseph Lengeling, sowie die Mediziner bzw. Psychologen August Wilhelm von Eiff, Josef Köhne, Johannes Mischo und Ulrich Niemann22.

Folgende Themenbereiche wurden behandelt: Lehre der Kirche über die Existenz dämonischer Mächte, Besessenheit und Exorzismus aus exegetischer, systematischer und liturgiegeschichtlicher Sicht, Lehre von der „Unterscheidung der Geister“ und ihrer möglichen Bedeutung zur Feststellung von Besessenheit, dämonische Besessenheit aus der Perspektive der Humanwissenschaften (Medizin, Psychologie, Psychiatrie, Parapsychologie), Analyse des „Falles von Klingenberg“.

In vier Punkten hat die Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse, die bis heute nicht vollständig publiziert sind, schließlich zusammengefasst23:

1. Die Lehre über die Existenz dämonischer Mächte gehört zum Glaubensgut der Kirche („de fide“), sie muss aber vom Ganzen des Glaubens her und unter Berücksichtigung kritischer (theologischer wie humanwissenschaftlicher) Einwände neu gedacht und formuliert werden.

2. Ohne die Möglichkeit von Besessenheit grundsätzlich auszuschließen, gibt es bis heute keine Kriterien, aufgrund derer dämonische Besessenheit mit ausreichender Gewissheit festgestellt werden kann. Bedenken werden gegen die im Rituale Romanum genannten Kriterien, gegen das Erfragen der Namen der Dämonen und gegen die imprekative24 Form des Exorzismus erhoben; es bestehe die Gefahr, dass anthropomorphe Dämonenvorstellungen Zustände von multipler Persönlichkeitsspaltung und die Entstehung bzw. Verselbständigung von Teilpersönlichkeiten gerade nicht überwinden, sondern im Gegenteil noch verstärken.

3. Dennoch soll der Exorzismus nicht ersatzlos gestrichen, sondern durch eine „Liturgie zur Befreiung vom Bösen“ ersetzt werden, die unter bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen vollzogen werden kann, und zwar als fürbittendes Gebet der Kirche an Gott, er möge kraft der Erlösungstat Jesu Christi dem leidenden und gequälten Menschen Hilfe, Erleichterung und Heilung schenken.

4. Der Entwurf einer solchen „Liturgie zur Befreiung vom Bösen“ möge nebst theologischer Einführung (Praenotanda) den zuständigen römischen Stellen zugeleitet und in das neue Benediktionale aufgenommen werden25. Dazu solle eine „pastorale Hilfe“ erarbeitet werden.

Neues Exorzismusritual

Im Herbst 1984 nahm die Bischofskonferenz die Arbeitsergebnisse der Fachkommission zustimmend zur Kenntnis und stellte sie der vatikanischen Gottesdienstkongregation als Hilfe für die Neuordnung des Exorzismus zur Verfügung. Es dauerte aber noch fast 15 Jahre, bis schließlich im Januar 1999 der neue Exorzismusritus veröffentlicht wurde26. Die Empfehlungen der deutschen Expertengruppe und der Bischofskonferenz sind darin allerdings kaum und nur in Details berücksichtigt worden. Vor allem handelt es sich nicht um eine grundsätzliche Neuordnung, sondern um eine Bearbeitung und Erneuerung des Rituale Romanum von 1614.

In den Praenotanda werden die Bischofskonferenzen ermächtigt, den Text zu übersetzen, einzelne Zeichen und Gesten des Ritus den kulturellen Gegebenheiten ihres jeweiligen Landes anzupassen und ein pastorales Direktorium für den Gebrauch in den Ortskirchen hinzuzufügen. Dies ist bis jetzt für den deutschen Sprachraum nicht geschehen27; die Arbeit an Übersetzung und Direktorium soll allerdings im Gange sein, so dass mit einer Veröffentlichung in absehbarer Zeit zu rechnen sein dürfte.

Der überarbeitete Ritus sieht folgenden Ablauf des Exorzismus vor28:

  • Besprengung mit Weihwasser
  • Litanei
  • Psalmengebet
  • Verkündigung des Evangeliums
  • Handauflegung mit Begleitworten
  • Glaubensbekenntnis oder Erneuerung des Taufversprechens
  • Vaterunser
  • Zeigen des Kreuzes und (fakultativ) Anblasen
  • deprekativer29 und (fakultativ) imperativer Exorzismus
  • Danksagung: Magnificat oder Benedictus
  • Schlusssegen.

Trotz aller – gerade aus deutscher Sicht – weitergehenden Hoffnungen und Erwartungen sollte nicht übersehen werden, dass das neue Exorzismusritual gegenüber dem alten von 1614 zwei bedeutsame Veränderungen (Verbesserungen!) enthält:

1. Das Erfragen der Namen der Dämonen und des Zeitpunkts, zu dem sie den „Besessenen“ verlassen werden, ist ersatzlos weggefallen.

2. An erster Stelle steht eine deprekative Form des Exorzismusgebets, die immer angewandt werden muss; die imperative Form kann, muss aber nicht zwingend folgen30.

Damit wird dem möglichen Missverständnis des Exorzismus als magische Handlung und einer allzu anthropomorphen Vorstellung des „personalen Bösen“ wenigstens teilweise vorgebeugt31. In den Praenotanda werden zudem wichtige Vorschriften und Einschränkungen festgelegt:

• Nur der zuständige Ortsordinarius (in der Regel der Diözesanbischof) kann die Erlaubnis zur Durchführung des Exorzismus erteilen (Nr. 13).

