Michael Utsch

Evolution des Bewusstseins?

Unterschiede zwischen evolutionärer und kontemplativer Bewusstseinsentwicklung

In verschiedenen weltanschaulichen Milieus breitet sich seit geraumer Zeit die Idee einer fortschreitenden, evolutiven Bewusstseinsentwicklung aus. Dabei wird besonders der so genannte „Integrale Ansatz“ von Ken Wilber aufgegriffen, mit den eigenen weltanschaulichen Grundannahmen verknüpft und dadurch weiterentwickelt. Dies gilt besonders für die moderne Anthroposophie und einige spirituelle Lehrer in der Satsang-Tradition.1 Integral meint bei Wilber vor allem die Verbindung von Theorie und Praxis, aber auch Interdisziplinarität und den interreligiösen Dialog. In einem umfassenden Sinne beabsichtigt Wilber mit seinem kosmologischen Ansatz, Natur- und Geisteswissenschaften und darüber hinaus Wissenschaft und Spiritualität miteinander zu versöhnen und auf ein gemeinsames, evolutionäres Prinzip zurückzuführen.2

Mit verständlichen Motiven versuchen im Darwin-Jahr zahlreiche Initiativen und Organisationen, das populäre Konzept der Evolution in ihrem Ansatz herauszustellen. So heißt es in dem aktuellen Einladungsflyer zum Kongress der Akademie Heiligenfeld über „Psychotherapie und Medizin mit Geist und Seele“, der im Mai 2009 stattfindet: „In der Evolution des menschlichen Bewusstseins ist ein Stadium erreicht, ‚Geist’ und ‚Seele’ in moderner und ganzheitlicher Weise in das Denken und Handeln von Medizin und Psychotherapie zu integrieren.“ Was ist mit „Evolution des Bewusstseins“ gemeint, und gibt es dafür belegbare Indizien? Stimmt es, dass sich ein Mensch durch den Wechsel in einen integralen Bewusstseinszustand – vielleicht unter Zuhilfenahme von „integraler Psychotherapie“ – spirituell weiterentwickeln kann?3 Wie ist aus biblisch-theologischer Sicht die Vorstellung der Bewusstseinsevolution einzuschätzen?

Aktuelle Tendenzen

Obwohl der Kontext der amerikanischen Lebenskultur in Wilbers Ansatz unübersehbar ist (und zunehmend deutlicher wird4), entstand schon 1998 in Deutschland der „Arbeitskreis Ken Wilber“, der seine Gedanken intensiv diskutierte und Kongresse und Tagungen durchführte, wodurch der Integrale Ansatz sich weiter ausbreitete.5 2006 wurde der Arbeitskreis in „Integrales Forum“ umbenannt, um die Bereitschaft zum Austausch mit ähnlich Denkenden aus anderen weltanschaulichen Milieus zu signalisieren. Knapp 20 deutschsprachige Regionalgruppen treffen sich seitdem regelmäßig zum Gedankenaustausch in sog. „Integralen Salons“.6 Im September 2008 wurde in Zusammenarbeit mit dem „Integralen Forum“ in Frankfurt „Die Integrale Akademie“ gegründet, um Modelle integraler Theorie und Praxis auszutauschen, zu vernetzen und weiterzuentwickeln.7 Unterstützung finden diese Initiativen durch die Online-Plattform www.integrale-bibliothek.info. Die drei deutschen Herausgeber fühlen sich der Philosophie und dem Werk Ken Wilbers verpflichtet und wollen die Integrale Theorie und Wissenschaft im deutschsprachigen Raum anwenden und fortführen. Dazu geben sie einen Newsletter heraus, veröffentlichen ein Online-Journal und stellen wissenschaftliche Arbeiten über Coaching, Philosophie, Pädagogik, Psychotherapie, Organisationsentwicklung, Kunst, Politik, Spiritualität bereit – alles natürlich aus integraler Perspektive.

Wichtige Impulse gehen seit 2006 auch von einer jährlich stattfindenden Herbsttagung aus, die eine Plattform für den Gedankenaustausch von Wilbers Integralem Ansatz geworden ist.8 Die Referentenliste der Frankfurter Herbsttagung 2008 dokumentiert deutlich die weiter gewachsene Vielfalt der weltanschaulichen Hintergründe: Annette Kaiser (Sufi-Lehrerin), Jens Heisterkamp (Herausgeber des anthroposophischen Magazins „info3“), Thomas Steininger (Schüler von Andrew Cohen und Herausgeber der deutschen Ausgabe von „EnlightenNext“), Christoph Quarch (Schüler von Willigis Jäger) u. a. Der Schwerpunkt dieser dritten Frankfurter Herbstakademie lag auf dem Brückenschlag von evolutionärer Spiritualität und ihrer jüdisch-christlichen Tradition. Dieses Erbe habe mehr zu bieten als ein „konservativ-mythisches Gottesbild“, so hieß es in der Einladung.9 Authentisch gelebte spirituelle Erfahrung sei auch auf diesem Hintergrund zu finden.10

Die christliche Spiritualität erlebt aber in der integralen Perspektive eine markante Umdeutung. Zutreffend führt etwa Christoph Quarch in seinem Beitrag aus, dass die christliche Heilsgeschichte keinen Platz für evolutionäres Denken biete, weil Gott Ursprung und Ziel des Menschen sei. Dennoch versucht er das evolutionäre Konzept für sein Verständnis von Christentum zu retten, indem er den Einfluss der griechischen Philosophie als Inspiration und Weiterentwicklung für den christlichen Glauben darstellt. Hier ist philosophische Hermeneutik an den Platz biblisch-theologischer Schriftauslegung getreten.11

