Vereinigungskirche

Gott aus Korea - Eindrücke vom Besuch Sun Myung Moons in Berlin

(Letzter Bericht: 2/2007, 75f) Großveranstaltung im Berliner Tempodrom am 19. Mai 2011: Auf seiner Europatour besuchte Sun Myung Moon, der Gründer der Tongil-Gyo Vereinigungsbewegung (früher Vereinigungskirche bzw. Familienföderation für Weltfrieden und Vereinigung) und der Universal Peace Federation (UPF), zusammen mit seiner Frau die Hauptstadt. Der erste Deutschlandauftritt des 91-jährigen Koreaners seit der Aufhebung des von 1995 bis 2006 bestehenden Einreiseverbots zog rund 2700 Menschen vieler Nationalitäten und aller Altersstufen an, darunter zahlreiche Jugendliche und Kinder. Die fast kahle Bühne und einige bescheidene Nationalflaggen, zwischen den Rängen etwas verloren aufgereiht, standen in Kontrast zum vorwiegend festlich erwartungsfrohen Publikum. Dies schien geduldig – oder karge, ja kühle Routiniertheit schlicht gewohnt. So jedenfalls wirkten die mehr oder weniger schwülstigen Grußworte, Einführungen (u. a. vom europäischen Präsidenten der Vereinigungsbewegung, Yong Cheol Song, und vom Moon-Sohn und Präsidenten der UPF International, Hyung Jin Moon) und ein dröhnendes Video, das die globalen Errungenschaften Moons rühmte. Auch die merkwürdige „Interreligiöse Gebetszeremonie“, die vorab die Einheit der Religionen versinnbildlichen sollte, war zu unscheinbar, um den Funken überspringen zu lassen. Die wenigen Gläser Wasser, die Vertreter verschiedener Religionen etwas beiläufig in einer Glasschale zusammengossen, blieben in ihrer Symbolik überschaubar. Von christlicher Seite war es Lo-Lowengo Pierre Botembe (Afrikanische Ökumenische Kirche Berlin), der neben einem ungarischen Todesmarsch-Überlebenden und Rabbiner, einem buddhistischen Mönch und einem muslimischen Vertreter auch in diesem Kontext auftrat.

Alles war indessen auf den Hauptredner ausgerichtet, bei dem der Funke dann durchaus übersprang, auch wenn man sich als Außenstehender eine Atmosphäre herzlicher Liebe und Freude, wie sie der Botschaft der Vereinigungsbewegung entsprechen müsste, anders vorstellen mag. Denn der „König des Friedens“ und Verkünder des „Zeitalters nach der Ankunft des Himmels“ schärfte den Versammelten vor allem eins ein: Einheit, Frieden und Errettung gibt es nur durch ihn, Rev. Moon. Ein bisschen auch durch seine Frau (die nach der Begrüßung allerdings gleich wieder verschwand), d. h. durch die „Wahren Eltern“ und ihre große Familie – auch einige seiner Kinder waren anwesend. Sein Alter merkte man dem Redner kaum an, mit donnernd aufbrausender Stimme kreisten seine Ausführungen um sein Lebenswerk, das zur Welterrettung immer wieder neue Maßnahmen von wahrhaft kosmischen Ausmaßen verwirklicht hat.

Abgesehen von den zahlreichen und langen Abschweifungen konnte man die gesamte Rede in der vorab auf den Plätzen ausgelegten Broschüre nachlesen – worauf all diejenigen auch angewiesen waren, die keinen Kopfhörer ergatterten: Moon hielt seine Rede auf Koreanisch, simultanübersetzt in sieben Sprachen, darunter mehrere osteuropäische.

Von besonderer Wichtigkeit war neben zahllosen Anspielungen auf Mächtige, Staaten und ganze Religionen, mit denen Moon sich offenkundig auf Du und Du sieht, die Ankündigung der „Geburt von Gottes Königreich“ Cheon Il Guk in weniger als drei Jahren. Der Himmel hat, so Moon, durch die „Wahren Eltern“ offenbart, dass am 13. Januar 2013 „der tatsächliche Beginn“ sein wird. Auch wenn etwas unklar blieb, was da genau beginnen wird, so war doch unüberhörbar, dass in den 600 Tagen bis zu jenem „D-Day“ der Weltgeschichte die Menschheit den Weg einschlagen muss, Moon zu folgen, seine Bücher zu studieren, sich segnen zu lassen („Weltfriedens-Ehesegnungen“) und so der heiligen Regentschaft des Friedens und des Glücks entgegenzugehen. Ein besonderer Himmlischer Kalender wurde dazu ausgerufen, und durch Proklamationen und Zeremonien hat Moon Korea zu Gottes Heimatland gemacht. Und zwar am 8. Juli 2010. Alle Grenzen im gesamten Kosmos sind beseitigt, das neue Zeitalter der Herrschaft des kosmischen Sabbats ist angebrochen.

Dieser Einblick in die Gedankenwelt des Rev. Moon mag genügen. Er wäre durch eine Fülle von Einzelheiten und Zeremonien zu ergänzen, die wohl vor allem die persönliche Unentbehrlichkeit des Oberhaupts zementieren sollen, das von sich als „ich als Wahre Eltern“(!) spricht und immerhin beansprucht: „Die Wahren Eltern sind dafür verantwortlich, der gesamten Menschheit das ewige Leben zu bringen.“ Vom satanischen Erbe der Menschheit und der neuen Blutlinie des Messias Moon ist damit noch gar nicht die Rede gewesen. Doch ein tieferes Eindringen bedürfte für Außenstehende sicher größerer Anstrengung, zumal viele der verwendeten Begriffe auf Anhieb nur für Insider verständlich sind. Nach der Rede stand zum Schluss Erholung für die Sinne auf dem Programm, koreanische Folklore mit dem jungen Tanzensemble Little Angels.

Am Ende blieb der Eindruck einer Mischung zwischen Größenwahn, angemaßtem Prophetentum, Demagogie und Machismo – einer eigenen Welt. Die Botschaft wäre wohl atemberaubend, wenn sie denn jenseits der engen Kreise der „Familie“ gehört würde und Wirkung entfaltete. Das scheint aber nur sehr begrenzt der Fall zu sein. Die Moon-Bewegung zählt in Deutschland nach Angaben eines aktiven langjährigen Mitglieds 400 Familien (REMID gibt 800 Familien in zehn lokalen Gemeinden an, 2400 Personen, s. www.remid.de/remid_info_zahlen.htm).

Auf Büchertischen wurden große Mengen der jetzt auf Deutsch erschienenen Autobiografie Moons angeboten (Original 2009); außerdem hieß es, ein Mitschnitt der Veranstaltung werde demnächst zur Verfügung gestellt.


Friedmann Eißler