• Der beauftragte Priester muss weise, klug und integer, und er muss auf diese Aufgabe besonders vorbereitet sein (ebd.).

• Der Exorzist soll vor der Durchführung des Exorzismus Fachleute aus Medizin und Psychiatrie hinzuziehen (Nr. 17)32.

• Der Betroffene muss – wenn möglich – zustimmen (Nr. 16).

• Mit „moralischer Sicherheit“ muss feststehen, dass tatsächlich eine dämonische Besessenheit vorliegt (ebd.).

Damit stellt sich die Frage nach den Kriterien. Die Praenotanda nennen – wie bereits das Rituale von 1614 – zunächst drei Anzeichen für Besessenheit (Nr. 16):

• Kenntnis von weit Entferntem oder Verborgenem

• Verstehen oder Sprechen unbekannter Sprachen

• „übermenschliche“ Kräfte, die die Verfassung des Betroffenen übersteigen.

Der Text gesteht ein, dass diese Anzeichen nur Hinweise sind, die nicht unbedingt teuflisch-dämonischer Herkunft sein müssen, und nennt deshalb als weiteres Kriterium eine vehemente Abneigung gegen Gott, Jesus Christus, die Kirche, gegen heilige Personen, Gegenstände und Riten. Da aber auch solche Verhaltensweisen aus der Biographie des Betroffenen bzw. aus seiner Reaktion auf sein religiös-soziales Umfeld erklärt werden können, muss man mit aller Deutlichkeit feststellen: Es gibt letztlich keine Kriteriologie, mittels derer eine teuflisch-dämonische Besessenheit mit Sicherheit ermittelt werden kann. Jedem Psychiater oder Parapsychologen sind solche Phänomene aus seiner Praxis bekannt, und er wird sie – bei aller Außergewöhnlichkeit – ohne Rückgriff auf teuflische oder dämonische Einwirkung auf „natürliche“ Weise erklären können33.

So waren denn die innerkirchlichen Reaktionen auf das „neue“ Exorzismusritual in Deutschland überwiegend zurückhaltend bis kritisch. In der Tat gab es seit Klingenberg in Deutschland keinen von einem Diözesanbischof angeordneten Exorzismus mehr, und in keiner deutschen Diözese sind „Diözesanexorzisten“ bestellt34; wohl gibt es in einigen Diözesen vom Bischof beauftragte Priester und Fachleute, die Ansprechpartner für hilfesuchende Menschen sein sollen – nicht um sie einem Exorzismus zuzuführen, sondern um ihnen die in ihrer Situation notwendige seelsorgliche und fachliche Hilfe und Begleitung zu gewähren oder zu vermitteln. Es drängt sich allerdings der Eindruck auf, dass es vor allem im pfingstlerisch-charismatischen Bereich eine Art „Grauzone“ gibt, die nur schwer zu durchschauen ist35.

Weltkirchliche Situation

Ganz anders stellt sich die Situation in anderen Teilen der Weltkirche dar. In der katholischen Kirche der USA sind exorzistische Praktiken offensichtlich weit verbreitet. In Frankreich werden allein im Großraum Paris jährlich etwa 1500 Exorzismen durchgeführt36. In Italien soll es über 300 offiziell von den Bischöfen bestellte Diözesanexorzisten geben, und der oft fälschlich „Chefexorzist des Papstes“ oder „vatikanischer Chefexorzist“ genannte Pater Gabriele Amorth37 zögert nicht, in aller Öffentlichkeit davon zu sprechen, er habe in seinem Leben bereits über 40.000 Teufelsaustreibungen durchgeführt38. In Lateinamerika und Afrika scheint die Kirche oft gar nicht anders zu können als sich auch exorzistischer Rituale zu bedienen, wenn sie sich gegenüber den zahlreichen pfingstlerisch-charismatischen Freikirchen und Sekten behaupten will39. „Dort sind beschwörende Gebete, autoritär-suggestive Therapiemethoden und/oder liturgische und an Magie grenzende Riten fester Bestandteil bei der Heilung und der psychosozialen Integration von Menschen, die sich für ‚besessen‘ halten.“40 Selbst in Frankreich und Italien scheint man aufgrund einer anderen soziokulturellen Situation unbefangener mit Teufel, Dämonen und Besessenheit umzugehen, stärker auf die heilsame Wirkung von Ritualen als Weg der Reintegration in die (religiöse) Gemeinschaft zu bauen und insgesamt „positivere“ Erfahrungen mit dem Exorzismus zu machen als in Deutschland. P. Amorth wirft dem Vatikan sogar vor, durch den neuen Ritus werde den Exorzisten die Möglichkeit genommen, überhaupt noch wirksam gegen den Teufel und das Böse kämpfen zu können, und er macht offensichtlich von einer Ausnahmeregelung Gebrauch, die es den Exorzisten in begründeten Fällen erlaubt, den alten Ritus von 1614 anzuwenden41. Auf diesem Hintergrund wird die starke Medienresonanz verständlich, als Papst Benedikt XVI. bei der Generalaudienz am 14. September 2005 auch die anwesenden Mitglieder der Italienischen Exorzistenvereinigung begrüßte und sie ermutigte, ihren Dienst weiterhin unter der „wachsamen Aufmerksamkeit ihrer Bischöfe“ auszuüben42. Ob damit eine Art „kirchenamtliche Anerkennung“ der Exorzistenvereinigung ausgesprochen wurde, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden43. Stark beachtet – und kritisiert44 – wurde in den deutschen Medien, dass im Wintersemester 2005/6 an der Päpstlichen Hochschule (Pontificio Ateneo) der „Legionäre Christi“ bereits zum zweiten Mal ein mehrwöchiger Kurs zum Thema „Exorzismus und Befreiungsgebet“ veranstaltet wurde45, an dem 120 Priester und Laien aus zahlreichen Ländern teilnahmen, um sich mit dem Phänomen „Besessenheit“ vertraut zu machen, sich das Exorzismusritual von 1999 erklären zu lassen und seine Anwendung einzuüben. Zu den oft undifferenzierten Presseberichten seien einige Anmerkungen erlaubt:

