Esoterik

Gericht urteilt gegen Werbung für Mauertrocknung durch Magnetokinese

Esoterik ist nicht nur eine spirituelle Weltanschauung, sondern auch ein riesiger Markt, auf dem Bücher und Zeitschriften, Dienstleistungen und Essenzen, „alternative“ Heilmethoden und Mittel zur Lösung von Alltagsproblemen angeboten werden. Obwohl die behaupteten Wirkungen vieler Waren für den gesunden Menschenverstand unplausibel erscheinen und wissenschaftlich nachvollziehbare Erklärungen nicht vorhanden sind, handelt es sich um eine blühende Branche. Nur selten werden die Wirksamkeitsbehauptungen der Anbieter gerichtlich überprüft. Werbung mit falschen Wirksamkeitsbehauptungen ist im Prinzip nicht erlaubt, wird in der Praxis aber selten geahndet. Sicher fühlen können sich Anbieter insbesondere dann, wenn die Werbung geschickt genug formuliert ist, sodass eine Wirksamkeitsbehauptung zwar angedeutet wird, aber im Klartext dann doch uneindeutig und damit juristisch schwer fassbar bleibt.

Im Herbst 2013 erging nun ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt gegen die Firma Aquapol, die Mauerentfeuchtung durch „Magnetokinese“ verkauft (OLG Frankfurt, 6. Zivilsenat, Az: 6 U 195/10). Vorangegangen war die Klage eines Wettbewerbsverbandes gegen Aquapol.

Die Firma wurde 1985 gegründet. Besitzer ist der Wiener Scientologe Wilhelm Mohorn (geb. 1954). Bei der sogenannten „Magnetokinese“ (wörtlich in etwa „Bewegung durch Magnetismus“) handelt es sich um ein System, das laut Werbung schon in vielen Gebäuden in ganz Europa zur Mauerwerkstrocknung eingesetzt wurde und folgendermaßen funktioniert: „Es wird im Gebäude ein Gerät installiert, welches die aufsteigende Feuchtigkeit in den Mauern über bestimmte und in der Natur vorkommende Schwingungen beseitigt ... Der Empfangsteil empfängt ein natürliches geoenergetisches Kraftfeld. Diese angesaugte Bodenenergie wird im Sendeteil speziell umgewandelt und in den Wirkraum abgegeben. Zusätzlich fließt von oben Raumenergie ein und verstärkt das Gerät in seiner Wirkung, indem es die Stärke des abgegebenen Wirkfeldes erhöht“ (www.aquapol-deutschland.de). Manchmal ist auch die Rede von einem „gravomagnetischen Feld, das als natürliche Energie überall wirkt“. Dabei werde „das Mauerwerk weder durchgeschnitten, nicht chemisch injiziert, noch wird Fremdstrom verwendet“ (ebd.). Im Klartext bedeutete dies unter anderem ein Außerkraftsetzen des Energieerhaltungssatzes der Physik (perpetuum mobile), eines der Grundaxiome der Physik Isaac Newtons.

Nun hat das OLG Frankfurt entschieden, dass es sich dabei um eine wissenschaftlich nicht beweisbare und damit unzulässige Werbeaussage handelt, und verboten, dass das Unternehmen auf seiner deutschen Internetseite damit wirbt.

Interessant ist der Verlauf: Zunächst nämlich forderte das Gericht den Kläger auf, mit einem reproduzierbaren, wissenschaftlichen Prüfungsverfahren die Wirksamkeit des magnetokinetischen Geräts zu widerlegen. Der Kläger schlug vor, dies mithilfe durchfeuchteter Mauerwerksproben in einem Labor zu tun. Aquapol erklärte daraufhin jedoch, dass das Gerät nur mit Erdkontakt zu dem befeuchteten Mauerwerk funktioniere und dass der Versuch darum ungeeignet sei. Außerdem verwies man auf den Einfluss des Versalzungsgrades des Mauerwerkes auf die Messergebnisse und behauptete schließlich, es sei notwendig, das Gerät in einem Abstand von etwa 40 Metern zu der Mauer aufzustellen. Diese Einwände waren geeignet, jede sinnvolle Prüfung unmöglich zu machen, wie das Gericht daraufhin feststellte. Der vorgeschlagene Versuchsaufbau genüge anerkannten wissenschaftlichen Ansprüchen, die Aquapol aber ablehne, weil es die Wirkung auf natürliche Umweltenergien oder „Erdstrahlen“ zurückführe. Das Gericht verlagerte darum die Beweispflicht vom Kläger auf den Beklagten. Hieran scheiterte Aquapol. Da die Firma keine Wirkung seiner Geräte nachweisen konnte, erging das Werbeverbot.

Aquapol ist für den Esoterikmarkt typisch. Die Formulierung der eigenen Wirklichkeitssicht erfolgt mit einer Fülle naturwissenschaftlicher Begriffe, die für den Laien so klingen, als beruhe die Wirksamkeit auf zwar alternativen, aber dennoch seriös erforschten physikalischen Theorien. Diese klingen für die meisten Menschen ebenso unverständlich wie die lange zurückliegende wissenschaftlich anerkannte Physik seiner Schulzeit. Dieser Eindruck wird verstärkt, indem die Werbung auf die weite Verbreitung der Produkte und „wissenschaftlichen Studien“ verweist. Diese entpuppen sich dann aber allesamt als hauseigene bzw. aus dem näheren Umfeld stammende Publikationen (Werbebroschüren).

In der Vergangenheit hatte Wilhelm Mohorn gelegentlich versucht, Kritik an seinem Produkt juristisch zu bekämpfen. Dabei konnte er darauf vertrauen, dass die Beweispflicht für die Unwirksamkeit der Magnetokinese immer beim Kritiker liegen würde. Dadurch entsteht immer das Problem, dass esoterische Wirksamkeitsaussagen, auch wenn sie in naturwissenschaftlicher Begrifflichkeit auftreten, typischerweise darauf beruhen, dass sie naturwissenschaftliche Erkenntnismethoden gerade nicht anerkennen. Hierzu gehört zentral die Falsifizierbarkeit einer Behauptung. Damit ist, jedenfalls aus Sicht des esoterischen Denkens, eine Kritik an entsprechenden Aussagen unmöglich. Denn sie müsste ihre Berechtigung dadurch belegen, dass sie das nicht Falsifizierbare widerlegt.

Das vorliegende Urteil hat dieser Methode in diesem Fall einen Riegel vorgeschoben. Es bleibt abzuwarten, ob es als Präzedenzfall für ähnliche Verfahren dienen wird.


Kai Funkschmidt