Eine weitere Ausdehnung des weltanschaulichen Spektrums ist jetzt schon abzusehen: Als ein Hauptreferent für die Anfang Mai 2009 in Bremen stattfindende Jahrestagung des „Integralen Forums“ ist der Satsang-Lehrer Thomas Hübl angekündigt. Er ist hierzulande einer der wenigen spirituellen Lehrer, die in ihrer Arbeit ausdrücklich auf die integralen Konzepte Wilbers zurückgreifen. Als Hauptredner des in der Nähe von Bremen stattfindenden „Celebrate Life Festivals“ lockt er jährlich etwa 800 Besucher an.12 Vor kurzem hat er eine „Academy of Inner Science“ gegründet, die unter anderem den dreijährigen Ausbildungsgang „Timeless Wisdom Training“ anbietet. Vom 23.-25. Mai 2009 lädt diese Akademie zu einer Tagung in die esoterische Findhorn-Gemeinschaft ein, bei der Thomas Hübl mit seinen Gästen Andrew Cohen und Ken Wilber (per Telefon-Konferenzschaltung) die Tagungsteilnehmer auf eine Reise „zu den Grenzen des Bewusstseins“ führen will.13

Was will Wilber?

Der heute sechzigjährige Wilber hat eine beeindruckende Zahl an Publikationen vorgelegt – von seinen Fans wird er als einer der am meisten gelesenen und übersetzten akademischen Autoren in den USA gefeiert.14 1977 veröffentlichte er sein erstes Buch „Spektrum des Bewusstseins“ (dt. 1983), nachdem er zuvor sein Promotionsvorhaben in Biochemie aufgegeben hatte. Es handelte sich dabei um den ambitionierten Versuch, die westliche Psychologie mit der östlichen Erfahrung außergewöhnlicher Bewusstseinszustände in eine systematische Gesamtschau zu bringen. Im Jahr 1995 (dt. 1996, Taschenbuchausgabe 2005) legte Wilber den ersten Teil einer Trilogie vor. In „Eros, Kosmos, Logos – eine Jahrtausend-Vision“ beschrieb er die evolutionäre Entwicklung von der Materie zum Leben, zum Geist und darüber hinaus. Im Jahr 2000 (dt. 2001) erschien „Integrale Psychologie: Geist, Bewusstsein, Psychologie, Therapie“. In diesem Buch stellte Wilber auf der Grundlage seines integralen Paradigmas eine neue Psychologie als umfassende Seelenkunde vor. In seinem aktuellen Hauptwerk „Integrale Spiritualität (2006, dt. 2007) wendete er den Integralen Ansatz auf die Spiritualität an. Damit will er ein weiteres Mal belegen, wie die in östlichen Religionen verwendeten Praktiken zur Kultivierung höherer Bewusstseinszustände gut mit den modernen westlichen Wissenschaften kombiniert werden können, insbesondere der Psychologie.

Der Integrale Ansatz Wilbers ist komplex und hat sich stufenweise über Jahrzehnte weiterentwickelt. Wilber hat über 100 verschiedene Modelle der Entwicklung in sein System integriert und behauptet, damit alle Wissenschaftszweige abdecken zu können. Sein AQAL-System, das er seit kurzem auch IBS – „Integrales Betriebssystem“ nennt, soll als präzise Landkarte das gesamte Wissen über die Bewusstseinsentwicklung der Menschheit abbilden können. AQAL ist eine Abkürzung für „alle Quadranten, alle Ebenen“, was wiederum eine Abkürzung für „alle Quadranten, alle Ebenen, alle Linien, alle Zustände, alle Typen“ sein soll. Mit einer umfassenden, fünfdimensionalen Matrix, die hier wegen ihrer Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit nicht dargestellt werden kann, glaubt Wilber die Komplexität des Lebens erfassen zu können.15

Basis für dieses Modell ist der Gedanke evolutiver Entwicklung. Wilber geht davon aus, dass die Zunahme von Komplexität in den evolutionären Entwicklungsstufen auch mehr Bewusstheit mit sich bringt und ein Grundgesetz der Evolution sei. Ausdrücklich bezieht er in sein Entwicklungsmodell auch religiöse Weisheiten mit ein. Er will das Relative wissenschaftlicher Fakten mit dem Absoluten spiritueller Erkenntnisse verbinden und hat dafür die Bezeichnung „evolutionäre Erleuchtung“ geprägt. Immerhin räumt Wilber ein, dass menschliches Leben an Raum und Zeit gebunden ist. Das Endziel der Entwicklung sieht er in einem erleuchteten Bewusstseinszustand, den er als umfassende und höchste spirituelle Verwirklichung von Einssein auf der jeweiligen Bewusstseinsstufe definiert.16 In Anlehnung an die religiösen Weisheitslehren unterscheidet Wilber die Bewusstseinszustände grobstofflich, subtil, formlos und nondual. Diese wechselhaften und vorübergehenden Zustände sollen sich auf länger andauernden, unterscheidbaren Entwicklungsstufen einstellen können. Grundsätzlich unterscheidet Wilber drei Ränge, die er neuerdings an den Farben des Regenbogens orientiert. Ein sehr breiter Rang eins von Infrarot bis Grün umfasst alle Stufen vom primitiven, infantilen bis zum postmodernen, pluralistischen Bewusstsein. Der zweite Rang von Petrol bis Türkis repräsentiert einen radikalen Sprung in ganzheitliche, integrale Formen des Bewusstseins. Der dritte Rang von Indigo bis Violett reicht in noch höhere Sphären des transpersonalen, kosmischen oder erleuchteten Bewusstseins.17

