Yoga

Yogafestival an der Havel

(Letzter Bericht: 5/2009, 186ff) Nicht alle Tage findet eine Großveranstaltung statt, bei der das Programm mit Musik oder Meditation schon früh um sechs beginnt. Beim inzwischen 5. Yogafestival Anfang Juli in Berlin konnte man nicht nur das erleben – in zahlreichen Vorträgen und Workshops waren über 50 internationale Gastredner zu hören, es gab Schnupperstunden für Anfänger, Praxiseinheiten mit international anerkannten Größen der Yogaszene, Konzerte, einen Markt der vielen Yogamöglichkeiten sowie ein spezielles Kinderprogramm. Mit der „größten europäischen Yogaveranstaltung“ hat Berlin seinen Ruf als „europäisches Yoga-Mekka“ (so die Veranstalter „Lernen in Bewegung e. V.“, Berlin) weiter gefestigt. Das Konzept will „die Wissenschaft des Yogas in all ihren Aspekten ganzheitlich präsentieren“. Deshalb haben traditionelle neben neuen Yogawegen Platz, deshalb werden die verschiedenen Aspekte wie Yogaphilosophie, Musik, Kultur und Sport im abwechslungsreichen Programm nebeneinandergestellt. Das international und auch altersmäßig bunt gemischte Publikum (gefühlt waren es deutlich weniger als die erwarteten 5000) – vom indischen Mönch über die individualistische Sinnsuchende bis zur jungen Familie – scheint das zu schätzen. Die Atmosphäre ist entspannt und herzlich, man duzt sich. Über allem liegt der Duft von Räucherwerk.

Für viele ist das Konzert mit Dave Stringer und Band, die zu den innovativsten Künstlern der internationalen Kirtan-Bewegung gehören, ein besonderes Highlight. Andere sind von der Gongmeditation mit Nanak Dev Singh Khalsa beeindruckt. Unter dem Motto „Yoga – Way to Nature“ bildet die yogische Gesundheitslehre, das Ayurveda, einen Schwerpunkt im Programm. Während die einen auf der grünen Wiese bewegungsintensives Kundalini-Yoga üben, spricht ein indischer Swami im großen Zelt über den Dharma als einen Weg der individuellen Läuterung und Selbsttranszendierung, der zur wahren Einheit und Toleranz führe. Aus dem Publikum wird gefragt, ob in Indien das Ende des Mayakalenders (im Jahr 2012) diskutiert wird und dies Auswirkungen auf die Konzentrationen von Energie und die Entwicklung eines gemeinsamen Potenzials habe. Der Swami winkt ab und erklärt ruhig, all die partikularen religiösen Vorstellungen seien um des Ganzen willen zu überwinden.

Die Marktstände bieten nicht nur Yoga-Accessoires und Kleinartikel an, es bildet sich auch ein breites Spektrum inhaltlicher Ausrichtungen ab. Der eine informiert engagiert über Babajis Kriya-Yoga, nebenan werden die Jap ji Mantren des Kundalini-Yoga in der Übersetzung von Sat Hari Singh erläutert. An einem recht unscheinbaren Stand bekommt man mit leuchtenden Augen auf DVD die sechs „Schlüssel“ zur Vorbereitung auf die Techniken des „Wissens“, wie Prem Rawat es als wirkliches Gefühl der Wirklichkeit lehrt, das zu innerem Frieden und Erfüllung führt. Etwas bunter und auffälliger geht es bei Yoga Vidya und bei „Art of Living“ zu. Letztere preisen die Hilfs- und Entwicklungsprojekte des „derzeit bedeutendsten spirituellen Führers Indiens“ Sri Sri Ravi Shankar als „wohl größte NGO der Welt“. Auf die Frage, was an Ravi Shankar das ganz Besondere sei, antwortet der junge Mann hinter dem Ladentisch: „Er ist nicht so verbissen wie andere, nicht so fordernd. Er ist einfach Liebe, so sanft und inspirierend – die reine Liebe.“

In einer Hinsicht wurde das Motto des Yogafestivals unmittelbar zum Erlebnis: Der „Weg in die Natur“ führte das Event zum ersten Mal direkt an die malerischen Ufer der Havel, es fand im Kulturpark Kladow um die idyllische Villa Luise statt. Es durfte gezeltet und gebadet werden. Allein das konnte schon genügen, um die körperliche und geistige Entspannung enorm zu fördern, wie es die Yogapraxis verheißt.


Friedmann Eißler