Islam

Eine christliche Antwort auf den Brief der 138

Der Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, hat am 14. Juli 2008 eine Antwort auf den Offenen Brief von 138 muslimischen Religionsführern an die Christen vom Oktober 2007 veröffentlicht. Vorangegangen waren weltweite Konsultationen mit Vertretern christlicher Denominationen. Das von Williams unterzeichnete Schreiben unter dem Titel „A Common Word for he Common Good“ begrüßt die muslimische Initiative, knüpft in grundsätzlicher Reflexion und eigener inhaltlicher Entfaltung an die thematische Intention des Offenen Briefes an (Der Eine Gott, der Liebe ist; Antwort auf das Geschenk der Liebe; Nächstenliebe) und eröffnet – ausgehend von einer konkreten Typologie dialogischer Begegnungen (s. „Dialogue and Proclamation“ von 1991) – Perspektiven für weitere Schritte eines langfristig angelegten Dialogs, der „ehrlich und kreativ“ im gegenseitigen Respekt auf das gemeinsame Wohl aus sein soll (Seeking the Common Good in the Way of God).

Von Anfang an wird der Horizont des Dialogs weit gehalten und durchgehend die Verbundenheit mit dem Judentum betont. Jede voreilige Feststellung von Gemeinsamkeiten wird vermieden, Begrifflichkeiten werden nicht vorausgesetzt, sondern explorativ und deskriptiv ins Gespräch eingebracht und der Bewährung im Dialog ausgesetzt. So nimmt eine ausführliche, verständliche und zugleich einfühlsame Entfaltung des trinitarischen Glaubens – ausgehend von der „Liebe“ als Wesen und nicht als Eigenschaft Gottes – rund ein Viertel des Briefes ein; auf den missverständlichen Begriff des Monotheismus wird zu Recht ganz verzichtet. Problemfelder werden nicht ausgeklammert, sondern direkt angesprochen, darunter die Gewaltfrage, aber auch Religionsfreiheit, Menschenrechte, Frau und Familie. Die Differenzierungsleistung ist stark, ohne den Respekt für das Gegenüber zu verlieren. Der Brief reagiert damit durchaus selbstbewusst auf kritische Tendenzen des muslimischen „Dialogangebots“. Die Kritik, die sich an dem einen (allerdings unnötig weit gehenden) Satz entzündet hat, dass die „trinitarische Sprache“ für Muslime „schwierig, gelegentlich anstößig“ sei (S. 5), sollte den Blick für die intendierte Verbindung von christlichem Selbstbewusstsein und dialogischer Offenheit nicht gänzlich verstellen, die einer inklusiven muslimisch-theologischen Vereinnahmung eindeutig wehrt.


Friedmann Eißler


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