Integrale Spiritualität

Was ist der Anspruch des autodidaktischen „Universalgelehrten“? Die Integrale Theorie will ausdrücklich ein systematisches Modell für eine holistische Welterklärung sein. Sie ist unter anderem auf der Annahme aufgebaut, dass der Mensch neben dem personalen Tagesbewusstsein auch über andere natürliche Bewusstseinszustände verfügt. Als der wichtigste gegenwärtige Vertreter der Integralen Theorie18 vertritt Wilber die Auffassung, dass auch mystische und spirituelle Erfahrungen Wissen über die Natur vermitteln können und deshalb in einem umfassenden Weltmodell ebenso wie wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden müssen. Mittels geeigneter Übungsmethoden wie der Meditation sei es sogar möglich, diese intersubjektiv zu überprüfen. Wilber begründet dies mit der Ähnlichkeit spiritueller Erfahrungen quer durch alle Kulturen und Epochen sowie ihrer prinzipiellen Zugänglichkeit durch meditative Praxis.19

Deshalb ist es folgerichtig, dass er in neueren Veröffentlichungen stärker die Vorstellung von „Erleuchtung“ in seine Überlegungen mit einbezieht. Wilber ist davon überzeugt, dass durch seinen Integralen Ansatz, den er mit seinem Buch „Integrale Spiritualität“ auf den Bereich der Religionen und der Spiritualität ausgedehnt hat, eine tatsächliche Transformation der Menschheit möglich wird. Mit seinem Ansatz als umfassender „theory of everything“ verbindet er den Anspruch, ein überprüfbares wissenschaftliches Modell und eine praktische Anleitung zur „eigenen Erfahrung von Bewusstsein, Wachstum, Transformation und Erwachen“20 anzubieten. Entgegen früherer Polemik werden hier die großen Religionen sowohl im Osten als auch im Westen als potentielle Förderer der menschlichen Entwicklung gesehen, wenn sie ihre bisherigen Glaubenssysteme durch eine integralere Sicht erweitern. Nach einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Christentum sucht man aber in diesem Buch vergebens. Zwar wird das Zweite Vatikanische Konzil als eine Abkehr von mythisch-dogmatischer Spiritualität lobend erwähnt. Mit dem radikalen Konzept der christlichen Lebensumkehr durch Buße, Bekehrung, Taufe und Nachfolge Jesu und ihren wirkmächtigen Folgen hat sich Wilber aber offensichtlich noch nicht beschäftigt.

Integrale Lebenspraxis

Wilber geht davon aus, durch seine Überlegungen eine modellhafte Landkarte des menschlichen Bewusstseins entwickelt zu haben, die alle Bereiche der Wirklichkeit umfasst. Eine wachsende Zahl von Anhängern will das nicht nur theoretisch wissen, indem sie Wilbers Bücher kauft. Viele schließen sich dem Übungsfeld einer Integralen Lebenspraxis „ILP“ zur individuellen Bewusstseinstransformation an. Auf der entsprechenden Internetseite www.myilp.com wird zunächst Wilber zitiert: „Erleuchtung ist ein Zustand, in dem wir wahrhaftig und gegenwärtig sind. Das ILP-Kit bietet spirituelle Praktiken, die unsere innere Präsenz öffnen. Das ist der einfachste Weg, ins Jetzt aufzuwachen.“ Hochprofessionell wird das ILP-Paket angepriesen, das aus fünf DVDs, zwei CDs, drei Büchern, einem Poster und einminütigen Übungsmodulen besteht. Begeisterte Anwender wie Anthony Robbins oder Bill Harris berichten vom persönlichen Nutzen, die ihnen durch die Anwendung der Integralen Lebenspraxis zugewachsen sei. Im Moment bietet die Firma einen 50-prozentigen Rabatt auf das ILP-Paket an – es kostet 199 US-Dollar und schließt acht zusätzliche Geschenke ein.

Versprochen wird nicht weniger als ein erleuchtetes Bewusstsein: „Millionen haben von Eckhart Tolles Geschichte eines spontanen Erwachens in einen überbewussten Zustand gehört – ein zeitloser, transzendentaler Zustand. Die Mystiker sind überzeugt davon, dass dieses ‚Jetzt’ die Tür zur Erlösung ist, und die Mystiker haben recht ... Das ILP-Kit wird dir helfen zu verstehen, wie Du diesen Zustand schneller erreichst und ausdauernd beibehälst, ... warum Du manchmal aus dem „Jetzt“ herausfällst ... und wie Du diese Verwirklichung in dein alltägliches Leben integrierst.“21

Zur gesellschaftlichen Umsetzung und praktischen Weiterführung der integralen Vision gründete Ken Wilber in Boulder, Colorado, das „Integrale Institut“.22 Dazu konnte er bekannte Vertreter aus Wissenschaft, Kultur und Religion als Mitarbeiter gewinnen: Politiker wie Bill Clinton oder Al Gore befassen sich mit dem Integralen Modell, ebenso Künstler wie Anselm Kiefer oder der Bestsellerautor John Gray und die Wachowski-Brüder (Produzenten des Films Matrix).

