Friedemann Burkhardt

Evangelische Vielfalt

Die innerprotestantische Pluralisierung am Beispiel der Region Stuttgart

Wer sich aufmacht, die religiöse Pluralisierung innerhalb des Protestantismus zu erkunden, wird zuallererst auf einen signifikanten Unterschied zum Katholizismus stoßen: Während dieser nur eine geringe konfessionelle Pluralisierung aufweist, zergliedert sich der Protestantismus weltweit in zehntausende Denominationen und kirchliche Partikulargemeinschaften, von denen die Mehrzahl nicht einer kontinentaleuropäischen Erscheinungsform zuzuordnen ist.1 Diese Vielfalt kennzeichnet den Protestantismus seit seinen Anfängen. Sie führte zur Ausbildung zahlreicher Denominationen, Freikirchen und Sondergruppen in theologischer, religiöser und ethischer Eigenart (Lutheraner, Reformierte, Täufer, Anglikaner oder Baptisten). Kolonialisierung, Mission und Migration sowie Erneuerungs- und Reformbewegungen wie der Pietismus, der Methodismus, die Heiligungsbewegung, die Pfingstkirchenbewegung und die evangelikale Bewegung trugen und tragen zur weltweiten Ausbreitung des Protestantismus bei.2 In der Gegenwart erweisen sich die globalen Migrationsdynamiken als der Hauptmotor religiöser Pluralisierung im Protestantismus.

In der empirischen Wahrnehmung ebendieser eindrucksvollen Pluralisierung liegt eine der großen Überraschungen einer kirchensoziologischen Metropolstudie, die das Liebenzell Institute for Missiological, Religious, Intercultural, and Social Studies (LIMRIS) zwischen 2019 und 2022 durchführte.3 Untersucht wurde die innere Metropolregion Stuttgart, ein 3.654 Quadratkilometer großes Gebiet mit einer Bevölkerung von 2,7 Millionen Menschen.4 In diesem Gebiet wurden 2019 und 2020, noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie, in einer Totalerhebung insgesamt 1.418 einzelne christliche Gemeinden und Gemeinschaften identifiziert, die sich konfessionell bzw. denominationell auf 164 unterschiedliche Partikularkirchen verteilen.5 Darunter befinden sich 105 neue Denominationen, die durch die Studie erstmals festgestellt wurden. Bei der Zuordnung auf die kirchenkundlichen Hauptgruppen ergeben sich 122 protestantische Partikularkirchen, drei katholische und 32 orthodoxe. Sieben Denominationen ließen sich keiner dieser drei christlichen Hauptströmungen zuordnen.6

Bereits diese wenigen Zahlen deuten an, dass die Pluralisierung innerhalb des Protestantismus vielgestaltiger ist, als gemeinhin vermutet wird. Begeben wir uns also auf eine spannende Exkursion und klären in einem ersten Schritt einige begriffliche, historische und kategoriale Aspekte. Die zweite Etappe unserer Spurensuche führt in die schwäbische Metropole und zeigt die Pluralität des Protestantismus für dieses Untersuchungsgebiet exemplarisch auf. Drittens wird nach identifikationsstiftenden Phänomenen gefragt, die den Protestantismus als Gesamterscheinung ausmachen. Die vierte und letzte Etappe trägt verschiedene Facetten der Pluralisierung zusammen, bevor die regionalen Beobachtungen in den Rahmen kontinentaler und globaler Entwicklungen gestellt werden.
 

Begriffliche, historische und kategoriale Aspekte

Zur Klassifizierung der protestantischen Kirchen folgt der Artikel einem weiten Protestantismusverständnis. Dieses umfasst alle christlichen Strömungen, Gruppierungen und Kirchen neuzeitlichen Christentums, die ihre Wurzeln in der Reformation des 16. Jahrhunderts und deren antikatholischem Protest sehen und die diese reformatorische Bewegung neben dem Katholizismus und der Orthodoxie als eine eigenständige, dritte Ausprägung christlichen Glaubens verstehen.7 Die Wahrnehmung der Vielfalt und ihre sachgerechte Beschreibung lässt eine Differenzierung des Protestantismus in einen kontinentaleuropäischen, angloamerikanischen und außereuropäischen Zweig als sinnvoll erscheinen.8

Für Kirchen, Gemeindebünde oder Gemeinschaftsverbände, aber auch für unabhängige Einzelgemeinden wird hier der Begriff Partikularkirche verwendet.9 Diese Kategorie bezeichnet kirchliche und/oder gemeinschaftliche Formen, in denen sich Gemeinden entsprechend ihrer denominationellen oder konfessionellen Überzeugungen übergemeindlich, regional,10 national, transnational und/oder international zusammenschließen und organisieren.11 Unter die Kategorie fallen aber auch einzelne autonome Gemeinden mit einer eigenständigen konfessionellen oder denominationellen Profilierung.

