Ursula Caberta

Schwarzbuch Scientology

Ursula Caberta, Schwarzbuch Scientology, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2007, 207 Seiten, 17,95 Euro.


Schwarzbücher gehören zur Gattung der Enthüllungsliteratur. Unmoralische, illegale oder gar kriminelle Machenschaften sollen enttarnt werden. Schwarzbücher wie die über den Kommunismus oder den Satanismus ziehen eine hohe Aufmerksamkeit auf sich, weil sie auf Missstände hinweisen, Fehlentwicklungen analysieren und meist auch Handlungsempfehlungen enthalten. An diese Tradition knüpft das vorliegende Buch an.

Seine Verfasserin ist die Leiterin der „Arbeitsgruppe Scientology“ der Hamburger Innenbehörde, Ursula Caberta;ihre Aufgabe besteht darin, die Öffentlichkeit über die umstrittene Organisation zu informieren. War sie bisher vor allem durch kämpferische Reden öffentlich in Erscheinung getreten, will sie nun mit ihrem Buch Fakten vorlegen, um die politische und gesellschaftliche Gefährlichkeit von Scientology zu belegen. Der Erscheinungstermin des Buches lag günstig, war doch unter starker medialer Beachtung wenige Monate zuvor die neue „Scientology-Kirche“ in Berlin eröffnet worden. Auch dass die Scientology-Organisation (vergeblich) versuchte, das Erscheinen juristisch zu verhindern, wusste der Verlag für Werbezwecke zu nutzen. An Scientology scheiden sich immer wieder die Geister, was jüngst die kontroverse Debatte um die Stauffenberg-Rolle von Tom Cruise deutlich gemacht hat.

Bei der Buchvorstellung unterstrich Ursula Caberta, dass nun genug Beweismaterial vorliege, um diese extremistische Gruppierung bald verbieten zu können. Leider werden die auch von den Medien hochgepuschten Erwartungen nicht erfüllt, denn das Buch liefert wenig neue Fakten. Zudem ist der Schreibstil holperig, und zahllose grammatikalische und orthographische Fehler trüben den Lesefluss. Bei manchen Zitaten fehlen die Quellenangaben, und eine innere Struktur lässt das Buch gänzlich vermissen. Eher handelt es sich um eine Ansammlung abschreckender Geschichten rund um das Scientology-Thema. Wichtige und drängende Fragen wie etwa der Streit um den Status der „Scientology-Kirche“ als Religionsgemeinschaft werden nur oberflächlich gestreift.

Ohne Zweifel hat die Autorin durch ihre 15-jährige Beschäftigung mit Scientology vielfältige Erfahrungen mit der Organisation und tiefe Einblicke in die verschiedensten Aktivitäten gewonnen. Diese Erfahrungen haben sich in dem Buch niederschlagen: Namen von Tarnorganisationen, verbreitete Anwerbestrategien, bedauernswerte Geschichten von bedrückenden Kindheitserlebnissen in dieser Gruppe, höchst aggressiver Umgang mit Kritikern und vieles mehr. Aber das hat man irgendwie alles schon einmal gelesen und gehört: die Irreführung mit dem E-Meter im Auditing, die obskuren Thetan-Vorstellungen, die merkwürdigen Hubbard’schen Lernvorstellungen, die Vereinnahmung von Prominenten, der Elite-Drill auf Scientology-eigenen Schiffen. Schlimm genug, aber eben bekannt. Was der jetzigen Diskussion gut tun würde, wäre kein Schwarzbuch, sondern eine nüchtern-sachliche Zusammenstellung der Fakten.

Die in diesem Buch gegebenen Hinweise werden vermutlich nicht ausreichen, die Verfassungsfeindlichkeit der Organisation gerichtsfest zu belegen. Pauschale Aussagen wie „menschenverachtendes politisches System“ und „politischer Extremismus“, die im Schlussteil zu finden sind, reichen eben als Argumente nicht aus, um den für eine Demokratie zentralen Grundsatz der Meinungsfreiheit außer Kraft zu setzen. Die Autorin hat kein „kritisches Sachbuch“ zum Thema vorgelegt, wie es der Klappentext weismachen will, sondern viele erschütternde Schicksale und eigene Erfahrungen im Umgang mit einer skrupellos zielstrebigen ideologischen Gruppierung beschrieben.


Michael Utsch