Wilber ist ein erfolgreicher Vermarkter seiner eigenen Gedanken, die zunehmend auch in Deutschland umgesetzt werden. Auf den folgenden spezifischen Anwendungsfeldern ist man derzeit bemüht, den Integralen Ansatz umzusetzen: Integrales Business, Fachgruppe Frauen, Integrale Medizin, Friedensarbeit sowie integrale Politik.23 Auch in vielen anderen Ländern sind in den letzten Jahren Institute entstanden, die den Ansatz in ihrer Region anbieten.

Bemerkenswert selbstbewusst, anregend – und voller Irrtümer

Wilber ist von der Richtigkeit seiner Integralen Theorie so sehr überzeugt, dass er ähnlich ausgerichtete Angebote unverhohlen kritisiert: „Es ist enttäuschend zu sehen, wie selbst die jüngsten Versuche, Ost und West zusammenzubringen (Mind and Life Institute, Shambhala Institute) es versäumen, alle Facetten mit einzubeziehen. Wie nützlich wäre hier ein AQAL-Ansatz.“24 Einerseits zeigt Wilber die Netzwerkstruktur der Bewusstseinsevolution für viele Bereiche auf. Allerdings will er der einzige sein, der die Koordinaten festlegen und die Richtung bestimmen darf, weil nach seiner Überzeugung alle anderen Ansätze unterentwickelt sind: „Überall wird das verheißungsvolle Versprechen von spiritueller Intelligenz verkrüppelt, gekappt und gekreuzigt ... Es bleibt auf der mythischen Kindheitsebene eingesperrt ... abgetrennt vom restlichen Kosmos (der Quadranten, Ebenen, Linien, Zustände und Typen) ... Wann hört das auf? Wann fängt die eigene, tiefste Zukunft an?“ Und Wilber beendet sein Buch mit einer poetischen Aufforderung: „Eine neue Zeit ist angebrochen, ein neuer Tag dämmert herauf, ein neuer Mann, eine neue Frau zeigen sich am Horizont. Wollen Sie, Arm in Arm mit Eros selbst, auf dem höchsten Gipfel stehen, in neues Gelände Ihrer eigenen tiefsten und höchsten Möglichkeit vordringen und dabei die Welt verändern, dann schließen Sie sich uns bitte unter www.integralinstitute.org an.“25

Es ist bemerkenswert, wie konsequent und zielstrebig Wilber seine Mission verfolgt. Dabei rückt neben der theoretischen Weiterentwicklung des Ansatzes zunehmend die praktische Umsetzung ins Zentrum. Wilbers Integrales Institut bietet zahlreiche Seminare und Workshops für „Integrale Lebenspraxis“ an. Wie könnte es anders sein – auch die Übungspraxis ist streng systematisiert und beruht im Wesentlichen auf den vier Kernmodulen Körper (z. B. Aerobics), Verstand (z. B. studieren), Geist (z. B. Meditation), Schatten (z. B. Psychotherapie).

Ganz richtig hat Wilber erkannt, dass Meditation auch zum Ausweichen vor inneren Konflikten missbraucht werden kann. Deshalb ist es zu begrüßen, dass der Arbeit mit verdrängten Impulsen und dem eigenen Unbewussten im Rahmen des Kernmoduls „Schatten“ eine hohe Priorität eingeräumt wird. Allerdings wird hier Psychotherapie auf eine naive Pragmatik reduziert, die dem leidvollen Erleben neurotischer Fehlhaltungen in keiner Weise gerecht wird: „Der 3-2-1-Prozess ... wurde entwickelt, um zum eigenen persönlichen Schattenmaterial Zugang zu bekommen und es zu integrieren, indem wir den Schatten von Symptomen der dritten Person zur Präsenz der zweiten Person zum Bewusstsein der ersten Person umwandeln.“26 Drei, zwei, eins, Schatten weg – wenn Psychotherapie so einfach wäre ...

Das Problem des Bewusstseins kann Wilber nicht auflösen

Das Geheimnis des menschlichen Selbstbewusstseins haben vor Wilber viele bearbeitet. In der Religionsphilosophie, der Psychologie und der Neurobiologie werden heute sehr unterschiedliche Konzepte von Bewusstsein diskutiert, die übrigens von der Integralen Theorie Wilbers keine Notiz nehmen, weil sie nicht den akademischen Regeln entspricht. Besonders in der Hirnforschung und in der Philosophie des Geistes sind in letzter Zeit Fortschritte erzielt worden27, jedoch ohne dass man zu einer allgemeingültigen Theorie des Bewusstseins gelangt wäre. Durch die intensive Zusammenarbeit der beiden Disziplinen entstanden Denkansätze einer Neurophilosophie und neue Lösungsversuche für das alte Gehirn-Geist-Problem, in denen auch theologische Einsichten Berücksichtigung finden.28 Fest steht jedoch: Das subjektive Erleben entzieht sich nach wie vor einer rein naturwissenschaftlichen Erklärung. Wilbers zahlreiche spekulative Erläuterungen zu dieser Thematik führen nicht weiter, weil er einen grundlegenden Kategorienfehler macht. Kontemplative Einsicht und naturwissenschaftliche Erkenntnis sind nicht in ein gemeinsames System zu pferchen und miteinander zu verrechnen. In der (post-)modernen Wissenschaftstheorie hat man sich von dem Anspruch verabschiedet, ein allgemeingültiges Modell der Wirklichkeit erstellen zu können.29 Wilbers Systemdenken ist unzeitgemäß und speist sich im Wesentlichen aus gnostisch-esoterischen Quellen, die aller naturwissenschaftlichen Erkenntnis zumindest skeptisch gegenüberstehen.30

