Oliver Koch / Arbeitskreis Weltanschauungsfragen der EKHN und der EKKW

Stellungnahme zu den Angeboten von „Open Hands“ nach Anne Höfler

Immer häufiger fragen kirchliche Einrichtungen an, wie aus einer evangelisch-theologischen Perspektive die Angebote von „Open Hands – Schule des Handauflegens“ einzuordnen sind. In einigen katholischen und evangelischen Kirchengemeinden wird „Open Hands“ bereits praktiziert. Aus diesem Anlass hat sich der Arbeitskreis Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) im September 2017 mit einer von Anne Höfler benannten Vertreterin1 getroffen und inhaltlich ausgetauscht. Resultierend aus diesem Gespräch, der Sichtung der Originalliteratur von Anne Höfler2 sowie der Homepage3und dem Gespräch mit Menschen, die das Handauflagen nach „Open Hands“ empfangen haben, ist diese kurze Stellungnahme entstanden. Sie soll eine Hilfe zur theologischen Einordnung und Handlungsempfehlung für evangelische Einrichtungen sein.

Anne Höfler wurde 1944 in England geboren, absolvierte Ausbildungen als Sekretärin und Übersetzerin und heiratete in Deutschland, wo sie sich auch niederließ. Als eine Art Wendedatum in ihrem Leben erfuhr sie das Jahr 1981, in dem ihr drittes Kind schwer an Neurodermitis erkrankte. Sie legte ihrer Tochter die Hände auf, und nach neun Monaten sei das Kind nach Absetzung aller anderen Therapien „einigermaßen symptomfrei“ gewesen.

Aufgrund dieser Erfahrung habe sie „mehrere Jahre bei HeilerInnen aus vielen Kulturen“ studiert. Sie arbeitete „selbst als Heilerin und war langjähriges Mitglied der Nationalen Vereinigung spiritueller Heiler“. Seit ca. 1989 beginnt ihr Wirken mit der „Schule des Handauflegens“ in ganz Deutschland, sie selbst wird 1999 Schülerin von Willigis Jäger.4 In seinem Benediktushof, dem „Zentrum für Meditation und Achtsamkeit“, ist sie als Lehrende in der Schule der Kontemplation tätig.5

„Open Hands“ formuliert eigene Schwerpunkte in den Gebieten „palliatives Handauflegen“, „Handauflegen in Kirchengemeinden“, „Handauflegen bei schwerstbehinderten Kindern“, „Handauflegen in der Klinikseelsorge“, „Handauflegen in der Suchtkrankenhilfe“ sowie „Handauflegen in öffentlichen Einrichtungen“. Der Kontakt zu katholischen und evangelischen Einrichtungen wird dezidiert gesucht.

Die Verbreitung ist deutschlandweit mit über 60 Übungskreisen und einigen hundert sog. „Jahrestrainingsabsolventinnen“, die die Hände nach „Open Hands“ auflegen, mittlerweile recht groß.6 Die Nachfrage ist nach Angaben der Anbieter enorm.

Hintergründe und Praxis

Wer das Handauflegen nach Anne Höflers Methode praktizieren will, muss an einem Einführungskurs teilnehmen. Sie selbst definiert, wer diese Kurse anleiten darf (vor allem sind hier die Berufsgruppen Psychotherapeuten, Heilpraktiker, Theologen, etc. zu finden). Es gibt bisher ca. 15 bis 20 Menschen, die diese Kurse geben dürfen. Darüber hinaus gibt es das sogenannte „Jahrestraining“, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an sieben Wochenenden das Handauflegen lernen und einüben. Dabei wird deutlich gemacht, dass es sich um einen spirituellen Weg handelt, der lange Phasen der Stille und Kontemplation beinhaltet.

Praktisch kann an den „sieben Grundeinstellungen“ verdeutlicht werden, wie eine Sitzung nach „Open Hands“ abläuft: Der „Empfangende“ liegt auf einer Liege, während ihm die Hände auf dem ganzen Körper aufgelegt werden. Die sieben Grundeinstellungen sind: Gebet7; Bereitschaft, „Kanal zu sein“; Vertrauen, dass das Richtige geschieht; Dankbarkeit; Geduld; bewusstes Los-Lassen, begleitet von einem Segenswort8; Vergegenwärtigung von Gottes Liebe.

Eingebettet ist das Praktizieren in eine eigens formulierte Ethik der „Open Hands“. Hier wird u. a. versprochen, die persönliche Freiheit des Heilungsuchenden stets zu respektieren und niemandem von anderen Therapien abzuraten, „nie Heilung oder Besserung zu versprechen“, „weder Diagnosen zu stellen noch meine eigenen Interpretationen einzubringen und auf keinen Fall ‚mediale‘ Eindrücke mitzuteilen“. In einem Flyer liest man weiterhin: „Die Hände berühren den eigenen Körper oder einen anderen Menschen auf achtsame, keusche Weise.“

Einordnung aus evangelisch-theologischer Perspektive

Das Handauflegen ist eine sowohl alt-9 als auch neutestamentlich10 begründete Tradition, hier gibt es unzählige Beispiele, ja nach Hebräer 6,2 gehört es zur grundlegenden christlichen Lehre und Praxis. Voraussetzung ist jedoch immer die Unverfügbarkeit der Wirkung durch den Menschen und die Besinnung darauf, es zu tun, „wenn es Gott zulässt“ (Hebr 6,3).

