Neuapostolische Kirche

Stammapostelwechsel in der NAK angekündigt

(Letzter Bericht: 1/2013, 26-29) Der Stammapostel der Neuapostolischen Kirche (NAK), Wilhelm Leber, hat am 15. Januar 2013 bekanntgegeben, dass er am Pfingstsonntag, dem 19. Mai 2013, sein Amt niederlegen und an den elsässischen Bezirksapostel Jean-Luc Schneider übergeben werde. Schneider war erst an Pfingsten 2012 durch Leber in einem Gottesdienst in Köln zum „Stammapostelhelfer“ ernannt und damit als Nachfolger designiert worden (vgl. MD 7/2012, 269ff). Durch Satellitenübertragung werden alle neuapostolischen Gemeinden den Gottesdienst am 19. Mai verfolgen können.

Leber, der im vergangenen Jahr 65 Jahre alt wurde und mit seinem Ausscheiden in den Ruhestand tritt, macht damit seine Ankündigung wahr, für eine ordnungsgemäße und ruhige Nachfolgeregelung zu sorgen. Von den bisher vier Stammapostelhelfern in der Geschichte der NAK waren zwei aufgrund kircheninterner Konflikte nicht wie vorgesehen zum Stammapostel ernannt worden, sondern hatten sich von der Kirche getrennt beziehungsweise waren abgesetzt worden. Ein geordneter Wechsel erscheint gerade angesichts der vielfältigen Umbrüche in der europäischen NAK wertvoll.

Stammapostel Leber wählt als Zeitpunkt seines Abtretens den Moment, wo der Ende 2012 publizierte neue Katechismus den jahrelangen Prozess einer ökumenischen Öffnung seiner Kirche auf eine feste Grundlage stellt. Allerdings hängt in der stark hierarchisch geprägten Kirche vieles an der Person des kommenden Stammapostels. Wird er den eingeschlagenen Kurs weiterfahren? Wird er am kollegialen Stil seines Vorgängers beim Weiterdenken und Neuformulieren von Lehraussagen festhalten? Das hängt sicher stark von seinem Verständnis des eigenen Amtes ab.

Just zu diesem Thema hatte Schneider in einem Gottesdienst in Bern am 13. Januar 2013 noch kurz vor Lebers Ankündigung für Aufsehen gesorgt. In der Predigt forderte er die Gläubigen auf, sie sollten „bezeugen, dass wir an Jesus glauben und unseren Glauben zum Apostelamt, denn wir haben Jesus in den Aposteln gefunden“. Wiederholt sprach er in verschiedenen Wendungen vom „Glauben an Jesus im Apostelamt“. Ja, letztlich fließen Schneider zufolge Jesus und das Apostelamt fast völlig ineinander: „Wir glauben an das Apostelamt und wir haben zu ihm viel Gottesfurcht und viel Liebe zu Jesu.“ Das Amtsverständnis ist einer der ökumenischen Streitpunkte zwischen NAK und anderen Kirchen. So wie sich Schneider in Bern geäußert hat, vertritt er an diesem Punkt einen steilen apostolischen Anspruch nach innen wie nach außen, was das ökumenische Gespräch vermutlich klären, aber nicht unbedingt erleichtern dürfte.

Daneben tauchte auch ein anderes traditionelles neuapostolisches Motiv in klassischer Zuspitzung auf. Schneider beschwor eine gewisse Ruhe- und Rastlosigkeit angesichts des nahenden Endes, denn „eine Gemeinde, die wirklich auf den Herrn wartet ... ist immer in Eile, sie hat nicht viel Zeit, denn der Herr kommt ja bald. Die Gemeinde kann nicht sechs Monate warten, um ein Wort in die Tat umzusetzen.“ Traut sich Schneider wirklich zu, eine solche gesteigert angespannte Naherwartung dauerhaft aufrechtzuerhalten? Was würde dies für den Kontakt mit anderen Christen heißen, wenn man die zarten Anfänge ökumenischer Öffnung der NAK auch auf eine Beruhigung der übersteigerten Naherwartung nach anderthalb Jahrhunderten zurückführen konnte? Wie soll, wer so in der Vorläufigkeit lebt, ernsthaft Interesse an ökumenischer Kooperation entwickeln? Nicht unzutreffend bemerkte Schneider am Ende seines Berner Auftritts selbst: „Das war ein bisschen ein extremer Gottesdienst.“


Kai Funkschmidt