Johannes Kandel

Die Ahmadiyya Muslim Jama’at

Entstehung

DieAhmadiyya Muslim Jama’at(Ahmadiyya-Muslim-Gemeinschaft) ist eine muslimische Sondergruppe („Sekte“) aus dem nordindischen Raum. Hier sammelte der aus dem Dorf Qadian (Provinz Pandschab) stammende Mirza Ghulam Ahmad (1835-1908) eine immer größer werdende Anhängerschar, die ihm am 4. März 1889 den Treueid („bay’a“) leistete. Ahmad nahm für sich in Anspruch, ein von Gott erwählter „Prophet“ zu sein, das „geistige Ebenbild des Heiligen Propheten“ Mohammed.1Er behauptete, in ihm verkörperten sich die erwarteten Heilsbringer aller Religionen, d.h. der als Messias verheißene Jesus (Isa), der Hindu-Gott (Vishnu-Avatar) Krishna sowie der zoroastrische Mesio Darbahmi (Ahura Mazda, Mazdak). Er sei auch als der von Muslimen erwartete „Mahdi“ (der „Rechtgeleitete“) gekommen, um die Menschheit vor dem Jüngsten Gericht zum wahren Islam zu bekehren.2 Seine Anhänger („Ahmadis“) verstanden ihre Gemeinschaft als „islamische Reformgemeinde“ bzw. messianische Erneuerungsbewegung des Islam. Nach Ahmads Tod 1908 wurde Maulawi Nur ad-Din zu seinem Nachfolger („Kalif“) gewählt. Das Kalifat gilt den Ahmadis als die „zweite Manifestation“ Allahs. Er habe den Ahmadi-Muslims das Kalifat zugesprochen, das bis zum Ende der Zeiten dauern wird. Der „Khalifatul Masih“ (der Nachfolger Ahmads) ist das geistliche Oberhaupt der Ahmadiyya. Seit dem 22. April 2003 amtiert als fünfter Kalif der 1950 in Rabwah geborene Hazrat Mirza Masroor Ahmad, ein Urenkel des „Verheißenen Propheten“ Mirza Ghulam Ahmad. 3

Ein Streit über die Bedeutung Mirza Ghulam Ahmads („Prophet“ oder nur „Reformer“?) führte 1914 zur Spaltung der Bewegung in „Lahore“- und „Quadiani“-Ahmadis. Während die Lahore-Ahmadis, die Ahmad nur als Reformer gelten ließen, eine eher randständige Gruppe blieben, wuchs die Gruppe der Qadiani, die Ahmad als „Propheten“ verehrten, stark an. Sunniten und Schiiten hatten die „Reformgemeinde“ schon kurz nach ihrer Gründung als „häretisch“ verworfen und bekämpft. Im 1947 gegründeten Pakistan wurden die Ahmadis trotz der durch die Verfassung gewährten Religionsfreiheit von fundamentalistischen und islamistischen Gruppen („Majlis-e-Ahrat-e-Islam“ und „Jama’at-i-Islami“) bedroht und blutig verfolgt. Die in den siebziger Jahren stark zunehmende Islamisierung von Staat und Gesellschaft verschlechterte die Lage der Ahmadiyya dramatisch. Unter dem Druck islamistischer Rechtsgelehrter beschloss das pakistanische Parlament am 6. September 1974 eine Verfassungsänderung, welche die Ahmadis ihrer muslimischen Identität beraubte. Sie wurden zur „nicht-muslimischen Minderheit“ erklärt und weiteren Repressionen preisgegeben. In demselben Jahr verdammte die Islamische Weltliga („Rabita al-Alam al-Islami“) die Ahmadiyya als „subversive Bewegung gegen den Islam und die muslimische Welt“. Sie deklarierte die Ahmadis zu „Nicht-Muslimen“ und stieß sie aus der Familie des Islam aus.4 In Pakistan wurde den Ahmadis per Dekret (Martial Law Ordinance vom 26. April 1984) untersagt, sich als Muslime zu bezeichnen, ihren Glauben öffentlich zu bekennen, ihre Gebetsstätten Moscheen zu nennen und in anderen Moscheen zu beten. Zuwiderhandlungen wurden strafrechtlich hart verfolgt, wobei auch die rigiden Bestimmungen über Blasphemie Anwendung fanden.5 Das Oberhaupt der Qadianis („Kalif des verheißenen Messias“) emigrierte daraufhin nach England. In London befindet sich bis heute das Hauptquartier der Ahmadiyya. Nach eigenen Angaben zählt die Ahmadiyya zur Zeit rd. 200 Millionen Anhänger in über 178 Ländern mit Schwerpunkten in Pakistan, Indien, Westafrika, Indonesien, aber auch wachsenden Gemeinden in Europa und den USA.