Trotz der Affinität Anne Höflers und einiger nach ihrer Methode Praktizierender zu kirchlichen Einrichtungen ist jedoch unbestritten, dass sie selbst als Begründerin von „Open Hands“ keinen christlichen Zugang dazu hat, sondern einen eklektischen. Sie hat von unterschiedlichen Heilerinnen bzw. Heilern gelernt und dann ihre Methode aus persönlicher Erfahrung zusammengebaut. Daher kommen auch ihre intensive Beschäftigung mit dem Chakrensystem und verschiedenen Energiebegriffen, die in ihren beiden Büchern auch nach wie vor eine große Rolle spielen. Zwar sagen Stimmen, dass sie sich davon in den letzten Jahren eher distanziert habe, aber dies sind die Grundlagen, auf denen „Open Hands“ aufbaut, nicht auf einem biblischen Bild von Handauflegung. Leider bleiben die konkreten Wurzeln (wer waren die Heiler und Heilerinnen, bei denen sie gelernt hat, etc.) seltsam schwammig. Dass Anne Höfler nun am Benediktushof in Einklang mit dem theologisch umstrittenen Willigis Jäger eng zusammenarbeitet, passt in diesen Kontext.

Sozusagen über diesen Umweg bemühen sich einige Vertreterinnen und Vertreter von „Open Hands“, die Methode christlich kompatibel zu gestalten, was nach unserem Eindruck auch sehr reflektiert und durchdacht geschieht. Durch die „Rahmung“, die eigene Religiosität der Handauflegenden, wird in der Praxis „Open Hands“ zu dem, was es dann konkret ist. Man kann nicht sagen, dass „Open Hands“ per se christlich ist, aber man kann schon sagen, dass man „Open Hands“ christlich praktizieren kann. Ergänzend bleibt festzuhalten, dass ebenfalls das hinter den religiösen Texten und Einstellungen stehende Gottesbild in den Primärquellen schwammig bleibt. Es kommt sehr darauf an, wie die jeweils Praktizierende es inhaltlich und theologisch füllt.

Es bleibt also festzuhalten, dass „Open Hands“ eine unklare religiöse Verortung hat, was vor allem in der erfahrungsbezogenen Grundlegung Anne Höflers, ihren diversen Ausbildungen bei nicht näher definierten Heilern bzw. Heilerinnen, dem unklaren Gottesbild sowie ihrer aktuellen Verortung in Willigis Jägers mystischer Spiritualität wurzelt.

Kritische Würdigung

„Handauflegung ist ein in die Länge gezogener Segen.“ Dieses Zitat einer nach „Open Hands“ im christlichen Sinne Praktizierenden ist eindrücklich. Die Methode kann inhaltlich christlich gefüllt werden. Handauflegung an sich ist eine zutiefst im christlichen Glauben verwurzelte Praxis.

Dennoch hat „Open Hands“ den Selbstanspruch, für alle Religionen und spirituellen Hintergründe offen zu sein, das macht es dann aber auch wieder beliebig und inkludiert die Gefahr der Intransparenz. Man findet z. B. in den neuen Terminen auch einen indischen Swami, der „Open Hands“ anbietet und sicher seinen hinduistischen Hintergrund einbringt. Die „Energien“, die fließen, können auch für esoterische Anbieter offen sein, und der Praktizierende als „Kanal für Gottes Kraft“ kann auch eine Überhöhung der praktizierenden Person beinhalten.

„Open Hands“ spricht durch die ausgefeilte zugrunde liegende Ethik einige Fallstricke im alternativen Heilungskontext offen an und versucht, Gefahren oder Missverständnisse von vornherein zu unterbinden: So werden keine Heilungsversprechen getätigt. Mit der nahen Körperlichkeit soll verantwortungsbewusst umgegangen werden. Es werden keine (schul)medizinischen Therapien abgelehnt, man wendet sich gegen esoterische bzw. „mediale Fähigkeiten“ und will niemandem etwas „aufdrängen“.

