Mit Förderung des Bundes soll an der Uni Münster, als Herzstück eines neuen Campus für Theologie und Religionswissenschaft, ein neues Leibniz-Institut für religionsbezogene Forschung entstehen.
Neuer Campus und neues Institut für multidisziplinäre Religionsforschung

Mit einer vom Bund für die nächsten drei Jahre 2026-2028 bewilligten Anschubfinanzierung von acht Millionen Euro entsteht an der Uni Münster im Kontext eines neuen Campus für religionsbezogene Studien zugleich ein neues Institut für multidisziplinäre Religionsforschung (ImRe), das langfristig die Aufnahme in die illustre Riege der von der Leibniz-Gemeinschaft geführten Leibniz-Institute anstrebt. Das Institut soll die Forschungsarbeit des 2007 gegründeten fächerübergreifenden Exzellenzclusters „Religion und Politik“ verstetigen, das in den zurückliegenden achtzehn Jahren die internationale Religionsforschung mit vielbeachteten Forschungsarbeiten zum Verhältnis von Religion und Politik vorangetrieben hat und dessen Förderung mit dem Abschluss der dritten Förderperiode ausläuft.
Innerhalb der drei bewilligten Förderperioden des Exzellenzclusters entstanden eine Reihe von Dauereinrichtungen, die ihre Forschung zum Verhältnis von Religion und Politik bzw. zu dem nunmehr mit „Religion and Society“ benannten Profilbereich in einem neuen Campus der Theologien und Religionswissenschaften weiterführen sollen: Neben der evangelischen und katholischen Theologie, dem Centrum für Religion und Moderne, dem Institut für Jüdische Studien, dem Zentrum für Islamische Theologie sowie dem Service Center for Digital Humanities wird zu diesem Profilbereich auch eine große Forschungsbibliothek gehören. Neben der multidisziplinären Forschungsarbeit wird, so der ambitionierte Plan, insbesondere der Wissenschaftskommunikation, etwa mit der Fortbildung „Fachjournalismus Religion“, und dem Aufbau neuer Verbünde eine zentrale Bedeutung zukommen. Ebenso ambitioniert wie der Campus selbst, der bereits 2026 eröffnet werden soll, ist das langfristige Vorhaben, mit dem darin an zentraler Stelle verorteten Institut für multidisziplinäre Religionsforschung (ImRe) das erste religionsbezogene Leibniz-Institut stellen zu können. Angesichts der Standards der Leibniz-Gemeinschaft ist hier zwar mit einem längeren Prozess zu rechnen, der weit über den vom Bund zunächst zugesagten Finanzierungszeitraum (2028) hinausgeht, doch wäre ein solches Institut bei erfolgreicher Prüfung und Aufnahme in die Leibniz-Gemeinschaft tatsächlich eine kleine Revolution.
Denn von den insgesamt 96 Leibniz-Instituten, die in Deutschland außeruniversitäre Spitzenforschung in nahezu allen wissenschaftlichen Disziplinen betreiben und aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung von Bund und Ländern gemeinsam gefördert werden, befasst sich bislang keines mit Religionsforschung. Das ist angesichts ihres Namensgebers Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716), der als wohl größter Universalgelehrter deutscher Provenienz das Wissen seiner Zeit zu bündeln und damit gleichsam multi- bzw. transdisziplinär zu systematisieren suchte, mehr als erstaunlich. Leibniz brillierte schließlich nicht nur als Philosoph, Mathematiker, Physiker, Jurist, Natur- und Sprachwissenschaftler. In seiner berühmten „Monadologie“ suchte der zeitlebens dem christlichen Glauben treu ergebene Protestant dem, was die Welt im Innersten zusammenhält, nachzuspüren und mit seiner Rede von Gott als dem Schöpfer der „besten aller möglichen Welten“ zugleich eine Antwort auf die Theodizee-Frage: Das Leid in der Welt liege, so Leibniz, in der Unvollkommenheit des Menschen begründet, widerspreche aber nicht der Vollkommenheit und Allmacht Gottes. Mit seinen Bemühungen um die Einheit der Christen in Europa darf der in Religions- und Konfessionsfragen hochbelesene Gelehrte zugleich als Pionier der heutigen Ökumene gelten.
Mit Blick auf die gesamtgesellschaftlichen und politischen Herausforderungen, denen sich die Länder Europas angesichts der Globalisierung und Mediatisierung unterschiedlichster Religionen sowie der mit deren Wert- und Normsystemen verbundenen Konfliktpotentiale gegenübersehen, wäre ein Leibniz-Institut zur religionsbezogenen Forschung also mehr als an der Zeit. Die Finanzierung bzw. Förderung des ImRe durch den Bund dürfte vor diesem Hintergrund auch über das Jahr 2028 hinaus gewährleistet sein. Die Aufnahme in die Leibniz-Gemeinschaft dürfte auch davon abhängen, inwiefern es dem neuen Institut gelingt, die im bisherigen, nun auslaufenden Exzellenzcluster vornehmlich über das Prisma religionshistorischer und theologischer Forschung vorgenommene Perspektivik transdisziplinär und anwendungsorientiert auszuweiten, u.a. auch auf die gesamtgesellschaftlichen Problemstellungen der von Radikalisierungs- und Polarisierungstendenzen gezeichneten postsäkularen Gesellschaft.
Links
https://www.uni-muenster.de/news/view.php?cmdid=15111
https://www.leibniz-gemeinschaft.de/institute/leibniz-institute-alle-listen
Ansprechpartner
PD Dr. theol. Rüdiger BraunAuguststraße 80
10117 Berlin