Die Ursprünge der ungebrochenen Pluralisierung des Protestantismus liegen im Denominationalismus Nordamerikas, der dort ein eigenes Sozialitätsmuster religiöser Vielfalt hervorbrachte. Aufgrund der strikten Trennung von Staat und Kirche mussten sich die Einwanderer in freien Formen unabhängig von staatlichen Strukturen religiös assoziieren. Privatpersonen organisierten ihr christliches Gemeinschaftsleben eigenständig in zivilgesellschaftlichen Vereinen. Charakteristisch waren engagierte Mitglieder, die ihre Kirche finanzierten und sich in hohem Maß mit ihr identifizierten. Diese protestantischen Denominationen angelsächsischer Couleur verbreiteten sich weltweit und hielten seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts mit ihren Missionsgesellschaften auch in Deutschland Einzug.12 Im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts kam es infolge der Unabhängigkeitsbewegungen in den Ländern des Globalen Südens, vielfach in Verbindung mit der Ausbreitung der Pfingstbewegung, zur Gründung unabhängiger protestantischer Kirchen, was eine neue Pluralisierungsdynamik hervorrief.13 Im Zuge dieser Entwicklungen formte sich eine eigene außereuropäische Gestalt des protestantischen Christentums. Dabei wird der einstmals „dominant europäische und nordamerikanische“ Protestantismus „zunehmend zu einer außereuropäischen Religion bzw. zu einer Religion der südlichen Hemisphäre“.14
 

Innerprotestantische Pluralisierung in der Region Stuttgart

Im Untersuchungsgebiet der inneren Metropolregion Stuttgart15 kann man innerhalb der 1.062 protestantischen Gemeinden zunächst zwischen 600 landeskirchlichen Gemeinden und Gemeinschaften,16 23 pietistischen Gemeinschaftsgemeinden und 439 freikirchlichen Gemeinden und Gemeinschaften unterscheiden, die mit der Evangelischen Landeskirche und untereinander unterschiedlich eng verbunden sind.

Es liegt nahe, zur weiteren Differenzierung mit dem kontinentaleuropäischen Zweigdes Protestantismus zu beginnen. Dieser umfasst Kirchen, Gemeinden und Gemeinschaften, die direkt auf die Reformation des 16. Jahrhunderts zurückgehen, in ihrer Wirkungsgeschichte stehen oder die sich, aus dem internationalen Raum stammend, in einer engen Verbindung mit der Evangelischen Kirche in Deutschland sehen. Auf diese Kategorie entfallen in Stuttgart 42 partikularkirchliche Gemeinschaften mit insgesamt 706 Einzelgemeinden oder -gemeinschaften. Dazu gehören die Gemeinden der Evangelischen Landeskirche in Württemberg mitsamt den überwiegend pietistischen Gemeinschaften,17 sodann Gemeinden in mennonitischer, brüdergemeindlicher und täuferischer Tradition, diejenigen der Neuapostolischen Kirche und des Bundes Freier evangelischer Gemeinden.18

[HIER ABBILDUNG 1 EINFÜGEN: Übersicht über die 1.062 protestantischen Gemeinden und Gemeinschaften in der inneren Metropolregion Stuttgart (* hinzugezählt werden können weitere vierzig Michael Hahn’sche Gemeinschaften, deren genaue Anzahl erst nach Abschluss der Datenerhebung festgestellt werden konnte; LIMRIS)]

Dem angloamerikanischen Zweig des Protestantismus werden die Kirchen und kirchlichen Gruppierungen zugerechnet, die im Zuge der Globalisierung und Pluralisierung des europäischen Protestantismus in Nordamerika oder von dort ausgehend in anderen britischen Kolonien entstanden sind oder bis heute in der Tradition solcher Kirchen stehen.19 Dazu gehören die angelsächsischen Kirchen anglikanischer,20 kongregationalistischer21 und presbyterianischer22 Provenienz, die Quäker,23 klassische Freikirchen wie Baptisten,24 Methodisten, Adventisten sowie eine Vielzahl einzelner evangelikaler Kirchen, Pfingstkirchen und charismatischer Gemeinden. In Stuttgart sind diesem Feld 64 kirchliche Partikulargemeinschaften mit zusammen 233 Einzelgemeinden zuzuzählen. Sie gehören wiederum vornehmlich der pfingstkirchlich-charismatischen, der methodistischen und der baptistischen Kirchenfamilie an, außerdem den Adventisten oder der evangelikalen Bewegung.