1. Es handelt sich nicht um einen offiziellen Kurs „des Vatikans“, sondern um das Angebot einer von zahlreichen päpstlichen Universitäten und Hochschulen in Rom, das in eigener Verantwortung der Hochschule – wenn sicherlich auch nicht ohne vatikanisches Placet – ins Programm aufgenommen wurde46.

2. Es ging nicht ausschließlich und in erster Linie um Einübung der exorzistischen Praxis, sondern um eine umfassende Darstellung des Gesamtphänomens und seine Einbettung in biblische, theologiegeschichtliche, soziologische, anthropologische, medizinische und psychiatrische Zusammenhänge. Als Dozenten fungierten die Bischöfe Comastri und Gemma (beide selbst Exorzisten), Theologen der „Legionäre Christi“, Mediziner und Psychiater. Erst beim abschließenden Rundgespräch berichteten „Berufsexorzisten“ wie P. Gabriele Amorth, P. Giancarlo Gramolazzo47 u.a. von ihren Erfahrungen. Insgesamt umfasste der Kurs sieben Themenbereiche:

  1. biblische, geschichtliche und theologische Aspekte
  2. seelsorgliche und spirituelle Aspekte
  3. liturgische Aspekte
  4. anthropologische, phänomenologische und soziologische Aspekte
  5. wissenschaftliche (medizinische, psychologische, paranormale) Aspekte
  6. juristische und gesetzgeberische Aspekte
  7. Rundgespräch: Erfahrung des Exorzisten48.

3. Es wäre unangemessen, den Kurs lediglich aus „deutscher“ Sicht zu be- und zu verurteilen.

4. Priester in Lateinamerika und Afrika werden mit Phänomenen von „Besessenheit“ und mit der Praxis von Pfingstkirchen und Sekten konfrontiert und suchen nach Hilfe für einen angemessenen Umgang damit auf der Grundlage des christlichen Glaubens und der „gesunden Lehre“. In der ausufernden Besessenheits- und Exorzismusszene Italiens kann es durchaus darum gehen, den „Wildwuchs“ einzudämmen und die Szene in geordnete Bahnen zu lenken. U. Niemann ist zuzustimmen, wenn er bemerkt: „Allerdings können die deutschsprachigen Verhältnisse und Erfahrungen als nicht normativ für die ganze katholische Weltkirche gelten, da sie statistisch nur 3 Prozent der Katholiken in der Welt ausmachen“49. Wobei aus „deutscher Sicht“ durchaus ein Unbehagen bleibt (und wohl auch bleiben darf oder sogar soll).

Exorzistenvereinigung und Vereinigung für den Befreiungsdienst

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass auch im deutschsprachigen Bereich eine schwer durchschaubare „Grauzone“ existiert. So gibt es auch in Deutschland Mitglieder der bereits erwähnten, 1990 gegründeten „Internationalen Exorzistenvereinigung“; Vertreter der deutschen Sprachgruppe ist Pfr. Martin Ramoser aus Reisbach (Diözese Regensburg). Die Statuten vom 30. Juni 1994 liegen auch in deutscher Sprache vor50, und vierteljährlich erscheint ein deutschsprachiger Rundbrief. Weiterhin besteht eine deutsche Sektion der „Internationalen Vereinigung für den Befreiungsdienst“ (International Association for Deliverance – IAD), deren internationaler Präsident der Inder P. Rufus Pereira ist, der die IAD 1995 gegründet hat und der zugleich als Vizepräsident der Internationalen Exorzistenvereinigung fungiert. Der Sitz der deutschen Sektion befindet sich im Haus St. Ulrich in Hochaltingen; Sekretär für den deutschsprachigen Bereich ist wiederum Pfr. Martin Ramoser. In den ebenfalls vierteljährlich erscheinenden Rundbriefen werden Bücher und Kassetten aus dem Unio-Verlag Hochaltingen zu Themen des „Befreiungsdienstes“ angeboten51. Bei einer Durchsicht der Rundbriefe fällt die offensichtlich enge Verbindung zu Zentren der Charismatischen Erneuerung in der Katholischen Kirche (Hochaltingen, Otzing, Bad Soden-Salmünster u.a.) ins Auge, aber auch die Beschäftigung mit als „typisch charismatisch“ geltenden Themen wie z.B. „Heilung der Familiengeschichte“52. Einige Zahlen mögen die Größenordnung aufzeigen, in der sich die IAD bewegt: Die deutsche Sektion hatte im Jahr 2002 als Mitglieder 81 Priester und 37 Laien, darunter Ärzte, Psychotherapeuten und Psychiater53. Bei der Europäischen Konferenz im Jahr 1999 gab es 160 Teilnehmer aus 20 Ländern, darunter ca. 100 Priester54. Die Treffen wurden z.T. als „Priestertreffen“ deklariert, um kein öffentliches Aufsehen zu erregen55.

