Mormonen

Erstmals ein Deutscher im Führungsgremium

(Letzter Bericht: 11/2007, 428f) Im Alter von 97 Jahren verstarb am 27. Januar 2008 Gordon B. Hinckley, der bisherige Präsident der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ (Mormonen). In der 177-jährigen Geschichte der Kirche war er der 15. Präsident – und zugleich der bisher langlebigste. Drei der bisherigen Präsidenten starben in ihren Siebzigern, fünf in ihren Achtzigern, alle anderen mit weit über neunzig Jahren. Eine Ausnahme bildet allein der erste Präsident, der Kirchengründer Joseph Smith (1805-1844), der gewaltsam schon 38-jährig starb.

In Hinckleys zwölfjähriger Amtszeit – darauf weist die Presse-Erklärung der Kirche nicht ohne Stolz hin – wuchs die Anzahl der Mitglieder weltweit von 9,3 auf über 13 Millionen. Dieser deutliche Zuwachs resultiert – außer aus den hohen, mittlerweile allerdings auch rückläufigen Geburtenraten der Mitglieder – besonders aus den umfangreichen Missionierungsbemühungen in der Zweiten und hauptsächlich in der Dritten Welt. Die Expansion hat auch die ehemalige Sowjetunion erreicht: Im Sommer letzten Jahres wurde in Kiew mit dem Bau eines Tempels begonnen (vgl. MD 11/2007, 428). In Deutschland zeigen die Missionierungsbemühungen jedoch wenig Früchte – die Mitgliedszahlen konnten in den letzten Jahren nur geringfügig gesteigert werden, obwohl Deutschland wegen der zeitweiligen Teilung in Ost und West zu den wenigen Ländern in der Welt zählt, die mehr als einen Tempel haben. 1985 wurde der erste deutsche Tempel in Freiberg/Sachsen geweiht, 1987 folgte der Tempel in Friedrichsdorf/Hessen. Insgesamt gibt es in Deutschland etwa 180 Gemeinden.

Zum neuen Präsidenten wurde der 80-jährige Thomas S. Monson berufen, der als Kenner und Freund Deutschlands gilt. Davon zeugen seine auch in deutscher Übersetzung veröffentlichten Tagebucheintragungen von zahlreichen Besuchen Ostdeutschlands zwischen 1968 und 1995 (Belohnter Glaube, Bad Reichenhall 1997).

Als Ratgeber benannte das neue geistliche Oberhaupt der Mormonen neben einem Amerikaner den 67-jährigen Deutschen Dieter Uchtdorf, der schon vor drei Jahren in den Leitungskreis der „Zwölf Apostel“ berufen wurde. Der Präsident bildet mit seinen beiden Ratgebern das höchste Führungsgremium der Kirche. Seit der Gründung der Kirche im Jahr 1830 ist Uchtdorf erst der elfte, der nicht aus den Vereinigten Staaten stammt und der erste Deutsche überhaupt in diesem Amt.


Michael Utsch