Die Ahmadiyya in Deutschland

Ein Missionar der Lahore-Ahmadis kam schon 1922 nach Deutschland. 1924 bis 1927 bauten sie in Berlin-Wilmersdorf eine Moschee, die 1928 eröffnet wurde. Sie wird bis heute vom Lahore-Zweig betrieben. Von 1924 bis 1940 gaben sie die Zeitschrift „Moslemische Revue“ heraus und legten 1939 „die erste von einem Muslim vorgenommene deutsche Übersetzung des Koran vor“.6

1949 gründeten die Qadiani eine Missionsstation in Hamburg. Seit 1969 befindet sich die Zentrale der Qadiani-Ahmadiyya in Frankfurt am Main. Ihr werden rd. 40-50.000 Anhänger in 244 Gemeinden zugerechnet (in Berlin rd. 120 – mit Familienangehörigen ca. 600). In der Öffentlichkeit ist die Ahmadiyya in den letzten Jahren durch ihre demonstrativen Reinigungsaktionen am Neujahrstag (der von den „Christen“ an Silvester verunreinigten Straßen und Plätze) aufgefallen sowie durch einige umstrittene Moscheebauprojekte. 1989 verkündete der Vierte Kalif für Deutschland ein Programm des Baus von 100 Moscheen bis zum Jahre 2010. Zur Zeit werden ca. 20 Moscheen von der Ahmadiyya in Deutschland betrieben.

Die Ahmadiyya stellt sich in der Öffentlichkeit als friedliebende, demokratische, dialog- und reformorientierte sowie sozial engagierte Gruppe dar. „Die Ahmadiyya ist eine aufgeklärte und liberale Bewegung auf den Grundfesten des Koran.“7 Ihre Anhänger haben aufgrund der Verfolgung in Pakistan in Deutschland großzügig Asyl erhalten, wofür die Organisation der „deutschen Gesellschaft (...) aufrichtigen Dank“ aussprach und sich als Mitstreiter im „Kampf gegen den militanten Islamismus“ empfahl. Die Ahmadiyya versichert: „Wir haben (...) nie einen Zweifel an unserer Loyalität zur deutschen Gesellschaft gelassen. Im Gegenteil, wir werden unsere Anstrengungen noch verstärken, um ein nützlicher und gleichberechtigter Teil Deutschlands zu sein.“8

Die vom Gründer der Bewegung verfassten mystischen Schriften und die spirituelle Ausrichtung der Ahmadiyya sind für viele Nicht-Muslime attraktiv. Es gibt eine wachsende Zahl von Konvertiten. Etwa 200 Deutsche gehören zur Ahmadiyya. An der Spitze der Organisation steht der „nationale Amir“, der Deutsche Abdullah Uwe Wagishauser. Pressesprecher ist der Deutsche Hadayatullah Hübsch, Autor zahlreicher Publikationen, Imam der „Nuur“-Moschee in Frankfurt am Main und Mitglied des Ethik-Rates des Landes Hessen. Es ist interessant, dass beide politisch aus der 68er Bewegung und der Kommune kommen.

Die Organisation der Ahmadiyya ist streng hierarchisch und autoritär strukturiert. Mitglied wird man durch Leistung des Treueeides („bay’a“) gegenüber dem Kalifen in schriftlicher Form und Anerkennung der zehn Beitrittsbedingungen. Ein Ahmadi ist danach ein strenggläubiger Mensch, dem sein Glaube mehr wert sein soll als „Leben, Eigentum, Ehre, Kinder und alles Liebe“. Er soll sich selbst disziplinieren, demütig, bescheiden, fröhlich und sanftmütig sein und danach streben „der Menschheit nach dem Besten seiner Gottgegebenen Fähigkeiten und Kräfte Wohl zu erweisen“. Punkt 10 der Beitrittsbedingungen fordert den Gehorsam „bis zum Tod“ gegenüber dem Kalifen.9 Dieser Gehorsamsschwur „bis zum Tod“ sichert der Führungselite die tiefgreifende Kontrolle über die Gläubigen. Die Gläubigen sind ferner verpflichtet, einen Teil ihres Einkommens an die Organisation abzugeben. Die Höhe dieses Beitrages ist nicht bekannt.