Den außereuropäischen Zweig bilden Kirchen und kirchliche Gruppierungen, die auf missionarische Initiativen von Kirchen des Globalen Südens in Deutschland zurückgehen. Sie sind von Kirchen und Werken ehemaliger Kolonialmächte unabhängig und zeigen in ihrer Theologie und theologischen Ausbildung sowie hinsichtlich ihrer materiellen und personellen Ressourcen eine weitgehende Eigenständigkeit. Im Untersuchungsgebiet können diesem Zweig sechzehn Partikularkirchen mit insgesamt achtzehn Gemeinden zugeordnet werden. Die größte Gruppe bilden vierzehn afrikanische Gemeinden. Acht dieser Gemeinden gehören zu Partikularkirchen, die eine weltweite Missionsarbeit betreiben. Von ihnen haben vier ihr Hauptquartier in Nigeria und zwei in der Demokratischen Republik Kongo.25 Vier Gemeinden haben einen asiatischen Hintergrund. Zwei sind eigenständig und autonom, zwei gehören zu einem größeren Verband.
 

Der Protestantismus als Gesamterscheinung

Bei der dritten Etappe der Erkundung geht es um identitätsstiftende Merkmale für den Protestantismus als Gesamterscheinung. Dabei treten vier Phänomene in den Blick: Zunächst ergibt sich für die landeskirchlichen Gemeinden wie für die nicht in der EKD organisierten Kirchen, dass die Berufung auf die Reformation des 16. Jahrhunderts den grundlegenden gemeinsamen Nenner darstellt. Neben der Landeskirche bringen zahlreiche andere protestantische Kirchen und Gemeinschaften ihren Bezug zur Reformation durch die Verwendung des Begriffs „evangelisch“ in ihrem Kirchennamen zum Ausdruck. Das gilt für die meisten klassischen Freikirchen (Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, Evangelisch-methodistische Kirche, Bund Freier evangelischer Gemeinden, Mülheimer Verband Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden), aber auch für kleinere Verbünde oder Einzelgemeinden wie den Bund Evangelischer Taufgesinnter, den Verband Evangelium für Alle, die Freie Evangelische Missionsgemeinde Göppingen, einen beträchtlichen Teil ausländischer Gemeinden und das Gospel Forum Stuttgart.

[HIER ABBILDUNG 2 EINFÜGEN: Das Gottesdienst- und Gemeindebild von 1.062 protestantischen Gemeinden in Stuttgart (LIMRIS)]

Lebendiger Ausdruck dieser Verwurzelung in der Reformation ist – zweitens – das einheitliche Gottesdienst- und Gemeindebild, das sich für die über tausend protestantischen Kirchen, Gemeinden und Gemeinschaften auf Basis der quantitativen Umfrage feststellen lässt. Befragt nach ihren drei wichtigsten Veranstaltungen wurde fast durchweg der Gottesdienst als wichtigste und Angebote zur Erfüllung individueller Bedürfnisse als zweit- und drittwichtigste Veranstaltung priorisiert. Im Ergebnis zeigt sich ein komplementäres Gottesdienst- bzw. Gemeindebild, bei dem sich das Gemeindeleben zwischen Gottesdienst und weiteren kirchlichen Handlungsfeldern aufspannt, was recht genau der Konzeption Martin Luthers im Vorwort zur deutschen Messe (1526) entspricht.26 Dies eint die protestantischen Gemeinden ungeachtet aller Differenzen und unterscheidet sie klar von der Orthodoxie und dem Katholizismus, die dem Gottesdienst eine zentrale Rolle für das gesamte kirchliche Handeln und Leben sonntags wie werktags zuweisen.27

[HIER ABBILDUNG 3 EINFÜGEN: Das komplementäre Gottesdienst- und Gemeindebild im Vergleich mit dem zentrierenden Bild im Katholizismus und in der Orthodoxie (LIMRIS)]