Psychologische Kritik an Wilbers Ansatz bezieht sich besonders darauf, dass er seine Behauptung, das Leib-Seele-Problem zu enträtseln, nicht einlösen kann.31 Wilbers „transpersonale Systemspekulation“ wird mit Recht kritisiert. Manche sehen das Hauptproblem in einer Verdinglichung des Transpersonalen und weisen auf die erkenntnistheoretische Sackgasse hin, die letzten Wahrheiten des Menschseins in einem „Super-Szientismus“ erfassen zu wollen.32

Eine kontemplative Haltung anstelle evolutionärer Erleuchtung

Mit seinem scheinbar nicht zu bremsenden Enthusiasmus stellt Wilber mit seiner Integralen Theorie trotz vieler Denkfehler anregende Anfragen an den christlichen Glauben und die Theologie. Besonders der Fokus auf der praktischen Verwirklichung und die Betonung des gemeinschaftlichen Erlebens beeindrucken. Genau das aber sind auch Elemente der umgestaltenden Kraft des christlichen Glaubens. Anders jedoch als in der Integralen Lebenspraxis, wo der Alltag sich durch den angeblichen Bewusstseinszustand der Erleuchtung verändern soll, bleiben die Veränderungen des „neuen Menschen in Christus“ (Kol 3,1-17) zeichenhaft und fragmentarisch und stehen in dem größeren Zusammenhang eines zukünftigen Heils. Immer aber ist der Einzelne emotional, kognitiv und willentlich beteiligt. Nach christlichem Verständnis ist der Mensch als eigenständiger Partner Gottes gedacht. Dabei geht es nicht um evolutionäre Erleuchtung in einen gottähnlichen Status. Wenn ein Mensch sich von Gott wertgeschätzt und geliebt erfährt, wächst der Wunsch nach mehr Gemeinschaft mit seinem Schöpfer. Die verborgene Gegenwart Gottes eröffnet sich jedoch nicht durch veränderte Bewusstseinszustände, sondern durch kontemplative Schriftbetrachtung und aufmerksames Gebet.

Ein amerikanischer Religionsphilosoph hat dem Integralen Ansatz aufgrund philosophischer Bedenken in grundsätzlichen Punkten widersprochen.33 Er fragt, auf welcher Grundlage Wilber eine Erfahrung des gesamten Kosmos interpretieren könne, wenn doch auch die Möglichkeit besteht, dass Gott außerhalb des geschaffenen Kosmos existiert. Ob es eine Wirklichkeit jenseits der materiellen und spirituellen Welt gebe, könne weder bewiesen noch widerlegt werden. Wilber hingegen setze voraus, dass über den Bereich des nondualen Kosmos hinaus die Wirklichkeit aufhöre. Wilber werte theistisch-dualistische Positionen ab, die von der Begegnung mit einem Wesen außerhalb des nondualen Kosmos überzeugt sind, mit anderen Worten von der Begegnung mit einem transzendenten Gott. Auf welcher erkenntnistheoretischen Grundlage, so fragt Adams, sei eine solche spirituelle Erfahrung in Wilbers Augen weniger wertvoll als eine Erfahrung der Nondualität? In Wilbers Modell rangiere der Theismus auf „mythischem“ Niveau der Bewusstseinsentwicklung und befinde sich damit um einige Stufen niedriger als der nonduale Wahrnehmungsmodus im Spektrum des Bewusstseins. Das ist eine willkürliche Setzung, die einer persönlichen weltanschaulichen Präferenz geschuldet ist, nicht aber plausiblen Gründen folgt.

Darüber hinaus hat Wilber die Unhintergehbarkeit des sprachlichen Horizontes zu wenig reflektiert. Der Anspruch, die Wirklichkeit in einem stimmigen System abbilden zu können, ist schlicht vermessen. Nicht umsonst haben sich mystische Autoren immer wieder des Stilmittels des Paradoxons bedient, um ihre überraschenden Erfahrungen zu beschreiben. Aus theologischer Sicht sind Gottes Heiligkeit und Unaussprechlichkeit nicht an die Begrenztheit menschlicher Erkenntnis und Sprache gebunden. Wesen und Wirklichkeit Gottes können niemals verstanden, allenfalls indirekt erschlossen werden. Die Bibel weiß um das begrenzte Erkennen des Menschen. Zwar weist die Schöpfung eindringlich auf ihren Schöpfer hin. Paulus schreibt: „Sie hätten ja vor Augen, was von Gott erkannt werden kann; Gott selbst hat es ihnen vor Augen geführt. Denn was von ihm unsichtbar ist, seine unvergängliche Kraft und Gottheit, wird seit der Erschaffung der Welt mit der Vernunft an seinen Werken wahrgenommen“ (Röm 1,19–20). Und weiter: Obwohl sie Gott erkannten, dankten sie ihm nicht, „ihr unverständiges Herz verfinsterte sich ... sie tauschten die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes gegen das Abbild eines vergänglichen Menschen ...“ Sie „dienten dem Geschöpf statt dem Schöpfer ...“ (Röm 1,21.23.25). Gott greift zwar in die geistige Welt des Bewusstseins ein, er ist nach biblischem Zeugnis aber nicht Teil von ihr.34 Diese grundlegende Unterscheidung des christlichen Weltbildes gerät gerade in gnostisch-esoterischen Ansätzen leicht aus dem Blick.