Die Ahmadiyya betreibt eine aufwändige, qualitativ hervorragende Öffentlichkeitsarbeit, u.a. mit einem eigenen Fernsehsender „Muslim TV Ahmadiyya“ (MTA), der seit 1996 weltweit rund um die Uhr sendet. MTA Deutschland hat seinen Sitz in Frankfurt am Main. Der Webauftritt ist ausgezeichnet gestaltet, in vierzehn Sprachen – von Chinesisch bis Türkisch – kann die Botschaft der Ahmadiyya empfangen werden. Diese gut organisierte Medienarbeit ist ein bedeutender Faktor für den Zusammenhalt der Anhänger, Durchsetzung der Positionen der Führungseliten und weltweite Mission.

Grundzüge der Lehre

Die Ahmadiyya unterscheidet sich von Sunniten und Schiiten durch ihre Sonderlehren über den „Propheten“ Mirza Ghulam Ahmad und Jesus. Die Stellung Mohammeds als das „Siegel der Propheten“ (Sure 33,40), d.h. der letzte „gesetzgebende“ Prophet, wird zwar nicht in Frage gestellt, gleichwohl sehen die Ahmadis in Mirza Ghulam Ahmad und seinen Nachfolgern im Kalifenamt die Reihe der von Gott begnadeten „Propheten“ fortgesetzt. Die Ahmadis vertreten – entgegen christlicher Lehre – die Auffassung, dass Jesus nicht am Kreuz gestorben sei. „Jesus war ein Gesandter Gottes und ein begünstigter und heiliger Mensch. Es ist der Gipfel der Ungerechtigkeit anzunehmen (...) dass solch ein Auserwählter an das Kreuz gehängt wurde und, an ihm sterbend, zu einem Verfluchten wurde.“10 Gegen die muslimische Auffassung Jesus sei nicht am Kreuz gestorben, sondern von Gott in den Himmel entrückt worden und werde einst am Jüngsten Tag als vollkommener Muslim auf die Erde zurückkehren, erzählt die Ahmadiyya eine andere Geschichte: Jesus sei vom Kreuz abgenommen worden und nach Kashmir ausgewandert. Hier habe er viele Jahre gepredigt, sei mit 120 Jahren gestorben und in der Nähe von Srinagar begraben.11 Sie erhebt den Anspruch, den „wahren Islam“ gegen Verfälschungen und Verdrehungen durch Muslime und Andersgläubige (d.h. Juden und Christen) wiederherzustellen. Die „ganze Menschheit“ soll zu diesem „wahren Islam“ bekehrt werden. Unter der „Herrschaft des Islam“ wird die Menschheit zu dauerhaftem Frieden und harmonischem Zusammenleben bis zum Jüngsten Tag finden.

Die Ahmadiyya ist eine betont missionarische Bewegung und engagiert sich weltweit in praktischer Bildungs- und Sozialarbeit. Sie bietet eine eigene Koranübersetzung an, die in zahlreiche Sprachen übertragen wurde. Hier weicht sie auffällig von der dogmatischen Haltung zahlreicher Rechtsgelehrter in Sunnismus und Schiismus ab, dass der Koran im Prinzip unübersetzbar sei, was ihr den Vorwurf der Verfälschung des Koran eingebracht hat. Gleichwohl lässt sie gleichzeitig ein ultraorthodoxes bis fundamentalistisches Koranverständnis erkennen. Sie geht von der vollständigen Widerspruchsfreiheit und Gültigkeit des Koran in seinem geoffenbarten Wortlaut aus. Zwar ist sie darin mit Sunniten und Schiiten einig, doch geht sie darüber hinaus und lehnt ausdrücklich die sogenannte „Abrogationstheorie“ ab. Sogar die Verwendung diakritischer Zeichen zum Textverständnis wird zurückgewiesen.12 Werner Schmucker kritisiert die „verstiegene Korangläubigkeit“ der Ahmadiyya: „Man verteidigt (...) fast fanatisch eine neue Einzigartigkeitstheorie des Korans, die die klassische theologische Formel (arab. i’jā-z) verwendet, aber zu einer grotesken Überhebung führt.“13 Die Ahmadiyya lehnt sich an die hanafitische Rechtsschule an, wonach bei strittigen Rechtsfragen zunächst der Koran, dann die Sunna und schließlich die „Hadithe“ (d.h. Mitteilungen über Reden, Lebensweise und Handlungen des Propheten Mohammed)konsultiert werden sollen. Wenn sich auch dann keine eindeutige Antwort finden lässt, sollen die Gelehrten nach freier vernunftgemäßer Prüfung entscheiden („iğtihā-d“).14