Anmerkungen zur seelsorglichen Praxis

Es ist nicht einfach, in der beschriebenen gesamt- wie ortskirchlichen Situation zu einem angemessenen pastoralen Umgang mit dem Komplex „Besessenheit und Exorzismus/Befreiungsgebet“ zu finden. Grundsätzlich kann es bei verantwortlichem seelsorglichem Handeln nicht um ein Entweder-Oder, sondern nur um ein Sowohl-Als-auch gehen: sowohl fachliche (psychotherapeutische, psychiatrische, neurologische oder parapsychologische) Hilfe als auch seelsorgliche Unterstützung und Begleitung! Die Fachleute aus dem Bereich der genannten Humanwissenschaften müssen die mit dem Krankheitsbild verbundene religiöse Problematik zumindest erkennen, verstehen und ernst nehmen; sie als nicht existent zu betrachten oder gar als Unfug abzutun, wäre für den leidenden Menschen eine persönliche Katastrophe. Dass Menschen sich von Mächten bedrängt und bedroht fühlen, die über ihre persönlichen Kräfte weit hinausgehen und denen sie sich wehrlos ausgeliefert empfinden, ist eine reale Erfahrung, die nicht weginterpretiert werden darf. Umgekehrt kann kein verantwortlich handelnder Seelsorger auf fachliche Hilfe verzichten in der irrigen Meinung, dem leidenden Menschen allein durch Gebet und rituelle (oder gar pseudomagische) Praktiken wirkliche Heilung verschaffen zu können. Auch hier gilt der alte scholastische Grundsatz: „Gratia praesupponit naturam“ – „Die Gnade setzt die Natur voraus“. Manche Seelsorger, die sich im „Befreiungsdienst“ engagieren, scheinen dies allerdings anders zu sehen56. Es versteht sich von selbst, dass ein Seelsorger einen sich besessen wähnenden Menschen auch nicht einfach an medizinische Fachleute „abschieben“ darf, wenn er sich der Problematik nicht gewachsen fühlt. Deshalb kommt den Diözesanbischöfen die Aufgabe und Verantwortung zu, für ihren Bereich – sofern nicht bereits geschehen – Ansprechpartner aus Seelsorge und medizinisch-psychologischen Disziplinen zu berufen, die in Zusammenarbeit leidenden Menschen eine umfassende, ja die bestmögliche Hilfe leisten können. An die Grenzen ihrer Möglichkeiten stoßen Seelsorger aber dort, wo Menschen geradezu gebieterisch den Exorzismus fordern – mit der offenen oder unausgesprochenen Drohung, einen „wirklichen Fachmann“ aufzusuchen, wenn ihnen hier nicht gemäß ihren Vorstellungen geholfen wird57. Aus christlicher Sicht kann es keine „Heilungsgarantie“ geben58, sondern nur die vertrauensvolle Bitte um Hilfe an Gott – in der Haltung Jesu: „Nicht mein Wille geschehe, sondern der deine.“ Jesus hat den an ihn glaubenden Menschen nicht Glück, Erfolg, Gesundheit „auf der ganzen Linie“ versprochen, sondern ihnen klar und deutlich vor Augen gestellt, dass sie damit rechnen müssen, auf ihrem Lebensweg auch dem Kreuz zu begegnen (Mk 8,34 par) – eine unbequeme Glaubenswahrheit, die in pfingstlerisch-charismatischen Kreisen allzu leicht übersehen wird59. Die in manchen (esoterischen) Heilungsbewegungen propagierte Aussage „Es gibt keine unheilbare Krankheit“ ist aus christlicher Sicht schlichtweg falsch60. Einen körperlich oder psychisch kranken, nicht vollständig heilbaren Menschen zu begleiten, ist eine wichtige seelsorgliche Aufgabe. Aus seinem Glauben kann ein Kranker Hilfe und Kraft schöpfen, sein Leiden durchzutragen, ohne zu resignieren oder daran zu zerbrechen. Die Kirche bietet dazu eine Fülle von hilfreichen und (quasi-) sakramentalen Zeichen an: Schriftlesung, Heilungsgebet, Handauflegung, Segnung, Salbung, Segnungs- und Heilungsgottesdienste, Krankensalbung, Eucharistiefeiern für Kranke... Diese Möglichkeiten werden „vor Ort“ sicherlich noch nicht in ausreichendem Maße genutzt. Für das private Gebet kann es mitunter schon hilfreich sein, sich vor einer brennenden Kerze unter dem Kreuz vertrauensvoll in die Hand Gottes fallen zu lassen und den Bibeltext Mk 3,27 par zu betrachten, nach dem Jesus der „Stärkere“ ist, der den „Starken“ bindet, weil in ihm das Reich Gottes schon nahe herbei gekommen ist (Mt 12,28). Bei gottesdienstlichen Feiern im größeren Kreis sollte darauf geachtet werden, dass „nicht auf Formen zurückgegriffen wird, die dem Hysterischen, Künstlichen, Theatralischen oder Sensationellen Raum geben“61.