Das christliche Leben ist von einer dialogischen Struktur geprägt. Der um sich selbst kreisende Mensch nimmt den Anruf Gottes wahr, der ihn zu einer persönlichen, vertrauensvollen Beziehung zu seinem Schöpfer einlädt. Dabei ist jedoch das Einüben einer kontemplativen Haltung nötig, um die verborgene Wirklichkeit Gottes wahrnehmen zu können. Das Wagnis des Glaubens ist kein berechenbarer Prozess evolutionären Fortschreitens, sondern ein Zusammenspiel erwartungsvollen Vertrauens mit dem unverfügbaren Wirken des Heiligen Geistes. Ein christliches Bewusstsein unterliegt keiner Evolution im Sinne Wilbers, sondern kann besser poetisch mit Johannes vom Kreuz als „Angleichung an den Geliebten“ verglichen werden.35


Michael Utsch


Anmerkungen

1 Auf der Internetpräsenz der anthroposophischen Zeitschrift „info3“ sind eigens die Artikel der letzten Jahre zusammengestellt worden, die über den Integralen Ansatz von Wilber veröffentlicht wurden (vgl. www.info3.de/ycms/projekt_32.shtml). Dort heißt es: „Als Vertreter der Impulse von Steiner, Wilber und Cohen arbeiten wir in gegenseitigem Respekt und voller Interesse für einander zusammen, schreiben, organisieren gemeinsame Veranstaltungen und unterstützen uns gegenseitig im Aufbau unserer vernetzten Strukturen – ein Prozess, von dem wir selbst noch nicht wissen, wohin er uns führen wird!“ Als spirituelle Lehrer in der Satsang-Tradition sind neben Andrew Cohen besonders Thomas Hübl und Christian Meyer zu nennen, die auf Wilber Bezug nehmen (vgl. Christian Meyer, Sieben Schritte zum Aufwachen, http://if.integralesforum.org/index.php?id=242).

2 Der Entwurf einer integralen Weltsicht oder umfassenden „Integralen Theorie“ ist keine Eingebung von Wilber, sondern knüpft an den „Integralen Yoga“ von Sri Aurobindo (1872-1950) und das Stufenmodell von Jean Gebser (1905-1973) an. Gebser führte bereits 1953 in seinem Werk „Ursprung und Gegenwart“ den Begriff des „Integralen“ ein und sah die nächste Stufe der kulturellen Entwicklung anbrechen. Gemeinsam ist diesen philosophisch-spirituellen Weltanschauungen, dass sie versuchen, eine umfassende Sicht des Menschen und der Welt zu entwickeln und dazu östliche und westliche Weltsichten bzw. spirituelle Einsichten und wissenschaftliches Denken integrieren wollen.

3 Zu Ansätzen einer transpersonalen oder „integralen“ Psychotherapie vgl. Wulf Mirko Weinreich, Integrale Psychotherapie, Leipzig 2005; Ulrike Hundt, Die spirituelle Haltung in der Psychotherapie, in: Transpersonale Psychologie und Psychotherapie 13/2007, 5-16; Edgar W. Harnack, Transpersonale Verhaltenstherapie. Aktion aus Kontemplation, in: Wege zum Menschen 60/2008, 145-157. Eine Beschreibung transpersonaler Entwicklungspsychologie liefert ein im Internet zugänglicher Aufsatz von Susanne Cook-Greuter, Gründungsmitglied von Ken Wilbers Integralem Institut in Denver/Colorado, die seit kurzem auch Präsidentin der Integralen Akademie in Frankfurt ist: Selbst-Entwicklung – neun Stufen des zunehmenden Erfassens, in: integral-informiert 14/2008, 21-64 (vgl. www.rolflutterbeck.de/wilber/cg.pdf).

4 Damit spiele ich vor allem auf die Vermarktung von Wilbers Idee an. Wenn man – besonders in den USA – tiefe spirituelle Erfahrungen verspricht, scheint das die Kundschaft anzulocken. Aus deutscher Perspektive wirkt es beispielsweise peinlich, dass an zahlreichen Stellen in Wilbers aktuellem Buch (Integrale Spiritualität, München 2007) die Angebote des eigenen Weiterbildungsinstituts angepriesen werden und die Leserschaft mit der entsprechenden Internetadresse direkt zur Buchung entsprechender Kurse aufgefordert wird.

5 Eine systematische Einführung bietet Michael Habecker, Ken Wilber – die integrale (R)Evolution, Frankfurt 2007.

6 Vgl. http://if.integralesforum.org.

7 Die Akademie wurde als Kooperation vom „Integralen Forum“ mit der „Integralen Initiative Frankfurt“ gegründet, vgl. www.ii-frankfurt.de.

8 Vgl. www.herbstakademie-frankfurt.de.

9 Grundlagentexte, die auf dieser Tagung diskutiert wurden, sind abzurufen unter www.herbstakademie-frankfurt.de.

10 Eine Zeitschrift, die dem Grundanliegen Wilbers einer integralen Revolution schon lange Rechnung trägt, ist das Magazin „EnlightenNext“ (früher „What is Enlightenment?“). Über mehrere Jahre wurde eine Gesprächsfolge zwischen Andrew Cohen und Ken Wilber abgedruckt. Anders als etwa das Magazin „Connection“ mit seiner dezidiert kirchenfeindlichen Haltung kommen hier aber auch christliche Stimmen zu Wort, die in die eigene Programmlinie passen. Zum Beispiel wurde ein engagiertes Entwicklungshilfeprojekt des bekannten evangelikalen Pastors Rick Warren in Ruanda wohlwollend vorgestellt (Die Vision des Friedens, in: What ist Enlightenment? 23/2007, 24-26).