Staat und Gesellschaft im Verständnis der Ahmadiyya

Kalifat und Scharia versus Menschenrechte und pluralistische Demokratie

Die Ahmadiyya sieht im Kalifat, d.h. in der Herrschaft eines weisen und gerechten Kalifen, der Gottes Gebote (die Scharia) konsequent umsetzt, das erstrebenswerte Ideal eines islamischen Staates. Ihre Vision ist die Durchsetzung der Herrschaft des Islam – weltweit – unter Führung eines ihrer Kalifen. Auf ihrer Webseite versucht sie allerdings den Eindruck zu erwecken, dass der Kalif – ähnlich wie der Papst – nur ein „geistliches“ Oberhaupt“ sei: „Die Ahmadiyya Muslim Jamaat hat seit ihrem Bestehen immer (...) die Trennung von weltlichem und geistlichem Amt vertreten und die Khalifa haben immer wieder betont, dass das Khalifat eine rein geistige Institution ist.“15 Das steht im Widerspruch zu ihren eigenen Aussagen. Die Institution des Kalifats habe, so Muhammad Zafrullah Khan, ehemals Außenminister Pakistans, Präsident der UNO-Vollversammlung und Präsident des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag, „sowohl weltlichen als auch religiösen Charakter“.16 Der Vierte Kalif Mirza Tahir Ahmad erklärte: „Ein Studium des Heiligen Qur’an zeigt, dass (...) Religionen durch göttlich ernannte Reformer entstehen und wiederbelebt werden (...). Dann geschieht es, dass die göttliche Vorsehung entscheidet, dass sie bereit sind, weltliche Macht zu übernehmen.“17 Die wirkliche Herrschaft im islamischen Staat kommt nach Auffassung der Ahmadiyya allein Gott zu. In der Scharia, so heißt es in einer Schrift des Vierten Kalifen der Ahmadiyya, Mirza Tahir Ahmad, seien „die essentiellen Richtlinien für die Gesetzgebung enthalten und keine demokratisch gewählte Regierung kann diesen ausdrücklichen Willen Gottes ausschalten. (...) Kein legislativer Prozess ist gültig, wenn er im Widerspruch zu den (...) Prinzipien [der Scharia, J.K.]“ steht. Alle Rechtsgelehrten seien sich einig, „dass Gesetzgebung das Vorrecht Gottes ist“.18 Die Ausführung (Exekutive) des göttlichen Gesetzes, verstanden als „Verwaltungsangelegenheiten“ obliege einer Regierung als „Repräsentant des Volkes“. Die Verwaltung des göttlichen Gesetzes, die gemäß den Anweisungen des Korans (42, 38; 3, 159) in Form einer – nicht näher beschriebenen – „Beratung“ geschehen soll, wird als „Demokratie“ bezeichnet. Organisation, Institutionen und Verfahren der „Beratung“ („Schura“) bleiben im Dunkeln, d.h. es werden alle jene Grundfragen nicht geklärt, die für das Funktionieren einer wertegebundenen Demokratie essentiell sind: Menschenrechtsgarantien, Rechtsstaatsprinzip, Grundrechtsregelungen, Wahlberechtigung, Wahlverfahren, Bildung von Parteien, Recht auf Opposition etc. Ebenso bleibt ungeklärt, in welchem Verhältnis eine solche Regierung „des Volkes“ zu der gleichzeitig geforderten Herrschaft des Kalifen stehen soll, denn er soll souveräner weltlicher und religiöser Herrscher zugleich sein. Seine Macht unterliegt offenbar nur der Einschränkung durch das göttliche Gesetz – durch die Scharia, für deren Auslegung die Rechtsgelehrten („ulama“) zuständig sind. Es wird ferner gefordert, dass der Kalif „gerecht“ im Sinne des koranischen Gerechtigkeitsverständnisses sein soll. Doch wer wird es wagen vom Kalifen Gerechtigkeit einzufordern oder gar Kritik an seinen Anweisungen zu üben, wenn der Einzelne durch Schwur des Gehorsams unbedingt an die Entscheidungen des Kalifen gebunden ist und es keine legitimierten Institutionen zur Artikulation abweichender Meinungen gibt? Hier zeigt sich das vordemokratische, absolutistische Staatsverständnis der Ahmadiyya in aller Deutlichkeit. Jede Kritik am Kalifen wird nicht nur durch das Fehlen entsprechender Institutionen praktisch unmöglich gemacht, sondern auch noch durch ein typisch sektiererisches, jeden Einwand immunisierendes Argument erstickt. So schreibt Mustafa Sabet, dass bei möglichen Fehlentscheidungen des Kalifen in Bezug auf die Gläubigen „Allah selbst“ diese Fehler korrigieren und „ihre Konsequenzen zum Guten“ wenden werde.19