Ein weiterer Aspekt betrifft gut die Hälfte der protestantischen Kirchen, Gemeinden und Gemeinschaften: Sie eint ihre Verwurzelung im theologischen Gedankengut der methodistischen Erweckung des 18. Jahrhunderts, der Heiligungsbewegung und des Evangelical Movement.28 Das gilt insbesondere für die pfingstkirchlich-charismatischen und die evangelikalen Kirchen und Gemeinden. Theologisch akzentuieren diese Evangelicals, wenn auch in unterschiedlicher Gewichtung, die Erfahrung einer persönlichen Bekehrung, die Anerkennung der Autorität der Heiligen Schrift, ein Leben in Hingabe und Nachfolge sowie die Notwendigkeit von Evangelisation, Weltmission und Werken der Barmherzigkeit. Diese Frömmigkeitsströmung erhielt Ende des 19. Jahrhunderts in Gestalt der Heiligungsbewegung noch einmal eine neue Profilierung. Sie bildet den konzeptionell-theologischen Hintergrund etwa der Hälfte aller protestantischen Gemeinden in Stuttgart. Auf sie berufen sich die Kirchen, Gemeinden und Gemeinschaften sowohl der pfingstkirchlich-charismatischen Bewegung als auch der evangelikalen Bewegung, wiewohl es Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer Polarisierung innerhalb dieses Frömmigkeitsspektrums kam.29 Dabei weist das Feld der siebzig evangelikalen Gemeinden den stärksten Grad der Pluralisierung auf: Dort machen sich Frömmigkeitsprägungen wie biblizistisch-reformatorisch, bekennend, erwecklich, pietistisch oder pfingstkirchlich-charismatisch und ekklesiologische Ansätze wie episkopal, kongregational oder presbyterianisch in verschiedenem Maße und in unterschiedlicher Kombination geltend.

Ein viertes Merkmal, das den Protestantismus als Gesamterscheinung charakterisiert, ist seine Internationalität. Bei nahezu der Hälfte der untersuchten Partikularkirchen handelt es sich um internationale Kirchen anderer Sprache und Herkunft. In der Region Stuttgart stehen 65 deutschsprachigen Partikularkirchen mit 988 Einzelgemeinden 57 fremdsprachige partikularkirchliche Gemeinschaften mit 74 Gemeinden gegenüber. Das genannte Merkmal trifft zwar, gemessen an der Anzahl der Gemeinden, nur auf einen sehr geringen Teil zu; die große Zahl von 57 Partikularkirchen zeigt aber dennoch eindrucksvoll, wie die Internationalisierung des Protestantismus zu seiner Pluralisierung beiträgt.
 

Facetten der Pluralisierung

Mit seinen 122 Partikularkirchen ist der Protestantismus ein Paradebeispiel für die Pluralisierung von Religionen.30 Damit sind Phänomene der Abspaltung und Neuformierung aufgrund von Stil- oder Urteilsfragen gemeint, die zur Konstituierung eigenständiger Körperschaften und zu einem Nebeneinander protestantischer Partikulargemeinschaften führen. Diese Ausdifferenzierung kann als Folge von Individualisierung verstanden werden und zeigt sich in allen drei Zweigen des Protestantismus. So zählt die Studie für den kontinentaleuropäischen Protestantismus 42, für den angloamerikanischen 62 und für den außereuropäischen Zweig 16 partikularkirchliche Vereinigungen.

[HIER ABBILDUNG 4 EINFÜGEN: Die drei Zweige des Protestantismus mit der Anzahl von kirchlichen Partikulargemeinschaften und Einzelgemeinden (LIMRIS)]

Der Protestantismus im Untersuchungsgebiet zeigt auch ein zweites Pluralisierungsphänomen, das religionssoziologisch als Pluralisierung des Religiösen bezeichnet wird.31 Gemeint ist eine Binnendifferenzierung innerhalb einer bestimmten Partikularkirche, die damit den verschiedenen Glaubensrichtungen und Milieuorientierungen ihrer Mitglieder Rechnung trägt. Drei Beispiele lassen sich hierfür nennen: Etliche landeskirchliche Gemeinden arbeiten mit einem pluralen Gottesdienstmodell mit dem Ziel, nach Gestalt und Inhalt unterschiedliche, aber gleichberechtigte Angebote zu machen. Damit soll der Vielfalt der Glaubensrichtungen innerhalb einer Gemeinde entsprochen werden. Ein zweites Beispiel der innerkirchlichen Pluralisierung zeigt der Fall von drei autonomen internationalen Gemeinden innerhalb von Kirchengemeinden der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Diese wurden einerseits in die örtlichen Kirchengemeinden eingegliedert, andererseits wurde ihnen aber ein hohes Maß an Eigenständigkeit gewährt.32 Drittens kann der Pietismus als Exempel für die religiöse Binnendifferenzierung angeführt werden. Er rangiert mit 174 Gemeinschaften und Gemeinden als die zweitgrößte protestantische Formation und umfasst knapp ein Fünftel der christlichen Gemeinschaften.33 Diese Gemeinschaften und Gemeinden bilden frömmigkeitsperspektivisch eine weitgehend homogene Größe innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und verteilen sich dennoch auf zehn pietistische Denominationen, die mit einer teils großen Gemeinschaftszahl in Stuttgart vertreten sind.34