Dennoch spielen veröffentlichte Heilungsberichte sowohl bei Anne Höfler selbst als auch bei den Praktizierenden eine große Rolle. Hier sehen wir eine Spannung: Auf der einen Seite stehen diese Berichte, die große Erwartungen wecken können. Auf der anderen Seite steht aber auch die Erkenntnis, dass „Erfahrungen gar nichts über die Richtigkeit der Methode beweisen“. Die Zielgruppe von „Open Hands“ hat per se mit den Grenzsituationen des Lebens, mit Krankheit und Einschränkung, zu tun und steht in der tiefen und verständlichen Sehnsucht nach Heilung. Dass hier dann doch Hoffnungen und große Erwartungen geweckt werden, muss ganz deutlich wahrgenommen werden. Bei unseren Gesprächspartnerinnen hatten wir den Eindruck, dass dies geschieht. Aber es hängt doch sehr viel vom jeweils Praktizierenden ab.

Handlungsempfehlungen

Mit diesem letzten Punkt hängen auch die konkreten Handlungsempfehlungen zusammen, die wir hier aussprechen möchten: Man kann „Open Hands“ als grundlegende Methode weder eindeutig ablehnen, noch ihr ohne Einschränkungen aus christlicher Perspektive zustimmen.

Wichtig ist aus unserer Perspektive, genau zu schauen, wie die religiösen Hintergründe des jeweils konkret „Anbietenden“ sind, denn durch die jeweilige subjektive „Rahmung“ wird die religiöse Richtung vorgegeben. Die religiösen oder spirituellen Herkünfte der jeweils Praktizierenden sollten sehr transparent gemacht werden. Das erleichtert dann den Empfangenden eine Einordnung.

Aus unserer Perspektive sollten daher bei jeder bzw. jedem Anbietenden, der kirchliche Handlungsfelder oder Räumlichkeiten für „Open Hands“ nutzen möchte, genau die jeweiligen religiösen Hintergründe in den Blick genommen werden. Sind diese mit einem christlichen Glauben nicht in Einklang, entstammen sie einem anderen religiösen, spirituellen oder esoterischen System, wäre von einer Zusammenarbeit abzuraten. Bietet etwa ein hinduistischer Swami oder eine schamanische Heilerin „Open Hands“ an, würden wir deutlich davon abraten, sie in kirchlichen Handlungsfeldern oder Räumlichkeiten agieren zu lassen.

Sollte die Rahmung aber tatsächlich reflektiert christlich geschehen, kann dem Bedürfnis von Menschen nach erfahrbarer christlicher Zuwendung durch Handauflegung nach der Methode von „Open Hands“ entgegengekommen werden. In diesem Fall würden wir aber auch dazu ermutigen, zunächst einmal zu schauen, ob man nicht selbst Segensgesten im breiten Repertoire christlicher Frömmigkeit hat, die dem Bedürfnis von Menschen nach spürbarer Zuwendung entgegenkommen. Denn wie gesagt: Handauflegung gehört genuin zum Christentum dazu und braucht an sich keine besondere „Schule“.


Oliver Koch / Arbeitskreis Weltanschauungsfragen der EKHN und der EKKW


Anmerkungen


1 Mit der Pfarrerin Angelika Segl-Johannsen (württembergische Klinikseelsorgerin in Bad Mergentheim).
2 Siehe Quellen.
3 www.anne-hoefler.de .
4 Siehe zum Beispiel Michael Utsch: Willigis Jäger gründet westliche Zen-Linie, in: MD 9/2009, 343-345.
5 Dort ist sie nach eigenen Angaben ebenfalls Mitglied der Kuratorien „Kontemplation“ sowie „Gesundheit und Heilung“.
6 Zahlen von der Homepage von „Open Hands“, Stand September 2017.
7 Gern wird folgendes Gebet gesprochen (das kann aber auch variieren): „Möge die göttliche, heilende Kraft durch uns fließen, uns reinigen, stärken und heilen, uns erfüllen mit Liebe, heilender Wärme und Licht, uns schützen und führen auf unserem Weg. Wir danken dafür, dass dies geschieht.“
8 Das Segenswort wird individuell vom Anwendenden formuliert. Der Inhalt soll dem Sinn nach dem Jesus-Wort in Gethsemane „Dein Wille geschehe“ (Mt 26,42) entsprechen. Es kann aber auch ein ganz anderes Segenswort sein.
9 Beispiele in Auswahl: 3. Mose 4,15-33; Hiob 21,3-5.
10 Beispiele in Auswahl: Mk 16, 17f; Jak 5,14f.


Quellen


Anne Höfler: Leg mir die Hand auf. Praktische Anleitung zur Behandlung von Kindern mit chronischen Erkrankungen, überarb. Neuaufl., Füssen 2001
Anne Höfler: Open Hands. Grundlagen und Praxis des Handauflegens, München 2011
Angelika Segl-Johannsen: Trösten durch Berühren – Reflexionen zu einer christlichen Praxis der Handauflegung, Studienarbeit unter Begleitung durch Prof. Dr. Christoffer H. Grundmann, Tübingen, SS 2017. Die Studie ist abzurufen unter http://segl.info/handauflegen.htm l.
www.anne-hoefler.de 
www.west-oestliche-weisheit.de 
www.haus-zeitlos.de