Die Ahmadiyya vertritt im Blick auf Menschenrechte und Demokratie Positionen, die, gemessen an kritischen innermuslimischen Diskursen zu diesen Fragen, ultraorthodox, ja fundamentalistisch sind. Hadayatullah Hübsch hält in Verkennung der neuzeitlichen Entstehungsgeschichte universaler Menschenrechte den Islam für eine frühe Menschenrechtsbewegung. So habe „der Heilige Qur-an, das Gesetz Gottes für die Menschen, bereits vor 1400 Jahren das verkündet, was im Jahre 1948 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen als Menschenrechte festgelegt wurde“.20Hübsch sieht die Aussagen der berühmten Sure 2,256 („Es gibt keinen Zwang in der Religion“) und der Sure 18, 29 („... Wer nun will, möge glauben, und wer will, möge nicht glauben“) als Entsprechungen zum Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR), der Religionsfreiheit als Menschenrecht gewährt. Abgesehen davon, dass heilige Texte nicht mit der Deklaration universal geltender fundamentaler Rechte mit Bindungswirkung verglichen werden können, gibt es doch hinsichtlich des koranischen Verständnisses von „Religionsfreiheit“ und einer menschenrechtlich begründeten Gewährleistung von Religionsfreiheit substantielle Unterschiede. Im Koran wird – was ganz selbstverständlich ist – von der unumstößlichen Wahrheit der eigenen Religion ausgegangen, der sich nach Aufruf und Einladung („da’wa“) Andersgläubige unterwerfen sollen („Islam“ = Hingabe, Unterwerfung). Diejenigen, die im Herrschaftsbereich des Islam ihrem alten Glauben treu bleiben wollen, können dies tun, allerdings zu den Konditionen, die der Koran vorsieht. So war der Islam im Vergleich mit dem europäischen Mittelalter (Inquisition), durchaus „tolerant“. Die Scharia galt für die „Gläubigen“, und für die „Ungläubigen“ galt das islamische Sonderrecht, die „dhimma“. Danach „tolerierte“ der islamische Staat gegen Zahlung einer Kopfsteuer („djyza“, Sure 9,29) Christen und Juden als „Buchbesitzer“ („ahl-al-kitab“, d.h. Empfänger einer Offenbarungsschrift) und verlieh ihnen den Status von „Schutzbefohlenen“ („dhimmis“). Dieser Rechtsstatus, der bis ins 19. Jahrhundert unverändert blieb, schloss die Kultfreiheit, ein gewisses Maß an Autonomie im Blick auf die inneren Angelegenheiten der eigenen Gemeinschaft und relative Wirtschaftsfreiheit ein. Obwohl die meisten islamischen Staaten im Laufe des 20. Jahrhunderts europäisches Verfassungsrecht mit dem Grundsatz formaler staatsbürgerlicher Gleichheit einführten, ist die Lage von Juden und Christen bis heute prekär, insbesondere in denjenigen islamischen Staaten, in denen die Scharia neben bürgerlichem Recht gilt (Eheverbot zwischen Musliminnen und Andersgläubigen, Ausschluss von Nicht-Muslimen aus der gesetzlichen Erbfolge, Verbot des Religionswechsels, Benachteiligung bei der Besetzung öffentlicher Ämter u.a.m).