[HIER ABBILDUNG 5 EINFÜGEN: Zehn pietistische Gruppierungen und Verbünde in der inneren Metropolregion Stuttgart (LIMRIS)]

Schließlich betrachtet die Religionssoziologie religiöse Pluralisierungsprozesse auch unter dem Fokus des sogenannten religiösen Marktmodells,35 das ihnen eine produktive und vitalisierende Bedeutung zuschreibt. Diese Produktivität wird an den Gemeinde- und Gottesdienstteilnahmezahlen gut sichtbar.36 So stehen in Stuttgart 495 landeskirchliche Gemeinden mit einem wöchentlichen Gottesdienstbesuch von 35.600 Menschen 439 Gemeinden protestantischer Freikirchen gegenüber, die 44.300 Menschen für ihre Gottesdienste mobilisieren.37 Von der öffentlichen Wahrnehmung bislang weitgehend unbeachtet hat sich neben der Evangelischen Landeskirche ein vitales Segment protestantischer Freikirchen gebildet, die innerhalb des Protestantismus über 50 Prozent der wöchentlichen Gottesdienstbesucherinnen und -besucher repräsentieren. Dabei kann die Wettbewerbssituation zwischen Gemeinden durch Abgrenzung produktiv wirken.38 Sie muss es aber nicht. Vielmehr scheint teils auch das konstruktive Miteinander Potenziale freizusetzen, die zum Gemeindewachstum führen. Darauf deutet der qualitative Teil der vorgestellten Studie hin. Denn diejenigen Stichprobengemeinden, bei denen ein überdurchschnittlicher Gottesdienstbesuch feststellbar war,39 zeigen eine besondere Offenheit gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb befindlichen Gemeinden und eine Sicht auf die anderen als impulsgebende, inspirierende oder ergänzende Partner auf einem gemeinsamen Weg.
 

Fazit

Kommen wir zum Abschluss unserer religionssoziologischen Erkundungstour. Volkskirchen vermelden seit Jahren anhaltend hohe Austrittszahlen, was das Gefühl einer wachsenden Säkularisierung und eines Verlusts an religiösem Leben vermittelt. Diese Eindrücke werden durch die Untersuchung der religiösen Pluralisierung des Protestantismus in der Metropolregion Stuttgart relativiert. Demnach trifft die Vorstellung eines zunehmenden Verlusts an religiösem Leben nur für eine Seite der kirchlichen Wirklichkeit zu. Denn neben dem landeskirchlichen Protestantismus gibt es ein vitales und produktives Segment protestantischer Freikirchen mit einer starken Pluralisierungsdynamik. Diese Einsichten aus Stuttgart bestätigen sowohl religionssoziologische Theoriekonzepte der Pluralisierung von Religion als auch empirische Erhebungen des religiösen Wandels auf der Mesoebene und in weltweiter Perspektive.

Es sind vor allem drei globale Trends in der protestantischen Gesamtbewegung, die auf der Mikroebene anschaulich und greifbar werden: Erstens zeigt der Protestantismus im 21. Jahrhundert entgegen ökumenischen Einheitsbestrebungen eine ungebrochene Differenzierungs- und Pluralisierungsdynamik. Zum zweiten lässt sich die stärkste Wachstumskraft bei pentekostalen und charismatischen Kirchen erkennen, die sich überwiegend als protestantisch verstehen. Schließlich liegt für das Christentum das größte Wachstum in Afrika. Umso mehr überrascht es, dass sich ungeachtet dieser gewaltigen Pluralisierung in der empirischen Gemeindeforschung ein genuin protestantisches Gemeinde- und Gottesdienstbild feststellen lässt, das den Protestantismus der Gegenwart als Gesamterscheinung prägt. So lässt er sich trotz aller denominationellen Vielfalt immer noch als eine Einheit begreifen.
 

Literatur

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Burkhardt, Friedemann/Folz, Marcel/Krist, Jorge/Meister, Larissa (2022): Gemeinden in der Region Stuttgart. Eine ökumenisch-kirchenkundliche Beschreibung, in: Burkhardt, Friedemann/Herrmann, Simon/Schuckert, Tobias (Hg.): Stuttgarter Gottesdienst- und Gemeindestudie. Religionssoziologische Momentaufnahme christlicher Gemeinden einer europäischen Metropolregion in ökumenischer Perspektive, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt; Baden-Baden: Nomos, 91–188.

