Jan Assmann, Harald Strohm (Hg.)

Magie und Religion

Jan Assmann, Harald Strohm (Hg.), Magie und Religion, Wilhelm Fink Verlag, München 2010, 246 Seiten, 29,90 Euro.


Der von Harald Strohm und Jan Assmann herausgegebene erste Band der Reihe „Lindauer Symposien für Religionsforschung“ beschäftigt sich mit dem Thema Magie. Im Mittelpunkt des im September 2008 durchgeführten Symposiums sollte „der Scheideweg zwischen dem alten ‚Heidentum‘ und den ‚modernen‘, tendenziell monotheistischen Religionen stehen“ (8). Dieses Thema wird von den Autoren des Sammelbandes sehr unterschiedlich beachtet.Spätestens in der Begegnung mit den sogenannten „neuen Hexen“ wird eine Auseinandersetzung mit dem Begriff „Magie“ notwendig, der sonst nur noch in wenigen sprachlichen Wendungen zu finden ist – z. B. in „das zieht mich magisch an“. Eine griffige Definition von „Magie“ ist nahezu unmöglich; das zeigen sehr gut einige Beiträge dieses Buchs, besonders der von Theo Sundermeier. Deshalb wird der Begriff von den Herausgebern bewusst offen gelassen, um den Autoren die Möglichkeit zu geben, ihn unterschiedlich zu füllen.Der erste Beitrag von Jan Assmann widmet sich besonders dem Thema des Symposiums. Er macht am Beispiel der ägyptischen Mythologie deutlich, dass Magie ursprünglich in einen religiösen, ritualistischen Kontext und ein mythisches Weltbild eingebettet war. „Der biblische Monotheismus und die griechische Aufklärung haben darin zusammengewirkt, dass sie sowohl das Göttliche als auch den Menschen aus dieser ritualistischen Eingebundenheit in die Welt emanzipiert und damit der Magie ein Ende bereitet haben“ (42). Anscheinend hat die griechische Aufklärung aber nicht umfassend gegriffen, taucht doch Magie in Europa in allen Jahrhunderten auf die eine oder andere Weise wieder auf. Laut Harald Strohm liegt das darin begründet, dass Magie den Menschen fasziniert – dadurch dass magisches Denken immer eine Regression in kindliches Denken ist. Das passiert normalerweise in einem bestimmten kultischen Rahmen mit bestimmten Regeln, ähnlich den Bedingungen für ein Spiel.Beispiele für diese Faszination bieten Elisabeth von Samsonow, die nachweist, dass Magie in Form von Dämonologie im Neuplatonismus als Beweis für die unsterbliche Seele verwandt wurde, und Aleida Assmann, die sehr eindrücklich anhand englischer Literatur aufweist, dass vorchristliche Gottheiten und deren Magie in den „Untergrund“ gegangen sind, aber im Volksglauben und in den Riten der ländlichen Folklore überlebt haben.Vieles, was heute als Magie bezeichnet wird, z. B. Geschehnisse in afrikanischen und asiatischen Naturvölkern, ist eigentlich keine Magie. Denn das, was dort passiert, ist in ein Weltbild eingebettet, in dem Magie zum Alltag gehört. Nur weil einige Vorgänge derzeit nicht mit rationalen Mitteln erklärt werden können – eine solche Erklärung bietet Karen Gloy für ausgewählte Fälle –, sei es nicht legitim, sie mit dem Abgrenzungsbegriff Magie abzuwerten, so Sundermeier.Überhaupt drehen sich viele der Beiträge um diesen auch von seiner Geschichte her kritischen Begriff, was die Aufsätze in dem Sammelband sehr unterschiedlich ausfallen lässt. Das macht die Publikation facettenreich, sorgt aber auch dafür, dass ein „roter Faden“ fehlt. Für diejenigen, die sich ohne spezielle Vorkenntnisse mit dem Thema Magie beschäftigen wollen, ist dieses Buch deshalb weniger geeignet. Um ganz unterschiedliche Seiten des Phänomens „Magie“ zu beleuchten, ist es aber durchaus zu empfehlen.


Nicole Oesterreich, Leipzig