11 Quarch erklärt das fehlende evolutionäre Denken in der biblischen Heilsgeschichte folgendermaßen: „Denn es gibt darin in keiner Weise das Motiv einer Entfaltung – eines sich Entwickelns in Raum und Zeit hin zu immer mehr Klarheit, Bewusstheit, Durchsichtigkeit.“ Dem ist entgegenzuhalten, dass das Ziel der christlichen Persönlichkeitsentwicklung nach biblisch-theologischem Verständnis in der Umformung des inneren Menschen zu mehr Christusförmigkeit besteht. Das ist wahrlich ein fortschreitender, lebenslanger Veränderungsprozess, der durchaus zu mehr Klarheit, Bewusstheit und Durchsichtigkeit führt!

12 Interviews mit Thomas Hübl sind in Internet-Videos bei Jetzt-TV zu sehen: www.jetzt-tv.net/index.php? id=huebl.

13 Vgl. www.findhorn.org/awakenedculture. Zur Beschreibung der weltanschaulichen Hintergründe vgl. www.relinfo.ch/findhorn/info.html

14 Vgl. Michael Utsch, Wie christlich ist die Transpersonale Psychologie? In: MD 10/2006, 385-388; ders., Stichwort: Transpersonale Psychologie, in: MD 2/2009, 70-73. Obwohl Wilber erst vor kurzem ein neues, umfangreiches Werk über „Integrale Spiritualität“ (München 2007) vorgelegt hat; scheint der Schreibstrom nicht zu erliegen. Für den 30.3.2009 ist eine Kurzfassung als Einführung in sein Modell in deutscher Übersetzung angekündigt (Integrale Vision, München 2009). Im September 2009 wird ein frühes Werk aus dem Jahr 1981, „Halbzeit der Evolution: Eine interdisziplinäre Darstellung der Entwicklung des menschlichen Geistes“, mit neuem Vorwort als Taschentuch bei Fischer erscheinen.

15 Als Systemfanatiker hat Wilber seine Modelle immer wieder überarbeitet und weiterentwickelt. Der aktuelle Stand seiner Überlegungen findet sich in seiner aktuellen Publikation wieder: Integrale Spiritualität, München 2007.

16 Ebd., 329ff.

17 Das anschauliche Farbspektrum lädt dazu ein, plakativ nach der Bewusstseinsstufe einer Person zu fragen. Weil besonders die amerikanischen „Integralen“ nach Zeichen einer gesamtgesellschaftlichen Transformation suchen, werden Leitpersonen in Kultur und Politik daraufhin untersucht. In der integralen „Community“ wird das natürlicherweise in die Frage übersetzt: Ist Obama integral? Dazu Wilber: „Eine integrale Analyse seiner Antrittsrede offenbarte tatsächlich einen hohen Prozentsatz von integral-umfassender Sprache und Ideen. Tatsächlich scheint Obama irgendwann im Laufe der Kampagne von Ende Grün zum Anfang der petrol-farbenen Stufe gegangen zu sein“ (Quelle: Integral Life Webseite, zit. nach integral informiert 16/2009, 7).

18 Neben Wilbers Integraler Theorie wird in diesem Kreis gerne auf die Anthroposophie Rudolf Steiners und Andrew Cohens „Evolutionary Enlightenment“ zurückgegriffen, vgl. andrewcohen.com. Einblicke in die deutschsprachige Ausgabe seiner Zeitschrift „EnlightenNext“ sind zu finden unter www.wie.org/de. Eine kritische Einschätzung zu Andrew Cohen und seiner Gemeinschaft stammt von Angelika Koller (Die aktuelle Debatte um Andrew Cohen, in: MD 11/2005, 425-430).

19 Schon in seinem früheren Buch „Die drei Augen der Erkenntnis“ (1983, dt. München 1988) unterschied er drei verschiedene Erkenntniswege (Epistemologien), von denen in den westlichen Naturwissenschaften nur zwei etabliert seien. Mit empirischen Methoden könnten Dinge und Sinnesdaten erfasst werden, mit psychologischer Beschreibung und Erklärung seelische Prozesse verstanden werden. Als dritten Erkenntnisweg würdigt er die meditative Kontemplation, die ein direktes Erfahrungswissen ermögliche.

20 Ken Wilber, Integrale Spiritualität, München 2007, 52.

21 So die Startseite von www.myilp.com am 28.2.2009. Das ILP-Kit umfasst ein Übungs-Modul zur Körperarbeit, ein spirituelles Modul mit spezifischen Meditationsübungen und ein Schatten-Modul, um verborgene oder verdrängte Schattenseiten des Selbsts zu erkennen und zu integrieren.

22 Allgemeine Informationen zu Wilber sind zu finden unter www.kenwilber.com. Wilber hat ein Ausbildungsinstitut mit universitärer Anbindung ins Leben gerufen, das durch eine Spende in Millionenhöhe gut ausgestattet werden konnte (www.integralinstitute.org). Verbreitung findet sein Ansatz auch durch eine modische, interaktive Internetseite, ein „multimediales Portal zum integralen Bewusstsein“ (www.integralnaked.com). Zu kritischen Aspekten seiner Lehre vgl. Michael Utsch, Erforschung des Übermenschlichen: Die transpersonale Psychologie, in: R. Hempelmann u. a. (Hg.), Panorama der neuen Religiosität, Gütersloh 22005, 189-194.

