Christoph Morgner

Passt der Islam zu Deutschland? Ein Zwischenruf

Christoph Morgner, Passt der Islam zu Deutschland? Ein Zwischenruf, mediaKern, Wesel 2016, 144 Seiten, 9,95 Euro.

Das Buch behandelt die Fragestellung des Titels in 14 Schritten. Dem promovierten Autor und evangelischen Pfarrer Christoph Morgner geht es „vorrangig um die politisch kulturelle Dimension“ der Fragestellung. Gleich in den ersten beiden Kapiteln (9-24) wird in Bezugnahme auf biblische Traditionen festgehalten: „Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass dürfen unter Christen keinen Raum haben“ (23). Morgner erteilt Visionen, die die religiöse Vielfalt in Deutschland zurücknehmen wollen, eine Absage. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass die jüdische und die christliche Tradition zu den kulturellen und geistigen Grundlagen des Zusammenlebens und auch der freiheitlichen Demokratie gehören. Ohne sie sei das Grundgesetz nicht zu verstehen (Kap. 25-38). Morgner nimmt die Verschiedenheit der demokratisch-säkularen und der islamischen Kultur wahr. Sein Fazit lautet in Kapitel vier: Die muslimische Kultur ist eine andere als die christliche (41). Folgende Aspekte werden dabei thematisiert: die fehlende Differenzierung zwischen religiös und weltlich, die Gewaltaffinität von bestimmten Auslegungen der islamischen Tradition, der in vielen muslimischen Gemeinschaften zu beobachtende Antisemitismus. Dabei werden auch zahlreiche praktische Fragen thematisiert: Koranhermeneutik (61-71), Bau von Moscheen (72-75), islamischer Religionsunterricht (76-79), Kopftuch (80-82) etc.

Als ehemaliger Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes beteiligt sich Morgner am gegenwärtigen Islamdiskurs und greift eine ganze Reihe von integrationspolitisch relevanten Themen auf. Er betont die christliche Prägung des Grundgesetzes. Sein Zwischenruf ist unaufgeregt und sachbezogen. Es verzichtet auf apokalyptische Deutungen der islamischen Tradition, wie sie in manchen pietistischen und evangelikalen Milieus vorherrschen, und wendet sich gegen pauschale Feindbilder. Zugleich entwickelt er eine differenzierende islamkritische Perspektive. Er plädiert entschieden dafür, den öffentlichen Charakter der christlichen Prägung Deutschlands, etwa durch christliche Symbole in öffentlichen Räumen, aufrechtzuerhalten. Er tritt für einen realistischen Dialog ein und schließt sich der Forderung Bassam Tibis nach einem Euro-Islam an. Im Blick auf manche Themen wird man sagen können, dass sie eher angesprochen als ausgeführt sind. In Zwischenrufen (so der Untertitel) muss nicht alles gesagt werden.

Das Buch schließt mit Hinweisen, die die Notwendigkeit einer Reform im Islam unterstreichen. Dabei kommt der Koranauslegung eine zentrale Bedeutung zu. Äußerlich, so konstatiert der Autor am Ende seines Buches, gehört der Islam zu Deutschland, „innerlich in weiten Teilen längst noch nicht“ (130). Die Antwort auf die Fragestellung des Titels lautet nicht Ja oder Nein. Sie wird in den Ausführungen mit Hoffnungs- und mit Fragezeichen verbunden.


Reinhard Hempelmann