Die Auffassung von „Toleranz“, wie sie Traditionalisten und Fundamentalisten vertreten, ist mit der menschenrechtlich begründeten „Religionsfreiheit“ nicht zu vereinbaren. Religionsfreiheit bedeutet die grundsätzliche Gleichberechtigung aller Religionen auf Basis des säkularen, weltanschaulich neutralen Staates und dem Recht des einzelnen auf Religionsausübung, Religionswechsel und auch der Verweigerung von Religionszugehörigkeit (Art. 4 GG). Der substantielle Unterschied zwischen der islamischen Auffassung von „Toleranz“ und Religionsfreiheit zeigt sich noch stärker im Blick auf das koranische Apostasieverbot („Abfall“ vom Islam durch Übertritt zu einer anderen Religion oder „Ketzerei“). „Apostasie“ ist nach Koran und Sunna ein schweres, ja todeswürdiges Verbrechen. Apostaten drohen im jenseitigen Leben Höllenstrafen (Sure 2,217; 3,77; 85-91, 106,177; 4,89; 115, 137; 5,54; 16,106-107; 47,25-28,32.). Von Mohammed wird in der Tradition folgender Ausspruch überliefert: „Wer die Religion wechselt, den tötet“.21 Da bis heute der Abfall vom Islam als gleichbedeutend mit einem Angriff auf die politische Gemeinschaft der Muslime, d.h. als Hochverrat, betrachtet wird, drohen in vielen islamischen Staaten harte strafrechtliche Konsequenzen. Ein Übertritt zu einer anderen Religion oder Abweichungen von der Orthodoxie islamischer Lehre wird im mildesten Fall mit sozialer Ächtung und faktischem Ausschluss aus der bürgerlichen Gemeinschaft geahndet. Im schlimmsten Falle, etwa nach den pakistanischen Blasphemiegesetzen, drohen den „Abgefallenen“ Gefängnis oder gar die Todesstrafe. Dafür gibt es viele beklagenswerte Beispiele.22

Vor diesem Hintergrund ist die These der Ahmadiyya, „der“ Islam gewähre „völlige Glaubens- und Gewissensfreiheit und erlaubt den Glaubenswechsel“ einigermaßen verwunderlich, auch wenn sie eine vom mainstream abweichende Position (unter Verweis auf die Suren 2,256; 18, 29 und 4, 137) vertritt.23 Die Ahmadis leiden ja selbst schmerzhaft unter den islamisch begründeten menschenrechtsfeindlichen Apostasie-Bestimmungen des pakistanischen Staates und insofern ist ihre Dissidenz in puncto Apostasie sehr verständlich. Eine andere Frage ist es freilich, wie sich diese abweichende Meinung mit der orthodoxen Rechtgläubigkeit der Ahmadiyya verträgt und wie sie mit ihren „Dissidenten“ und „Ketzern“ umgeht.

Die Stellung der Frauen

Hadayatullah Hübsch sieht in der Sure 33:35 eine „Grundlage für den Artikel 16 der Menschenrechte, in dem geregelt wird, dass und wie Frauen und Männer heiraten sollen und können“.24 Das ist eine gewagte These, denn die Sure 33:35 preist zwar in hymnischer Weise die gläubigen Männer und Frauen, die Gottes Vergebung gleichermaßen teilhaftig werden, kann aber nicht als Parallele für eine menschenrechtlich begründete, gesellschaftliche Gleichberechtigung herangezogen werden, die auch in der freien Wahl des Ehepartners Ausdruck findet, gleichgültig ob und wenn ja welcher Religion dieser angehört. Hübsch räumt das auch freimütig ein und widerspricht seinen eigenen Worten: „Der Islam spricht ja (...) von einer Gleichwertigkeit der Geschlechter. Er lehnt indes den Begriff der Gleichberechtigung als zu verwaschen ab, da in unterschiedlichen Situationen Mann oder Frau unterschiedlich große Rechte genießen müssen, bzw. auch unterschiedlich große Pflichten.“25 Der Begriff der Gleichberechtigung ist keineswegs „verwaschen“, sondern sehr klar definiert und so wird hier der Gegensatz zwischen einer menschenrechtlich begründeten Gleichberechtigung von Männern und Frauen und der Auffassung der Ahmadiyya sehr deutlich. Die Gleichwertigkeit von Männern und Frauen vor Gott, wie sie die Ahmadiyya vertritt, ist nicht mit dem Art. 3, Absatz 2, Satz 1 GG kompatibel: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Hübsch blendet auch vollständig den eklatanten Widerspruch zwischen dem Art. 16 AEMR und dem Verbot für eine Muslima aus, einen andersgläubigen Mann zu heiraten (Sure 2, 221). Die Ahmadiyya unterstreicht zwar die Gleichwertigkeit der Geschlechter vor Gott, begründet aber gleichzeitig aus Koran und Sunna eine rigide Moral des Gehorsams der Frau gegenüber dem Mann und der Geschlechtertrennung. So schreibt Muhammad Zafrullah Khan: Der Frau sei „die glorreiche Ehre der Krone der Mutterschaft“ vorbehalten.26 Sie wird auf Haus und Familie beschränkt: „Das Heim ist das normale Haupttätigkeitsgebiet der Frau in ihrer Eigenschaft als Ehegattin und Mutter.“27 Die Frau schuldet dem Mann jederzeit Gehorsam, auch in sexueller Hinsicht. Kommt sie ihren Pflichten nicht nach, besteht grundsätzlich ein Züchtigungsrecht des Mannes nach Sure 4,34. „Wenn die Ehegattin ständig widerspenstig ist, so dass der Friede und die Harmonie der Familie bedroht sind, sollte der Mann sie ermahnen. Sollte sich die Ermahnung als wirkungslos erweisen, darf er sich vorübergehend vom Ehebett zurückziehen. Als letzte Zuflucht darf er auf eine leichte Züchtigung zurückgreifen (4:34).“28 Das Beharren auf dem Züchtigungsrecht ist allerdings keine Spezialität der Ahmadiyya, sondern stellt die herrschende Meinung in der maßgeblichen islamischen Rechtsauslegung dar.29 Hadayatullah Hübsch müht sich um Begründung des Züchtigungsrechts und Zurückweisung des Vorwurfes, die Sure 4:34 als „Prügelsure“ misszuverstehen. Die Züchtigung käme als letztes Mittel in „extremen Krisensituationen der Ehe“ in Frage, wenn alle vorhergehenden Bemühungen des Gespräches und der Ermahnung erfolglos geblieben seien. Gemäß der Überlieferung habe der Prophet Mohammed das Schlagen von Frauen auch nur auf Druck des Gefährten Umar al-Khattab zugestanden und auch dann nur in der Weise, „dass eine Frau nicht im Gesicht oder auf empfindliche Körperteile geschlagen werden darf“.30

