Interreligiöser Dialog

Staatliche Unterstützung für das „House of One“

(Letzte Berichte: 10/2012, 388; 1/2015, 29f) Das House of One in Berlin (Bet- und Lehrhaus Petriplatz Berlin e. V.) wird von Bund und Land mit mehreren Millionen Euro gefördert. Vom Bund kommen 2,2 Millionen Euro, das Land Berlin gibt 1,2 Millionen. Ende August 2016 überreichte Bundesbauministerin Barbara Hendricks gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, eine Förderplakette. Das House of One wird als „nationales Projekt des Städtebaus“ ausgezeichnet und erhält Mittel aus dem entsprechenden Bundesprogramm, mit dem seit 2014 herausragende Projekte des Städtebaus und „Leuchttürme“ der Baukultur von nationaler Bedeutung und internationaler Ausstrahlung unterstützt werden.

Bisher konnte der Verein mehr als eine Million Euro Spenden sammeln, an Eigenmitteln sind weitere 100000 Euro vorhanden. Dennoch ist damit erst ein Anfang gemacht. Insgesamt sind 43,5 Millionen Euro für den außergewöhnlichen Sakralbau veranschlagt, der auf den Fundamenten der ehemaligen Petrikirche errichtet und überwiegend aus Spenden finanziert werden soll.

Geplant ist ein „Haus Gottes für einen Dialog der Religionen“, das dem Miteinander von Religion und Stadt eine zukunftsweisende Gestalt verleihen soll, ein „neues Wahrzeichen der Weltoffenheit und Toleranz“ am „Urort“ des historischen Berlin. Es wird Synagoge, Kirche und Moschee unter einem Dach beherbergen, die sich zu einem gemeinsamen zentralen Raum der Begegnung und des Austausches hin öffnen lassen. Der architektonisch einzigartige, helle Sakralbau in kubischen Formen mit einem über 40 Meter hohen Turm im Zentrum wird durch das Berliner Büro Kuehn Malvezzi realisiert, das 2012 aus einem internationalen Architekturwettbewerb als Sieger hervorging.

Der Anstoß zu dem interreligiösen Großprojekt ging von der evangelischen Ortsgemeinde St. Petri-St. Marien aus, von Anfang an jedoch sollte es eine gemeinsame Initiative der Religionen sein, ein gemeinsam entwickeltes Konzept der Transparenz und Offenheit im multikulturellen Kontext. Als Gründungsmitglieder fanden sich 2011 die Jüdische Gemeinde zu Berlin, das Abraham-Geiger-Kolleg Potsdam, der Evang. Kirchenkreis Berlin-Stadtmitte, die Evang. Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien, das Forum für interkulturellen Dialog e. V. (jetzt Forum Dialog e. V.; Gülen-Bewegung) und das Land Berlin.

Die katholische Kirche ist nicht beteiligt, das Erzbistum sieht die finanziellen und personellen Mittel begrenzt, unterstützt aber den interreligiösen Dialog. Die evangelische Landeskirche ist nach anfänglicher Zurückhaltung positiv engagiert, zuletzt war sogar die frühere Pröpstin Friederike von Kirchbach freigestellt worden, um den Prozess zu begleiten. Sie unterstützte das House of One von September 2015 bis Sommer 2016. Die Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde wurde durch eine gemeinsame Verpflichtung mit dem Potsdamer Rabbinerseminar möglich. Keine Bereitschaft fand sich unter den Moscheegemeinden. Muslimischer Partner wurde schließlich mit dem heutigen Forum Dialog ein Verein der Gülen-Bewegung (Hizmet) in Deutschland, die selbst weder muslimische Gemeinden hat noch repräsentiert, sondern im Gegenteil jahrelang religiöse Diskretion geübt hat und für ihre Ziele auf Bildungseinrichtungen wie Nachhilfezentren und Schulen in freier Trägerschaft setzt.

Zwar wird beim House of One betont, dass die Gründungsmitglieder stellvertretend für ihre jeweiligen Religionen stünden, weitere Partner aus anderen Konfessionen und Religionen seien erwünscht, auch Religionslose und Atheisten. Bedeutsam ist inzwischen die internationale Ausstrahlung, die viel mit der Symbolkraft der Architektur und des Gesamtkonzepts zu tun hat und zu intensiven Kontakten mit Gesprächspartnern aus verschiedenen Kontinenten geführt hat. Es gebe auch bereits zahlreiche weitere Interessenten, die sich an dem Projekt beteiligen wollten. So gibt es laut Vorstandsmitglied Roland Stolte (St. Petri-St. Marien) auch positive Erklärungen von prominenten Muslimen, die „Mit-Bauherren des House of One“ sein wollten („der geistliche Führer der Schiiten der Kaukasusregion, der Vorsitzende der Imamkonferenz von Frankreich und ein Mitglied des jordanischen Königshauses“, wird er in der Berliner Zeitung zitiert). Auf der Internetseite schlägt sich davon allerdings bisher noch nichts nieder. Zudem sind die Umstände für potenzielle muslimische Partner kompliziert geworden. War schon bisher eine gewisse Skepsis angebracht, ob sich muslimische Gruppen – welcher Couleur auch immer – mit einem Verein der umstrittenen Gülen-Bewegung zusammentun würden, so hat sich die Situation noch verschärft, seit der türkische Staatspräsident Erdoğan seinen früheren Weggefährten Fethullah Gülen massiv verfolgt und Hizmet zu einer Terrororganisation erklärt hat. Insbesondere seit dem Putschversuch in der Türkei werden Konflikte aus der Türkei nach Deutschland getragen, Gülen-Anhänger werden beschimpft und bedroht.

Es ist zu hoffen, dass sich bewahrheitet, was die Bauministerin bei der Übergabeveranstaltung sagte: „Die Grundlage einer friedlichen und toleranten Gesellschaft liegt in der Anerkennung des anderen als Gleichen. Das ist die Botschaft dieses Hauses. Der Dialog der Religionen kann so zum friedlichen Zusammenleben der unterschiedlichen Kulturen beitragen.“ Und sie wünschte „diesem Projekt allen erdenklichen Erfolg und Gottes Segen“.

Die erste Bauphase ist ab 2018 geplant, Grundsteinlegung soll im Frühjahr 2019 sein.


Friedmann Eißler