23 Einzelheiten unter http://if.integralesforum.org/index.php?id=397.

24 Ken Wilber, Integrale Spiritualität, München 2007, 421.

25 Ebd., 369.

26 Ebd., 281.

27 Vgl. Christian Geyer, Hirnforschung und Willensfreiheit, Frankfurt a. M. 2004; Carsten Könneker (Hg.), Wer erklärt den Menschen? Frankfurt a. M. 2006, Colin McGinn, Wie kommt der Geist in die Materie? München 2001; Thomas Metzinger, Bewusstsein. Beiträge aus der Gegenwartsphilosophie, Paderborn 52005, Thomas Metzinger, Grundkurs Philosophie des Geistes 1: Das phänomenale Bewusstsein, Paderborn 2006, 2: Das Leib-Seele-Problem, Paderborn 2007; Rüdiger Vaas / Michael Blume, Gott, Gene und Gehirn, Stuttgart 2009. Bemerkenswert deutlich und differenziert ist der Bericht des Ausschusses für Technikfolgenabschätzung für den Deutschen Bundestag ausgefallen. Im Projekt Hirnforschung wird unterstrichen, dass „weitreichende Thesen zur Determination geistiger Vorgänge durch neuronales Geschehen im Gehirn und zum illusionären Charakter der Willensfreiheit bisher empirisch nicht hinreichend gestützt sind. Sowohl Neurowissenschaftler als auch Vertreter der Geistes- und Kulturwissenschaften stehen vor dem Problem der Übersetzung von Mentalem in Neuronales ... Bedeutungsinhalte des Bewusstseins sind gesellschaftlich konstruiert und über Sprache und Schrift oder andere Symbolsysteme objektiviert. Wie dies auf neuronaler Ebene realisiert wird, ist bisher unverstanden“ (Drucksache 16/7821 vom 22.1.2008).

28 Hans Goller, Das Rätsel von Körper und Geist, Darmstadt 2003; Ulrich Lüke, Das Säugetier von Gottes Gnaden, Freiburg i. Br. 2006; Michael Pauen, Was ist der Mensch? Paderborn 2007.

29 Harald Walach, Psychologie: Wissenschaftstheorie, philosophische Grundlagen und Geschichte, Stuttgart 2005. Eine kritische Würdigung Wilbers hat der Autor in einem Aufsatz dargelegt: Transpersonale Psychologie – Psychologie des Bewusstseins: Chancen und Probleme. Psychotherapie, Psychosomatik, in: Medizinische Psychologie 55/2005, 1-11.

30 Ausführlich lobt Wilber als Referenzen für sein neues Buch etwa Byron Katie (zur Kritik vgl. Heike Dierbach, Vorsicht Psychofalle: The Work, in: Stern, Gesund Leben 6/2006, 76-77) oder „What the Bleep do we know?” (vgl. zur Kritik Matthias Pöhlmann, Quantenphysik, Gehirnforschung und Ramtha-Esoterik, in: MD 11/2005, 430-432).

31 Christian de Quincey, The Promise of Integralism: A Critical Appreciation of Ken Wilber’s Integral Psychology, in J. Andresen / R. Forman (eds.), Cognitive Models and Spiritual Maps, Thorverton 2000, 177-208.

32 Traugott Elsässer, Die „Wilberdebatte“ – Sparring oder Schattenboxen? In: Transpersonale Psychologie und Psychotherapie 8/2 (2002), 95-99.

33 George Adams, A Theistic Perspective on Ken Wilber’s Transpersonal Psychology, in: Journal of Contemporary Religion 17/2 (2002), 165-179. Die Einladung der Herausgeber dieser renommierten religionswissenschaftlichen Zeitschrift, auf die Kritik Adams’ zu reagieren, hat Wilber nicht beantwortet.

34 Vgl. dazu das Kapitel „Gott und die geistige Welt“, in: Dietrich Ritschl / Martin Hailer, Grundkurs Christliche Theologie, Neukirchen-Vluyn 2008, 382ff. Präzise unterscheidet auch Christoph Schwöbel, Der Geist Gottes und die Spiritualität des Menschen, in: ders., Christlicher Glaube im Pluralismus, Tübingen 2003, 323-359.

35 Reinhard Körner, Experte für die Spiritualität des Karmel, führt aus: „Johannes vom Kreuz lässt keinen Zweifel daran, dass es eine ‚Gotteserfahrung’ im strengen Sinne des Wortes in diesem Leben nicht gibt, sie bleibt der Ewigkeit vorbehalten. Der christliche Mystiker lebt in der Beziehung zu Gott – zum verborgenen Gott! –, nicht in der Erfahrung Gottes. In der Beziehung allerdings kann er ‚natürlichste’ Erfahrungen des menschlichen Herzens als Wirkungen, als Ein-Wirkungen Gottes deuten und erkennen ... Der Prozess der Umformung in Gott hinein wird so ein Prozess der ‚Angleichung an den Geliebten’ (Geistlicher Gesang)“ (R. Körner, Johannes vom Kreuz, in: Christian Möller [Hg.], Geschichte der Seelsorge, Bd. 2, Göttingen 1995, 168).