Die Polygamie wird als grundsätzlich zulässig, ja als „kulturelles Sicherheitsventil“ bezeichnet.31 Im Islamischen Frauenmagazin „Nuur für Frauen“ wird folgende Begründung für die Polygamie gegeben: „Das Recht auf Mehrehe“ müsse „in erster Linie auf Zeiten nach einem Krieg eingegrenzt“ werden, also für eine Notsituation, „wo erwiesenermaßen Männermangel“ herrsche und Waisen zu versorgen seien. Das ist ein Element der klassischen Legitimation von Polygamie, was heute gleichwohl völlig abwegig ist, ganz abgesehen von den moralischen und finanziellen Erwägungen, die sich stellen, wenn der Ehemann mehreren Frauen gleichermaßen gerecht werden soll. Der Vierte Kalif, Hazrat Khalifatul Massih IV, lieferte noch eine Rechtfertigung der Polygamie mit Verweis auf die Lage in Deutschland nach dem II. Weltkrieg und einer Kritik am Christentum. Hier sei ein empfindlicher Männermangel entstanden, für den die „strikten monogamen Lehren des Christentums (...) keine Erleichterung bringen“ konnten. Hätte in Deutschland, so die Schlussfolgerung, der Islam dominiert, wäre es nicht zur Entartung der Gesellschaft in eine „immer verdorbenere und sexuell freizügigere Gesellschaft“ gekommen. Das heißt doch im Klartext, dass die Polygamie für Triebabfuhr und Bändigung des „Sexualtriebes“ erforderlich sei, soll es nicht zu „Entartungen“ kommen. Gleichwohl wendet sich die Ahmadiyya in widersprüchlicher Argumentation eben gerade gegen die These, dass „die Mehrehe (...) dazu da wäre, männliche Gelüste zu stillen“. Um die Triebabfuhr zu kanalisieren reiche die monogame Ehe völlig aus. Und noch ein weiteres „Argument“ wird zur Legitimation der Polygamie beigebracht: als „Notsituation“ müsse auch die Unfruchtbarkeit der Frau betrachtet werden. In einem solchen Falle sei das Eingehen einer weiteren Ehe zulässig.32 Die Ahmadiyya zeigt deutlich, dass sie – ganz im Sinne der traditionellen apologetischen Rechtfertigung der Polygamie – diese Einrichtung im Prinzip für rechtens hält und damit geltendem deutschen Recht widerspricht.33