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Körtner, Ulrich H.J. (2018): Ökumenische Kirchenkunde, Lehrwerk Evangelische Theologie 9, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt.

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Wrogemann, Henning (2012): Interkulturelle Theologie und Hermeneutik. Grundfragen, aktuelle Beispiele, theoretische Perspektiven, Lehrbuch Interkulturelle Theologie/Missionswissenschaft 1, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.

Friedemann Burkhardt (Liebenzell), November 2023
 

Anmerkungen

  1. Schätzung auf Grundlage der „Annual Statistics“, die das Center for the Study of Global Christianity/Gordon-Conwell Theological Seminary für 2023 zur Verfügung stellt, https://www.gordonconwell.edu/wp-content/uploads/sites/13/2023/01/Status-of-Global-Christianity-2023.pdf (letzter Abruf aller in diesem Beitrag genannten Internetseiten: 2.10.2023).
  2. Der Protestantismus (inkl. charismatischen, pfingstkirchlichen und evangelikalen Kirchen) steht mit etwa 2,14 Milliarden Gläubigen vor dem Katholizismus mit 1,26 Milliarden und der Orthodoxie mit 290 Millionen. Die prognostizierten Wachstumsraten bis 2025 werden wie folgt angegeben: Protestantismus insgesamt 1,73 %, römisch-katholische Kirche 0,93 %, Orthodoxie 0,52 %. Das stärkste Wachstum wird dem evangelikalen (1,79 %) und pfingstkirchlich-charismatischen (1,88 %) Segment vorhergesagt (s. Anm. 1). Friedrich W. Graf (2017, 20–24) erwartet das größte Wachstum im Bereich der „Marginal Christians“ mit jährlich 2,79 %.
  3. Burkhardt/Herrmann/Schuckert 2022.
  4. Vgl. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2020.
  5. Burkhardt/Folz/Krist/Meister 2022, 92f.
  6. Zur Einteilung und Kategorisierung vgl. Burkhardt 2022a, 42–47.
  7. Graf 2017, 1.11.18. Ähnlich Fahlbusch 1979, 6–9. Einen engeren Protestantismusbegriff verwenden Eggenberger 1994, 5–12, und Körtner 2018, VIII–IX, die beide etwa Pfingstkirchen oder Quäker nicht zu den Kirchen in evangelischer oder reformatorischer Tradition zählen. Körtner stellt diese mit den Zeugen Jehovas oder Mormonen zusammen.
  8. Die ersten beiden Kategorien finden sich auch bei Körtner 2018, 41. Die dritte fokussiert auf freie und unabhängige Kirchenbildungen des Globalen Südens mit seinen Auslandsmissionen und -gemeinden in der westlichen Welt. Diesen Kirchen ist ein starkes Wachstum prognostiziert, vgl. Graf 2017, 22.
  9. Vgl. zum Begriff: Quick Facts (How Do You Define a „Denomination“?),Center for the Study of Global Christianity/Gordon-Conwell Theological Seminary, https://www.gordonconwell.edu/center-for-global-christianity/research/quick-facts/.
  10. Durch Fragen und Themen des Umbaus oder Abbaus kirchlicher Strukturen gewinnt in der Gegenwart die Regionsarbeit an Bedeutung, vgl. Hauschildt/Pohl-Patalong 2013, 307–310.
  11. Beispiel eines eher regionalen Verbunds sind die Evangelischen Täufergemeinden (ETG) im südwestdeutschen Raum und in angrenzenden Gebieten der Schweiz und Frankreichs, vgl. Gerlach 1964 und Ott 1996. Als transnational können Migrationsgemeinden gelten, die in einer festen Verbindung mit ihrer ausländischen Muttergemeinde leben. Beispiele für die internationale Organisationsform sind die anglikanische, die römisch-katholische und die Evangelisch-methodistische Kirche/United Methodist Church.
  12. Vgl. Burkhardt 2003, 414–416.
  13. Vgl. Asamoah-Gyadu 2015, 102–106; Wrogemann 2012, 175f.188.
  14. Graf 2017, 23. Besonders augenscheinlich wird dies an den Zahlen der Anglikaner: „Lebten 1910 79 Prozent aller Anglikaner im Vereinigten Königreich, so finden sich hundert Jahre später nun 59 Prozent der Anglikaner in Afrika“ (ebd., 23f.).
  15. „Stuttgart“ meint im Folgenden immer die gesamte innere Metropolregion.