Eine Stellungnahme der Deutschen Bischofskonferenz zum Problemkomplex „Besessenheit – Exorzismus – Befreiungsgebet“ bleibt angesichts der geschilderten Situation ein dringendes Desiderat – trotz aller Schwierigkeiten, eine ausgewogene Position zu vertreten, die sowohl den Glaubensüberzeugungen der Gesamtkirche als auch dem heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand Rechnung trägt. Die Ergebnisse der Expertenkommission von 1984 könnten – soweit bekannt – dafür eine tragfähige Grundlage bilden. Eine solche Stellungnahme könnte durchaus das „Pastorale Direktorium“ zur Übersetzung des Rituale Romanum von 1999 werden. Wünschenswert ist zudem eine „Liturgie zur Befreiung vom Bösen“ etwa im Sinne der Empfehlung und des Modells derselben Fachgruppe. Ulrich Niemann empfiehlt noch einen weiteren wichtigen Schritt: nicht nur über oder für, sondern mit betroffenen Menschen um Hilfe und Heilung zu beten: nicht nur de-prekativ, sondern „con-prekativ“62. Bei all dem darf jedoch nicht außer Acht bleiben, dass nach der Überzeugung des christlichen Glaubens Jesus Christus in seinem Kampf gegen das Böse durch sein Leben und Wirken, durch seinen Tod und seine Auferstehung bereits den entscheidenden Sieg errungen hat, dass also böse Mächte, so sehr sie einen Menschen vielleicht noch bedrängen, keine letzte Macht (mehr) über ihn haben können. Für glaubende Menschen ist die Gewissheit der Erlösung letztlich stärker als alle Erfahrung von Leid und Qual, von Not und Bedrängnis.

„Wenn ich auf die Welt hinsehe, wie ich sie täglich vorfinde, scheint sie mir eher einen Teufel als einen guten Gott zu beweisen. Nur der Glaube wird dessen gewiß, dass in Wahrheit Gott Gott ist und nicht der Teufel. Oder genauer gesagt: nur der Glaube an den Gott Jesu Christi weiß und sieht, dass der Teufel eben nicht Gott ist, sondern nur eine Bestie, deren Macht in dem allmächtigen Schatten Seiner Hände endet. Deswegen wäre es eine vollkommen verschobene Perspektive, anzunehmen, der wahrhaft getreue Christ müsse heute den Glauben an den Teufel gegen den Unglauben verteidigen. Darum geht es nicht, kann es nicht gehen und ein solches Vexierspiel sich aufdrängen zu lassen, wäre die gröbste Mißkennung unseres Auftrags. Wir glauben an Gott, nicht an den Teufel. Die Situation ist in Wahrheit genau umgekehrt: Der gläubige Christ verteidigt und bezeugt die reale Macht des in Christus offenbaren lebendigen Gottes, die den Dämon hinausgeworfen und entmächtigt hat. Wo dieser Glaube ist, gibt es keine Furcht. Er befreit davon, er allein. Denn wo immer er aufhört, da freilich zieht die Stunde der Dämonen von neuem herauf und nicht wenig deutet darauf hin, dass sich das Wort von den sieben Geistern zu bewahrheiten beginnt, die statt des einen kommen und unermeßlich viel furchtbarer sind. Am Ende bleibt uns hier in der Tat keine Antwort der bloßen Theorie, sondern nur eine Antwort der Realität: die Gewißheit des Schutzes im Schatten Seiner Hand. Die beweist nicht den Bösen (der sich selbst deutlich genug beweist, wo dieser Schatten nicht ist); sie erlöst uns von ihm: Das ist die christliche Aussage zu diesem Thema.“63


Alfred Singer, Würzburg


Anmerkungen


 1 So der Titel einer Dokumentation mit Stellungnahmen und Artikeln unterschiedlicher Art und Qualität zum „Fall Klingenberg“, Aschaffenburg 1977.

 2 Vgl. etwa J. Böning, der Weg von der Epilepsie zur „Besessenheit“ der A. M. aus Klingenberg, in: G. Wahl/W. Schmitt (Hg.), Besessenheit und Hysterie. Weinsberger Gespräche zur Geschichte der Seelenheilkunde, Reichenbach 2001, 120-135; J. Mischo/U. J. Niemann, Die Besessenheit der Anneliese Michel (Klingenberg) in interdisziplinärer Sicht, Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie 1983, 129-194.

 3 Vgl. z.B. die Internetseiten www.exorzismus.net/Kommentar_Klingenberg.htm  (Kaplan Christian Sieberer); www.najukorea.de/web_michel/informationen/einf_1.htm  (Wolfgang E. Bastian).

 4 Vgl. A. Rodewyk, Dämonische Besessenheit heute. Tatsachen und Deutungen, Aschaffenburg 41988.

 5 Vgl. die Dokumentation wichtiger kirchlicher Verlautbarungen zum „Fall Klingenberg“, erstellt von der Pressestelle des Bischöflichen Ordinariats Würzburg, 2005 (http://downloads.kirchenserver.net/7/623/1/11326723387240640.pdf).

