Alternative Medizin

Die tödliche Scharlatanerie der Germanischen Neuen Medizin

(Letzter Bericht: 11/2010, 426) Rund um die Uhr ein seichtes Liebeslied zu hören, soll einen fortgeschrittenen Tumor zum Verschwinden bringen. Hans-Ullrich Leupold glaubte solchen Heilungsversprechen – und starb. In der Zeitschrift Skeptiker (3/2105, 133-138) erzählt seine Tochter Jacqueline Klaus von den unglaublichen Methoden des Krebsscharlatans Ryke Geerd Hamer.

Krebs sei lediglich ein „unverdauter seelischer Konflikt“. Wissenschaftsbasierte Therapien kämen „einer Teufelsaustreibung“ gleich. Und ein „kleines Liebeslied“ namens „Mein Studentenmädchen“ verhindere das Rezidiv eines aggressiven Tumors. Mit solchen absurden Behauptungen haben Anhänger der „Germanischen Neuen Medizin“ (GNM) einen weiteren Todesfall verschuldet. Der Görlitzer Unternehmensberater Hans-Ullrich Leupold starb im März 2015 an einem malignen Lymphom. Die Erkrankung war in einem frühen Stadium entdeckt worden und hätte gut behandelt werden können. Doch Leupold vertraute den Ratschlägen eines GNM-„Therapeuten“. Statt wirksamer Hilfe bekam der 66-Jährige unter anderem eine Tondatei mit einer „archaischen Melodie“, die Hamer selbst komponiert hat und deren „Schwingungen“ die „endgültige Heilung bewirken“ sollten.

Im „Skeptiker“ zeichnet Leupolds Tochter Jacqueline Klaus den sieben Jahre langen Leidensweg ihres Vaters nach. Der aktuelle Fall widerlegt zugleich die Lüge, dass „fast nur Patienten, die von der Schulmedizin austherapiert und oft aufgegeben sind“, in den Fängen der Germanischen Neuen Medizin landen.

Gesundheit betrifft vor allem emotionale Motive, die nicht nur rational gesteuert werden können. Gerade deshalb „darf man solche Menschen wie Hamer und seine treuen Verfechter nicht gewähren lassen“, erklärt Klaus. Auf der Flucht vor den Behörden hält sich GNM-Erfinder Ryke Geerd Hamer derzeit in Norwegen auf. Die Zahl seiner Anhänger in Deutschland wird auf rund 100000 geschätzt (vgl. MD 9/2010, 255ff). Das esoterikkritische Portal „Psiram“ listet „mehr als 140 Todesfälle nach GNM-Behandlung“ auf. Jacqueline Klaus kämpft dafür, dass es nicht noch mehr werden.


Bernd Harder, Friedberg