  16. Von ihnen gehören 598 zur lutherischen und zwei zur reformierten Kirchenfamilie (Evangelisch-reformierte Kirche in Deutschland und Niederländische Kirche in Deutschland).
  17. Darunter sind 104 pietistische Gemeinschaften, die sich explizit als Teil ihrer Kirchengemeinde und ihre Versammlungen als Teil der kirchlichen Angebote verstehen. Hierzu zählen aber auch drei autonome internationale Gemeinschaften unter dem Dach landeskirchlicher Kirchengemeinden. Dabei handelt es sich um eine koreanische, eine ghanaische und eine ungarische Gemeinde. Diese bilden einen „autonomen, aber rechtlich unselbstständigen Teil einer Ortskirchengemeinde“, in manchem vergleichbar mit den pietistischen Gemeinschaften (Burkhardt/Meister 2022, 21). Dass sich diese Gemeinden hinsichtlich der Zugehörigkeit zur Evangelischen Landeskirche in Württemberg von den internationalen Gemeinden mit enger Anbindung an die EKD unterscheiden, zeigt der Vergleich der koreanischen und der griechischen Gemeinde, die beide in der Evangelischen Friedensgemeinde in Stuttgart ihre Gottesdienste feiern; vgl. die entsprechenden Verweise auf der Gemeindeseite: https://friedens-stuttgart.de/gottesdienste/.
  18. Vgl. auch die differenzierte kirchenkundliche Übersicht in Burkhardt/Folz/Krist/Meister 2022, 123.
  19. Vgl. die kirchenkundliche Übersicht in Burkhardt/Folz/Krist/Meister 2022, 142.
  20. In Stuttgart befindet sich eine Gemeinde, die zur europäischen Diözese der Kirche von England gehört: St. Catherine’s Anglican Chaplaincy, siehe die Angaben zur „History“ auf der Gemeindeseite, https://stcatherines-stuttgart.de/about-st-catherines/history/.
  21. Unter dem Namen „Churches of Christ“ sind autonome kongregationalistische Kirchen verbunden. Diese gehen auf die nordamerikanische Erweckungsbewegung Anfang des 19. Jahrhunderts zurück und haben presbyterianische, methodistische oder baptistische Wurzeln (vgl. Eggenberger 1994, 62). In Stuttgart befindet sich die Gemeinde Christi Stuttgart-Möhringen, https://einfach-christen.de/index.php?lang=en.
  22. Kirchen presbyterianischer Provenienz stehen in calvinistischer Tradition und besitzen eine gremienbasierte Leitung durch Älteste und Pastoren auf den verschiedenen kirchlichen Ebenen. Presbyterianische Kirchen stehen zwischen episkopalen und kongregationalistischen Kirchen. Der Presbyterianismus geht auf die Hugenotten zurück, wurde von dem Reformator John Knox in Schottland aufgenommen und verbreitete sich von dort aus im angelsächsischen Raum sowie in vielen Ländern Afrikas, Asiens, Australiens, Südamerikas und in Neuseeland (vgl. Eggenberger 1994, 40f., und Cameron 1997). In Stuttgart ist der Presbyterianismus mit einer ghanaischen und einer kamerunischen Kirche vertreten.
  23. Die Religiöse Gesellschaft der Freunde, die sogenannten Quäker, zählen mit den Mennoniten und der Church of the Brethren zu den pazifistischen Kirchen. Sie verstehen sich als freie christliche Gemeinschaft ohne Bekenntnisse und Lehrschriften und gehen auf George Fox (1624–1691) zurück, der sie als eine mystisch-christliche Gemeinschaft im England des 17. Jahrhunderts begründete. Die Gemeinschaft stand den gesellschaftlichen und kirchlichen Verhältnissen kritisch gegenüber, weshalb ihre Anhänger verfolgt wurden. Nach Nordamerika ausgewanderte Mitglieder gründeten unter William Penn (1644–1716) den Freistaat Pennsylvania (vgl. Eggenberger 1994, 68f.; Pöhlmann/Jahn 2015, 149–158). Die Gemeinschaft hat in der ACK einen Beobachterstatus (vgl. https://www.oekumene-ack.de/ueber-uns/beobachter/). In Stuttgart ist sie mit einer Gemeinschaft vertreten.
  24. Vgl. zur Entstehung der Baptisten den Abschnitt „Mennoniten, Brüder- und Täufergemeinden“ in Burkhardt/Folz/Krist/Meister 2022, 154–156.