 6 Zum Ablauf der Ereignisse vgl. J. Mischo, Zwanzig Jahre nach Klingenberg, in: Dämonen unter uns? Exorzismus heute, Freiburg/Schweiz 1997, 79-122; F. D. Goodman, Anneliese Michel und ihre Dämonen. Der Fall Klingenberg in wissenschaftlicher Sicht, Stein am Rhein 42005; U. Wolff, Das bricht dem Bischof das Kreuz. Die letzte Teufelsaustreibung in Deutschland 1975/76, Reinbek b. Hamburg 1999. Die Werke von Goodman und Wolff sind wichtige Quellen; ihre Interpretationen der Geschehnisse macht sich Vf. jedoch nicht zu eigen.

 7 So z.B. J. Müller (Hg.), Dämonen unter uns? Exorzismus heute, Freiburg/Schweiz 1997; J. Müller, Verwünscht, verhext, verrückt oder was? Gibt es dämonisch bedingte Störungen? Was sagen Psychologie und Theologie dazu? Wer kann helfen?, Stuttgart 1998; U. Niemann/M. Wagner (Hg.), Exorzismus oder Therapie? Ansätze zur Befreiung vom Bösen, Regensburg 2005; U. Niemann, Exorzismus oder/und Therapie? Psychiatrische und seelsorgerliche Hilfen für von Dämonen „besessene“ Menschen, Stimmen der Zeit 1999, 781-784; Ders., Befreiung vom Bösen? Für einen zeitgemäßen Umgang mit „Besessenheit“, Stimmen der Zeit 2005, 274-278; Ders., Das Böse und die Psychiatrie. Zur Diskussion über Besessenheit und Exorzismus, Herder-Korrespondenz 2006, 119-123.

 8 Vgl. etwa die Presseinformation der Verleihfirma Sony Pictures Releasing GmbH Berlin (www.emily-rose.de).

 9 Vgl. dazu die Presseinformation von X-Verleih Berlin (www.requiem-der-film.de) und das Filmheft der Bundeszentrale für politische Bildung (www.bpb.de/files/CZUVTZ.pdf).

10 Zitiert nach: K. Richter, „Liturgie zur Befreiung vom Bösen“ statt „Exorzismus“, in: U. Niemann/M. Wagner (Hg.), Exorzismus oder Therapie?, 94-110, Zitat 94.

11 P. Dondelinger, Die Praxis des Exorzismus in der Kirche, Concilium 1998, 525-534, Zitat 526.

12 Vgl. M. Probst/K. Richter, Exorzismus oder Liturgie zur Befreiung vom Bösen. Informationen und Beiträge zu einer notwendigen Diskussion in der katholischen Kirche, Münster 2002, 14f.

13 Der Katechismus zählt den Exorzismus zu den sog. „Sakramentalien“, von der Kirche eingesetzte „heilige Zeichen, durch die in einer gewissen Nachahmung der Sakramente Wirkungen (...) bezeichnet und kraft der Fürbitte der Kirche erlangt werden“ (Nr. 1667).

14 Vgl. Mt 4,1-11 par; Mt 12,27-29; Lk 11,19-20; Apg 10,38 u.a.

15 Vgl. auch Mt 10,1-8; Mk 3,14-15; 6,7.13; 16,17; Lk 9.1; 10,17.18-20.

16 Rituale Romanum: De Exorcismis et Supplicationibus Quibusdam (1999), Praenotanda Nr. 7.

17 Der Text findet sich – mit den Ergänzungen von 1925 – in (inoffizieller) deutscher Übersetzung in: M. Probst/K. Richter, Exorzismus oder Liturgie zur Befreiung vom Bösen, 29-48.

18 Entnommen aus: J. Müller, Liturgie zur Befreiung vom Bösen. Exorzismus in der katholischen Kirche, in: Ders., Dämonen unter uns?, 65-78, hier 70; vgl. auch Ders., Abwehr der Dämonen?, Schweizerische Kirchenzeitung 2002, 312-318, hier 315.

19 Dahinter steht die Vorstellung, dass jemand, der den Namen der Dämonen kennt, Macht über sie besitzt; man denke etwa an das Märchen „Rumpelstilzchen“! Auf die Problematik dieser Praxis im Vollzug des Exorzismus wird noch einzugehen sein.

20 Vgl. Konstitution über die heilige Liturgie „Sacrosanctum Concilium“ Nr. 21.

21 Zum Folgenden vgl. besonders M. Probst/K. Richter, Exorzismus oder Liturgie zur Befreiung vom Bösen. 59ff.

22 Vgl. K. Richter, „Liturgie zur Befreiung vom Bösen“ statt „Exorzismus“, in: U. Niemann/M. Wagner (Hg.), Exorzismus oder Therapie?, 100.

23 Vgl. die in Anm. 7 genannten Artikel von Ulrich Niemann.

24 Zur Erinnerung: Imprekative (bzw. imperative) Exorzismen wenden sich unmittelbar an die Dämonen und fordern sie auf, die betreffende Person zu verlassen.

25 Die Praenotanda und Elemente des Entwurfs finden sich bei M. Probst/K. Richter, Exorzismus oder Liturgie zur Befreiung vom Bösen, 64-74.

26 De Exorcismis et Supplicationibus Quibusdam. Editio Typica, Civitas Vaticana (Typis Vaticanis) MIM; vgl. M. Probst, Der Große Exorzismus – ein schwieriger Teil des Rituale Romanum, Liturgisches Jahrbuch 1999, 248-262.

