Islam

Hadayatullah Hübsch ist tot

Kurz vor seinem 65. Geburtstag starb Anfang Januar 2011 einer der prominentesten deutschen Konvertiten zum Islam, Paul Gerhardt Hadayatullah Hübsch, in Frankfurt am Main. Der ehemalige langjährige Sprecher der „Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland e.V.“ war Imam (Leiter des Freitagsgebets) in der Frankfurter Nuur-Moschee, Autor zahlreicher Bücher und Broschüren zum Islam und viele Jahre im interreligiösen Dialog engagiert. Hübsch wurde nicht nur als Muslim bekannt, der eine ganze Generation von Konvertiten und die Wahrnehmung des Islam in Deutschland seit den frühen 1980er Jahren mit prägte. Er war ein ausgewiesener Kenner der alternativen Literaturszene, der Pop- und Rockmusik und selbst Beatpoet, freier Schriftsteller, Lyriker (Debüt: „Mach was du willst“, 1969), Print- und Hörfunkjournalist sowie Verleger (Leiter des Ahmadiyya-Verlags „Der Islam“). 2008 erschien eine Biografie über Cat Stevens alias Yusuf Islam aus seiner Feder. Zuvor schrieb er für eine Reihe von bekannten Tageszeitungen, war acht Jahre lang freier Mitarbeiter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und ebenfalls acht Jahre Vorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller in Hessen. Der hessische Integrationsminister würdigte anlässlich seines Todes auch seine Arbeit für den Ethikrat des Bundeslandes.Früh in seiner bewegten Biografie war Hübsch Aktivist in der 68er-Bewegung und lebte zeitweise in der Kommune 1. Nach intensiven Drogenerfahrungen und Psychiatrieaufenthalten folgte die radikale Lebenswende.

Hübsch trat 1969 zum Islam über und wurde Mitglied der Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ). In letzter Zeit wurde ihm gelegentlich eine gewisse Nähe zu rechten bis rechtsextremen Kreisen vorgeworfen.Ein guter Teil der über 100 Schriften Hadayatullah Hübschs beschäftigt sich mit dem Islam. Einerseits versucht er für Christen und andere Nichtmuslime Brücken zum Verständnis des Islam zu schlagen, andererseits vertritt er keineswegs ein „liberales Islamverständnis“, wie ihm immer wieder attestiert wird. Vielmehr verbreitet er konsequent die Lehren der Ahmadiyya-Bewegung, die in den virulenten gesellschaftspolitischen Fragen (Frauenfrage, Demokratie, Menschenrechte, religiös-weltanschaulicher Pluralismus) entschieden islamisch-konservativ bis rigide ausfallen und in nicht wenigen Aspekten spezifisch antichristliche Spitzen enthalten (vgl. das Angebot des Verlags „Der Islam“ und besonders die 150-seitige Einleitung zur Koranausgabe der Ahmadiyya, herausgegeben unter der Leitung von Hazrat Mirza Tahir Ahmad – diese zweisprachige Ausgabe wurde mit und ohne Goldschnitt in großer Zahl unter das Volk gebracht, als man hierzulande sonst noch kaum etwas vom Islam wusste, geschweige denn den Koran kannte).Die Verbreitung des Korans in vielen Sprachen gehört zum missionarischen Programm der Ahmadiyya-Bewegung ebenso wie etwa das 100-Moscheen-Programm, das anlässlich der Hundertjahrfeierlichkeiten 1989 verkündet wurde (und inzwischen relativiert worden ist). Die AMJ wirbt mit dem Motto „Liebe für alle, Hass für keinen“ und betont mit dem Verweis auf die gut strukturierte Frauenorganisation „Lajna Imaillah“ ihre Wertschätzung der Frauen und ihrer Bildung.

Nach eigenen Angaben ist die AMJ „mit ihren vielen zehn Millionen Mitgliedern in über 190 Staaten“ weltweit die größte „islamische Reformgemeinde“. Sie betrachtet sich als Bewahrerin der ursprünglichen Werte des Islam; von der Mehrheit der Muslime werden Ahmadis hingegen als Häretiker betrachtet. In Pakistan wurden sie 1974 offiziell aus der islamischen Gemeinschaft ausgeschlossen und erleiden Diskriminierung und Verfolgung. In Deutschland verzeichnet die Muslim Jamaat etwa 35000 Mitglieder und unterhält in rund 230 lokalen Gemeinden über 30 Moscheen. Das religiöse Oberhaupt der Gemeinde ist der 5. Khalif Hazrat Mirza Masroor Ahmad, der in London residiert (vgl. zur Ahmadiyya-Bewegung: MD 8/2006, 292ff; 5/2005, 184ff).


Friedmann Eißler