  25. In Nigeria beheimatet sind die Kirchen Church of Christ, die Deeper Life Church, die Winners’ Chapel und die Mountain of Fire and Miracles Ministries. Die Kimbanguistische Kirche hat ihren Sitz in der Demokratischen Republik Kongo.
  26. Burkhardt 2019, 60f. In der Orthodoxie, etwas abgeschwächt auch im Katholizismus, gelten Gottesdienste als wichtigste Veranstaltung. Für die Hälfte der Befragten aus orthodoxen und katholischen Kirchen zählen Gottesdienste auch als zweitwichtigste Veranstaltung, im Katholizismus gilt der Gottesdienst für die Hälfte der Befragten sogar noch als drittwichtigste Veranstaltung. Demgegenüber sind im Protestantismus die zweit- und drittwichtigste Veranstaltung subjektbezogene Kleingruppen und Kreise, vgl. Burkhardt/Folz/Krist/Meister 2022, 103.114.127 und 162.
  27. Burkhardt/Folz/Krist/Meister 2022, 191f.
  28. Burkhardt/Folz/Krist/Meister 2022, 148–152.155–159. Dieses Erbe teilen zunächst einmal alle angloamerikanischen Denominationen. Aber auch etliche Gruppierungen, die sich dem kontinentaleuropäischen Protestantismus zuordnen lassen, wie z. B. die Brüdergemeinde Stuttgart oder die aus der Liebenzeller Mission hervorgegangenen Gemeinschaftsverbände, sind über ihre Gründergestalten, den Waisenhausvater Georg Müller aus Bristol oder den Gründer der China-Inland-Mission Hudson Taylor, mit der englischen Erweckung, der evangelikalen Bewegung und der Heiligungsbewegung verbunden. Vgl. zu Georg Müller: Burkhardt/Folz/Krist/Meister 2022, 135f. Anm. 146, zu Hudson Taylor: Linz 1962.
  29. Die Wirkung der Erweckungen in Wales (1904/05), Indien (1905/07), in Los Angeles (1906) und in Afrika (1907) auf die Kirchen, Gemeinden und Gemeinschaften in Deutschland, die in der Tradition der Heiligungs- und evangelikalen Bewegung standen, führte zu einer Kontroverse in der Bewertung der dabei auftretenden Pfingstphänomene wie der Geistestaufe, dem Sprachengebet, Prophetien, Heilungen, Visionen und anderen ekstatischen Erscheinungen. Vgl. dazu Hille 2017; Raedel 2018, 242–245; Ruhbach 2017.
  30. Zum Konzept der Pluralisierung siehe Pickel/Yendell/Jaeckel 2017, 273–278.
  31. Pickel/Yendell/Jaeckel 2017, 273–278.
  32. Vgl. Anm. 17.
  33. Burkhardt/Folz/Krist/Meister 2022, 130–134.
  34. Diese Feststellung ist insofern bedeutsam, als der Pietismus der Gegenwart als profilierter Teil der kirchlichen Wirklichkeit mit festen Strukturen und Sozialformen bisher weder in der Öffentlichkeit noch in religions- und kirchensoziologischen oder kirchenkundlichen Studien als Phänomen im Protestantismus ausgewiesen und beschrieben ist.
  35. Zum Konzept der Pluralisierung siehe Pickel/Yendell/Jaeckel 2017, 273–278.
  36. Die beiden Größen „Gemeinden“ und „Gottesdienstbesuch“ schaffen wegen der denominationell sehr verschiedenen Mitgliedschaftsverständnisse eine bessere Vergleichbarkeit als Mitgliederzahlen, vgl. Burkhardt 2022a, 37–42, und Burkhardt/Folz/Krist/Meister 2022, 173f.
  37. Siehe Statistikübersicht zu Gemeinden und Gottesdiensten im Anhang (A1) in Burkhardt/Herrmann/Schuckert 2022, 483, Ziffer 6 (Volkskirchen: Evangelische Gemeinden, EKD) und Ziffer 9 (Freikirchen: protestantische).
  38. Zum Beispiel hat die Neuapostolische Kirche bis in die 1990er Jahre einen Kurs der Abgrenzung und Exklusivität verfolgt, aus der sie Attraktivität, Anziehungskraft und Wachstum bezog. Ihr innerkirchlicher Reformprozess und ihre ökumenische Öffnung in der Gegenwart korrelieren mit Stagnation, Mitgliederverlusten und Kirchenschließungen (vgl. Pöhlmann/Jahn 2015, 300–302.313). Diese Entwicklung stützt der in der Studie festgestellte unterdurchschnittliche Gottesdienstbesuch (vgl. Burkhardt/Folz/Meister 2022, 192f.).
  39. Burkhardt 2022b und c.