27 Über die Gründe kann man nur spekulieren: grundsätzliche Zurückhaltung „nach Klingenberg“, Vorbehalte gegen einzelne inhaltliche Aussagen oder gegen die Beibehaltung der imperativen Form des Exorzismus? Eine „inoffizielle“ Übersetzung findet sich in M. Probst/K. Richter, Exorzismus oder Liturgie zur Befreiung vom Bösen, 75-129.

28 Vgl. M. Probst/K. Richter, ebd., 134; M. Probst, Der Große Exorzismus – ein schwieriger Teil des Rituale Romanum, 255.

29 Bei deprekativen Exorzismen werden Gebete mit der Bitte um Befreiung vom Bösen bzw. von bösen Mächten an Gott gerichtet.

30 „Die imperative Formel darf nur nach vorausgehender Anwendung der deprekativen Formel benutzt werden. Die deprekative Formel darf auch ohne die imperative verwendet werden“ (Praenotanda Nr. 28).

31 In den 1970er Jahren haben sich namhafte deutsche Theologen intensiv mit der Frage befasst, wie das „personale Böse“ heute verstanden und gedeutet werden kann; vgl. z B. W. Kasper, Das theologische Problem des Bösen, in: W. Kasper/K. Lehmann (Hg.), Teufel – Dämonen – Besessenheit. Zur Wirklichkeit des Bösen, Mainz 1978, 41-69; Ders., Die Lehre der Kirche vom Bösen, in: R. Schnackenburg (Hg.), Die Macht des Bösen und der Glaube der Kirche, Düsseldorf 1979, 68-84; K. Lehmann, Der Teufel – ein personales Wesen?, in: Teufel – Dämonen – Besessenheit, 71-98; J. Ratzinger, Abschied vom Teufel?, in: Ders., Dogma und Verkündigung, München-Freiburg 1973, 225-234; Ders., Der Stärkere und der Starke (Mk 3,27). Zum Problem der Mächte des Bösen in der Sicht des christlichen Glaubens, in: Tod und Teufel in Klingenberg. Eine Dokumentation, Aschaffenburg 1977, 84-101; neuestens auch M. Wagner, Personalität des Bösen? Zur „Funktion“ und zum Gebrauch der Rede vom Teufel, in: U. Niemann/M. Wagner (Hg.), Exorzismus oder Therapie?, 32-48. Auf diese Fragen kann im vorliegenden Aufsatz thematisch nicht eingegangen werden.

32 Der Entwurf der deutschen Expertenkommission hatte vorgesehen, dass ein Exorzismus nur vollzogen werden darf, wenn alle anderen Möglichkeiten (Hilfe durch Ärzte, Psychologen, Psychiater, Parapsychologen...) ausgeschöpft sind und nicht zum Erfolg geführt haben; außerdem müsse beim Exorzismus selbst ein Arzt oder anderer Fachmann anwesend sein.

33 Vgl. dazu M. Lenzen-Schulte, Besessen vom Bösen? Exorzismus im Licht medizinischer Diagnosen, Christ in der Gegenwart 2006, 77-78.

34 Zu der immer wieder zu hörenden Aussage, Papst Benedikt XVI. habe für die deutschen Diözesen die Einsetzung von offiziellen Diözesanexorzisten angeordnet, stellte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, in einer (nicht veröffentlichten) Antwort auf eine Anfrage der Redaktion des Fernsehmagazins Monitor im Umfeld des Films „Der Exorzismus von Emily Rose“ lapidar fest: „Mir ist eine solche Äußerung, die irgendeine Verbindlichkeit für uns hätte, nicht bekannt.“

35 Siehe dazu den folgenden Beitrag von Lutz Lemhöfer, Befreiungsdienst im Kontext evangelikaler und charismatischer Frömmigkeit, 267ff, und das Kapitel „Der Kampf gegen das Böse in pentekostal-charismatischen Bewegungen“ im Blickpunkt-Artikel von Reinhard Hempelmann, 249f, in diesem Heft.

36 So der Exorzist des Erzbistums Paris, Maurice Bellot, lt. einer KNA-Meldung vom 4.2.2006.

37 Tatsächlich ist er einer der Exorzisten der Diözese Rom und war von 1990 bis 2000 Präsident der von ihm begründeten „Internationalen Exorzistenvereinigung“ (Associazione Internazionale degli Esorcisti AIE), deren Ehrenpräsident er nun ist.

38 Vgl. seine in deutscher Übersetzung erschienenen Bücher: G. Amorth, Ein Exorzist erzählt, Stein am Rhein 1998; Ders., Neue Berichte eines Exorzisten, Stein am Rhein 1998; Ders., Exorzisten und Psychiater, Stein am Rhein 2002.

39 Vgl. dazu B. Carranza, Die Feuer der Pfingstbewegung im heutigen Brasilien, Concilium 2002, 326-336; V. Hanf/M. Huhn, Abgrenzen oder von den anderen lernen? Pfingstbewegungen verunsichern die Kirche in Lateinamerika, Herder-Korrespondenz 2005, 300-304; J. Harnischfeger, Die Rückkehr der Dämonen im afrikanischen Christentum, Materialdienst der EZW 2/2006, 43-53.

