„EMEL – Onlineberatung zu religiös begründetem Extremismus“

Seit Januar 2019 bietet die Türkische Gemeinde in Deutschland mit ihrer Onlineplattform „emel“ eine digitale Beratung zu religiös begründetem Extremismus an. Inzwischen befindet sich das u.a. vom Bundesfamilienministerium geförderte Projekt in seiner zweiten Phase.

Alexander Benatar

„Emel“, das bedeutet sowohl auf Türkisch als auch auf Arabisch „Hoffnung“, „Ziel“ oder „Wunsch“. Mit dem Anspruch, eine solche Hoffnung/Emel zu geben, initiierte die nach eigenen Angaben weltanschaulich neutrale Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) gemeinsam mit der Türkischen Gemeinde in Schleswig-Holstein e.V. (TGS-H e.V.) im Januar 2019 eine „Onlineberatung zu religiös begründetem Extremismus“. Emel adressiert damit ausdrücklich nicht in erster Linie die von religiöser Radikalisierung Betroffenen selbst, sondern vor allem deren Angehörige, Eltern, FreundInnen, LehrerInnen und MitschülerInnen. Die Beratung durch ein Team von vier ausgebildeten und zertifizierten Online-BeraterInnen sowie zwei MentorInnen erfolgt anonym und ist kostenlos. Finanziert wird das in dieser Form europaweit noch einmalige Projekt durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den Fonds für die Innere Sicherheit der Europäischen Union.

Ziel von „Emel“ ist es, Menschen zu unterstützen, die sich wegen der möglichen Hinwendung einer ihnen nahestehenden Person zu religiös extremistischen Ideologien oder Gruppen Sorgen machen – und die unter Umständen die einzigen sind, die ihre solchermaßen gefährdeten Mitmenschen noch erreichen können. Durch die besonders niedrigschwellige Online-Beratung auf Deutsch, Englisch, Türkisch und Arabisch soll insbesondere ein migrantisches Milieu angesprochen werden, das von herkömmlichen Beratungsangebote bislang kaum erreicht wird. Flankiert wird das Angebot von Emel seit Mai 2019 durch die ähnlich ausgerichtete Onlineberatung „Sabil“ zur Begleitung von AussteigerInnen aus religiös extremistischen, insbesondere salafistischen Gruppen sowie durch das ebenfalls von der TGD getragene „Präventionsnetzwerk gegen religiös begründeten Extremismus“. Kooperationen bestehen auch mit Präventions- und Ausstiegsinitiativen im Bereich des Rechtsextremismus.

Seine erste, von Oktober 2017 bis Dezember 2019 laufende Projektphase hat „Emel“ mittlerweile beendet. In dem kürzlich veröffentlichten Abschlussbericht schildert die TGD erste Erfahrungen aus diesem Projekt. Herausforderungen seien neben der Sicherstellung der technischen Voraussetzungen zur Einhaltung der gesetzlichen Datenschutzvorgaben und der fachlichen Fortbildung der Online-BeraterInnen auch die Öffentlichkeitsarbeit und der Erfahrungsaustausch mit anderen Extremismus-ExpertInnen gewesen. Vom Potenzial Emels ist die TGD nach einem Jahr Laufzeit weiterhin überzeugt, sie erhofft sich für ihr Angebot jedoch eine noch größere Reichweite. Auch von IslamwissenschaftlerInnen ist der säkulare, aber religionssensible, psychosoziale Ansatz von Emel gelobt worden – gerade auch im Unterschied zum teils eher intransparenten Verhalten einiger muslimischer Verbände, die in der Vergangenheit nicht immer zu einer klaren Abgrenzung von radikalen Gruppierungen bereit waren.

Alexander Benatar

emel. Online-Beratung zu religiös begründetem Extremismus

Ansprechpartner

Foto Dr. Alexander BenatarDr. phil. Alexander Benatar
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
Auguststraße 80
10117 Berlin