Esoterik

Neue Essener-Gemeinschaft Amritabha - Eindrücke von einem Spontanbesuch

In Ribeauville (Elsass), nordwestlich von Colmar, befindet sich direkt an der Straße nach Sainte-Marie-aux-Mines ein in weiß-blau gehaltenes Schild mit der geheimnisvollen Aufschrift „Château AMRITABHA“. Folgt man ihm auf der recht steil ansteigenden Straße, so gelangt man zu einem großen vierstöckigen Gebäude, einem früheren Hotel. Hier befindet sich seit 1999 das Seminarzentrum des umstrittenen früheren Bonner Heilpraktikers und Feng-Shui-Beraters Frank Eickermann (vgl. MD 5/2008, 165f), den seine Anhänger „Agni“ (Feuergott) nennen. Er genießt damit göttliche Verehrung. Eickermann selbst fordert in einer seiner zahlreichen Videobotschaften auf YouTube zur wahren Schülerschaft: „Der richtige Umgang mit dem Lehrer ist der, ein ständiges Ja für den Lehrer im Herzen bereit zu halten.“ Immer wieder hat das Angebot von Eickermann Beratungsfälle mit zum Teil hoher Konfliktträchtigkeit verursacht (vgl. www.ekir.de/weltanschauungen/themen/frank-eickermann-beschreibung-und-wertung-135.php).

Nach Auffassung der Anhänger befindet sich das Château Amritabha auf einem alten Kraftplatz. Es soll sich in Wahrheit um einen Schöpfungstempel handeln. An diesem Platz seien die Lichtwelten offen erfahrbar, womit ein lebendiger Austausch zwischen Himmel und Erde stattfinde. Auf der Internetseite www.amritabha.de heißt es: „Amritabha fordert uns auf, unser eigenes unsterbliches Licht zu kultivieren, es neu zu entdecken, es jeden Tag an die Welt zu verschenken und es mit unserer Liebe auszudehnen, unabhängig davon, wo wir uns gerade befinden.“ Mehr noch: Es gilt Anhängern Eickermanns als „Mutterhaus der Lichtzentren in der Tradition des Agni“. Hier wird angeblich „Wissen aus allen Zeiten, allen Religionen und Kulturen wiederbelebt und in Liebe erfahrbar“.

Von einem der Balkone aus bietet sich dem Besucher ein eindrucksvoller Blick auf die Ortschaft Ribeauville und die sie umgebenden Vogesen. Um das Château herum geben sich weitere kleine „Kraftplätze“ zu erkennen, die mit religiöser Symbolik meist hinduistischer und buddhistischer Provenienz ausgestattet sind.

Im Eingangsbereich des Seminarzentrums liegen zahlreiche Handzettel und Prospekte für Seminar- und Kursangebote aus. Es handelt sich meist um Offerten von Agni-Schülern bzw. internationalen „Lichtzentren“. Die Preise sind zum Teil stattlich: So wird z. B. für knapp 11 000 Euro im Château ein dreiwöchiges Blockseminar mit der Ausbildung zum Feuerschamanen in der Tradition Babajis angeboten. Unter den zahlreichen Materialien fand sich auch eine Werbeschrift für die 2004 gegründete Kali Ma Foundation Nepal der gebürtigen Deutschen Kali Ma, die ihre Berufung nach einer von Eickermann während seiner Bonner Jahre vorgenommenen Rückführung in ein früheres Leben gefunden hat (www.kalis-kinder.de). 2001 hatte die Eickermann-Schülerin in Nepal bereits ein spirituelles Lichtzentrum eröffnet. Der deutsche Sitz der Kali Ma Foundation befindet sich im fränkischen Altenthann. Aus allen religiösen Traditionen werden Heil- und Erleuchtungsofferten dargeboten. So wirbt eine brasilianische Agni-Anhängerin für ein siebentägiges Seminar „Im Zeichen des Christuslichts des neuen Zeitalters“ für rund 2500 Euro. Für 7000 Euro bietet eine Anbieterin eine 14-tägige Ausbildung zur „Atlantischen Kristallheilung“ an.

Im oberen Bereich des geräumigen Hauses befindet sich u. a. der Meditationsraum. Rund 40 weiße Yogakissen mit den typischen gold-gelbfarbenen Symbolzeichen säumen links und rechts den Boden des großen Raumes. Dazwischen liegen weinrote Yoga-Matten. An der ganz in Gold gehaltenen Stirnseite des Raumes finden sich Bilder der „Avatare“ Sai Baba und Babaji. In der Mitte nimmt das lebensgroße Bildnis Sai Babas einen zentralen Platz ein. Davor befindet sich ein kleiner Altar mit Devotionalien. Links ist eine Buddhafigur zu erkennen, rechts eine Bronzeskulptur, die den kosmischen Tanz der hinduistischen Gottheit Shiva inmitten eines Feuerrades zeigt. Jeweils an der Seite dieser Skulpturen befinden sich halbhohe Kerzenständer. Unterhalb des Porträtbildes Babajis steht ein Ledersessel mit einem weinroten Kissen. An der Decke oberhalb der Mitte des Raumes sind geheimnisvolle Zeichen zu sehen, deren Bedeutung sich für den Betrachter nicht unmittelbar erschließt.

Im Juni 2017 soll Eickermann 200 spirituelle Lehrer, die er zuvor ausgebildet hat, zum Preis von jeweils 200 Euro in das sogenannte Friedenslicht initiiert haben. In diesem Jahr folgt ein weiteres Angebot: Eickermann bietet in den USA und in Frankreich zum Preis von 300 Euro Initiationen in die „Gemeinschaft der neuen Essener“ an (www.agnieickermann.com). Während der Initiation soll bei Adepten ein goldenes Zeichen in der Aura vor dem Herzchakra erscheinen. Nach Mitteilung Eickermanns wird dadurch die Seele des Einzelnen mit dem Strom der Weisheit und dem Licht der Essenergemeinschaft verbunden. Damit sollen vielerorts Essenergemeinschaften entstehen. Amritabha wirbt intensiv für dieses Angebot: „Aufgabe der Essenergemeinschaften ist es, Licht-, Heilungs- und Schöpfungsimpulse auf der Erde zu verwirklichen und eine neue Form von Gemeinschaft erfahrbar zu machen. Jede Essenergemeinschaft hat ihr eigenes Wesen, ihr eigenes Gesicht, das sich durch die Mitglieder und die gemeinsamen Aufgaben immer wieder neu gestaltet.“ Inzwischen sind initiierte Agni-Anhänger dazu übergegangen, „Essener Heilmethoden und Rituale“ anzubieten. Dabei geht es um essenisches Heilwissen, das im seelisch-geistigen Bereich ansetzen und die Selbstheilungskräfte im Menschen aktivieren soll.

Geplant ist zudem, eine neue Wohngemeinschaft im Château zu gründen. Derzeit leben dort fünf Personen. Ein weiteres Zimmer steht bereit. Gesucht werden Interessenten, die „finanziell unabhängig“ sind.


Matthias Pöhlmann, München