40 U. Niemann, Das Böse und die Psychiatrie, 121; vgl. Ders., Exorzismus oder/und Therapie, 782.

41 Vgl. S. M. Paci, Interview mit Pater Gabriele Amorth, in: Exorzisten und Psychiater, 237-251, hier 238 und 242-243.

42 KNA-Meldung vom 15.9.2005.

43 Vgl. Associazione Internazionale degli Esorcisti, Rundbrief Nr. 40, 1-2.

44 Vgl. die reißerischen Schlagzeilen in manchen Zeitungen und Zeitschriften: „Ich studiere beim Meister-Exorzisten des Papstes“ (Bild vom 14.10.2005), „Auf Teufel komm ’raus: Exorzisten-Seminar in Rom“ (Stern-TV vom 16.11.2005), „Im Vatikan ist der Teufel los“ (Publik-Forum vom 24.3.2006).

45 „Esorcismo e preghiera di liberazione. Corso teorico e pratico sul ministero dell‘ esorcistato per sacerdoti“ www.ateneo.org/articulo.phtml?se=6&id=1015 ).

46 Vgl. U. Niemann, Das Böse und die Psychiatrie, 120.

47 P. Gramolazzo ist z.Z. Präsident der Internationalen Exorzistenvereinigung AIE und in dieser Funktion Nachfolger von P. Amorth; vgl. Anm. 37 und 38.

48 Vgl. nochmals Anm. 45.

49 U. Niemann, Exorzismus oder/und Therapie?, 782.

50 Vgl. Associazione Internazionale degli Esorcisti, Statuten des AIE vom 30.6.1994. Als Ziele der Vereinigung werden z.B. genannt: bei der Zurüstung der Exorzisten behilflich sein, den Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedern fördern, die Ergebnisse neuester Forschungen und der Zusammenarbeit mit Medizinern, Charismatikern u.a. bekannt machen, die Wichtigkeit des Exorzistendienstes betonen und beim Klerus sowie dem ganzen Volk Gottes eine fundierte Kenntnis über diesen Dienst mehren.

51 So z.B. B. Heron, Ich habe den Satan fallen sehen. Die Wege des geistlichen Kampfes (2001); J. Pliya, Von der Finsternis zum Licht. Handbuch für den Befreiungsdienst in der Katholischen Kirche (2002).

52 Vgl. S.-D. Kozul, Heilung der Familiengeschichte. Wie wir konkret helfen können, in: Rundbrief der IAD Nr. 12 (Januar 2006), 13-31. Für einen entsprechenden Gottesdienst werden sogar Einfügungen in das Vierte Eucharistische Hochgebet vorgeschlagen und vorgestellt.

53 Entnommen einem Brief des deutschen Sekretariats der AIE vom 10.6.2002 (Archiv Vf.).

54 Vgl. ebd.

55 Vgl. Einladung zur Deutschsprachigen Konferenz der AIE/IAD 30.9. – 4.10.2002 in Hochaltingen vom 10.6.2002 (Archiv Vf.).

56 U. Niemann berichtet von einer Tagung evangelischer Pfarrer und Fachleute, die im Heilungs- und Befreiungsdienst stehen: Sie „fühlen sich überfordert, wenn von ihnen erwartet wird, sich zugleich einer humanwissenschaftlichen Interpretation zu öffnen“ (U. Niemann, Exorzismus oder/und Therapie, 783).

57 Vgl. U. J. Niemann, Verrückt oder besessen? Menschliche, seelsorgliche und therapeutische Möglichkeiten im Umgang mit „Besessenen“, in: Ders./M. Wagner (Hg.), Exorzismus oder Therapie?, 111-136, hier 132.

58 Deshalb betont die Kongregation für die Glaubenslehre in ihrer „Instruktion über die Gebete um Heilung durch Gott“ vom 14.2.2000: „Das „Heilungscharisma“ kann nicht einfach einer bestimmten Kategorie von Gläubigen zugeschrieben werden (...). Folglich wäre es völlig willkürlich, wenn in den Gebetstreffen, bei denen Heilungen erfleht werden, irgendeiner Gruppe von Teilnehmern, etwa den Leitern der Gruppe, ein ‚Heilungscharisma’ zugeschrieben würde (...).“ (veröffentlicht in: L‘ Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache vom 8.12.2000, 8-10, Zitat 9.

59 Um eine ausgewogene Sicht bemüht sich jedoch die Schrift: Theologischer Ausschuss der Charismatischen Erneuerung in der Katholischen Kirche, Gebet um Befreiung. Ein Beitrag zum innerkirchlichen Gespräch. Theologische Orientierung, Nördlingen 2003; vgl. T. Gertler/A. Schönfeld, Gebet um Befreiung. Ein Beitrag zum innerkirchlichen Gespräch, Geist und Leben 2005, 388-396.

60 Dies gilt übrigens auch für eine ihre Möglichkeiten realistisch einschätzende Psychotherapie: „In der Psychotherapie geht es oft nur darum, hysterisches Elend in normales menschliches Leid zu verwandeln – mehr geht nicht“ (U. J. Niemann, Verrückt oder besessen?, a.a.O., 132).

61 Instruktion über die Gebete um Heilung durch Gott (Anm. 58) Nr. II, Art. 5 § 3, a.a.O., 10.

62 Vgl. U. Niemann, Das Böse und die Psychiatrie, 123.

63 J. Ratzinger, Der Stärkere und der Starke (Mk 3,27), 99.