Deutsche Yeziden gedenken des Völkermordes von 2014

In einer zentralen Gedenkveranstaltung des „Zentralrats der Êzîden in Deutschland“ erinnerten Yezidinnen und Yeziden an den 2014 an ihrem Volk verübten Genozid.

Alexander Dett, zurzeit Praktikant bei der EZW
Schriftzug Êziden / Yeziden auf türkis-blauem Hintergrund

Am 3. August 2021 begingen die in Deutschland lebenden Yezidinnen und Yeziden den siebten Jahrestag des Völkermords, den der sog. „Islamische Staat“ (IS) im Jahr 2014 an den Yeziden im Irak verübte. Die zentrale Gedenkveranstaltung des „Zentralrats der Êzîden in Deutschland“ (ZÊD) erinnert alljährlich an den Beginn der Massaker an den Yeziden am 3. August 2014 und fand diesmal in der evangelischen Johanneskirche in Düsseldorf statt. Für die Gedenkveranstaltung war eigens der Baba Scheich, das Oberhaupt der Yeziden, aus dem Nordirak angereist. Die Schirmherrschaft für die Veranstaltung hatte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, übernommen. Für die evangelische Kirche sprach der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Düsseldorf, Heinrich Fucks, ein Grußwort.

Die Yeziden, die seit Jahrtausenden in den Kurdengebieten des Iraks, Syriens und der Türkei leben, gehören zur Volksgruppe der Kurden, stellen aber innerhalb der Kurden eine eigene religiöse Minderheit dar. Ähnlich wie im Judentum ist die Religionszugehörigkeit eng mit der Volkszugehörigkeit verbunden. Man wird Yezide durch seine yezidischen Eltern. Das Yezidentum ist eine gegenüber dem Christentum, Judentum und Islam eigenständige, monotheistische Religion. Yeziden glauben an den Schöpfergott Xwedês und an dessen stellvertretenden Herrscher und höchsten Engel Tawûsî Melek. Tawûsî Melek wird in Pfauengestalt dargestellt und ist neben der Sonne das zentrale religiöse Symbol des Yezidentums. Das zentrale Heiligtum des Yezidentums, zu dem auch jährliche Pilgerreisen stattfinden, befindet sich in Lalisch im Nordirak.

Als religiöse Minderheit werden die Yeziden seit Jahrhunderten immer wieder Opfer von Verfolgungen und Vertreibungen. Unter streng gläubigen Muslimen gelten sie als Ungläubige und Häretiker. Vor allem sehen sie sich von muslimischer Seite immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, „Teufelsanbeter“ zu sein. Der Vorwurf rührt daher, dass die Rolle, die dem Engel Tawûsî Melek im yezidischen Schöpfungsmythos zukommt, hohe Ähnlichkeit mit der Rolle aufweist, die Satan im islamischen Schöpfungsmythos hat, die von den Yeziden allerdings positiv gedeutet wird.

Am 3. August 2014 griff der IS im Zuge seines Eroberungsfeldzugs die Region Schengal, eines der beiden Hauptsiedlungsgebiete der Yeziden im Irak, an. Tausende Yeziden wurden getötet oder vom IS verschleppt. Andere flohen in die unwegsamen, angrenzenden Berge, wo sie schutzlos Hunger und Durst ausgesetzt waren.

Schon vor 2014 flohen viele Yeziden aufgrund von Verfolgung und Diskriminierung aus der Türkei, aus Syrien und, seit der Einnahme des Nordiraks durch den IS 2014, vor allem auch aus ihren Hochburgen im Irak. Viele von ihnen haben seither in Deutschland, vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, eine neue Heimat gefunden. Von den weltweit 600.000-800.000 Yeziden leben heute noch ca. 350.000 im Nordirak, ca. 140.000 in Deutschland und ca. 80.000 in Armenien (vgl. Wettich, Thorsten 2020, 26f.). Damit lebt in Deutschland die zweitgrößte yezidische Gemeinschaft weltweit, was deren Bedeutung für das gesamte Yezidentum unterstreicht. In der Türkei leben heute Schätzungen zufolge nur noch etwa 600 Yeziden (vgl. Kartal, Celalettin 2016, 12).

Unter folgendem Link ist die Gedenkveranstaltung zum siebten Jahrestag des Völkermords an den Yeziden digital zu verfolgen: https://youtu.be/ihgROTukNMQ

Alexander Dett, zurzeit Praktikant bei der EZW


Quellen:
https://youtu.be/ihgROTukNMQ (abgerufen am: 03.09.21).
Kartal, Celalettin (2016): Deutsche Yeziden – Geschichte- Gegenwart - Prognosen, Marburg.
Wettich, Thorsten (2020): Erkundungen im Religiösen Raum – Verortung religiöser Transformationsprozesse der yezidischen Gemeinschaft in Niedersachsen, Stuttgart.