Die Ahmadiyya achtet auf strenge Geschlechtertrennung und positioniert sich entschieden gegen die westliche Gesellschaft, die als sexbesessen und verderbt dargestellt wird: Das „schrankenlose und ungehemmte Zusammensein von Männern und Frauen ist das Gift der westlichen Gesellschaft geworden.“34 Sie unterstützt Abmeldungen von Mädchen vom Schwimm-, Sport- und Sexualkundeunterricht. Die Ahmadiyya achtet auf strikte Endogamie: Ahmadis dürfen nur Frauen aus der eigenen Gemeinde heiraten. Die Heirat mit einem Nicht-Ahmadi zieht den Ausschluss aus der Gemeinde nach sich. Ehen werden arrangiert, Mädchen von klein auf in der muslimischen Gehorsamskultur erzogen. Das Kopftuch gilt als selbstverständliche Bekleidungspflicht. Das Kopftuch entspreche dem Willen Gottes, so Hadayatullah Hübsch, „damit dadurch Keuschheit, Sittlichkeit und der Glaube, dass es einen einzigen Gott gibt, deutlich wird“.35 In der Kopftuchfrage engagierte sich die Ahmadiyya mit einer eigenen Webseite: www.kopftuch.info.de. Hübsch stilisiert hier in grotesker Übersteigerung das Kopftuch im Islam zur Glaubenswahrheit. Er denkt offenbar auch an eine Vollverschleierung, räumt der Muslima aber ein, dass „ihr „Blick nicht versperrt sein“ dürfe.36 Wie es auch bei anderen muslimischen Organisationen beobachtbar ist, wird das Verhältnis von Frauen und Männern fast ausschließlich in den Kategorien eines sexuellen Anständigkeitsdiskurses diskutiert. Wir finden bei der Ahmadiyya einen manichäischen Dualismus des Moralischen und geradezu eine Obsession mit der „gefährlichen“ Sexualität der Frau, die stets zu kanalisieren und mit strengen Geboten einzugrenzen sei.

Religion und Gewalt: der Djihad

Der „Djihad“ (häufig falsch mit „Heiliger Krieg“ übersetzt) wird von der Ahmadiyya in Anlehnung an spiritualistische (sufistische) Traditionen in erster Linie als „Anstrengung“, „Bemühen auf dem Wege“ Gottes gedeutet. So unterscheidet man zwischen dem „kleinen Djihad“ als dem Recht auf Selbstverteidigung und dem „Großen Djihad“ als moralisch-geistiger Anstrengung, die eigenen Unvollkommenheiten und Leidenschaften zu bekämpfen. Dabei wird der Eindruck zu erwecken versucht, „Djihad“ sei erstens überwiegend spirituell zu begreifen und zweitens, wenn schon mit „Kampf“ assoziiert, ausschließlich defensiv, als Verteidigung des Islam zu verstehen: „Alle Verse des Qur-âns, die sich auf Kampfhandlungen mit der Waffe beziehen, beschäftigen sich mit der Auseinandersetzung mit der Waffe in Fällen, wo den Muslimen der Krieg aufgezwungen wurde.“37 Die Ahmadiyya befleißigt sich hier – wie viele andere muslimische Gruppen in Deutschland auch – der Legendenbildung. So hat der amerikanische Religionswissenschaftler David Cook in einer gründlichen, an den Quellen orientierten Arbeit über den „Djihad“dargelegt, dass die Behauptung vom durch und durch „friedlichen“ Islam eine interessenbedingte Verzeichnung der komplexen Geschichte des Djihad darstelle.38

Judentum und Christentum in der Wahrnehmung der Ahmadiyya

Die Auseinandersetzung mit Judentum und Christentum ist fast durchgängig apologetisch und bietet keine Ansätze eines ernsthaften theologischen Dialogs. Sie unterscheidet sich von sonstigen muslimischen „Widerlegungen“ der „Verfälschungen“ des „wahren Glaubens“, d.h. des Islams, höchstens durch besonderen missionarischen Eifer. Die Ahmadiyya ignoriert die über 200-jährige Geschichte christlicher Theologie fast vollständig. Im Blick auf das Neue Testament gilt Paulus als die Zentralfigur der Verdrehung und Verfälschung. Ihm wird die Verbreitung der „falschen Lehren“ über die „Erbsünde“, die Gottheit Christi, die Trinität und die Bedeutung des Kreuzestodes angelastet.39

Die Ahmadiyya ist aktuell nicht durch antijüdische oder antisemitische Äußerungen aufgefallen, wie sie gelegentlich bei anderen muslimischen Gruppen festzustellen sind. Gleichwohl enthalten die Schriften ihres „Verheißenen Propheten“ Mirza Ghulam Ahmad deutlich herabsetzende Aussagen in Bezug auf Christentum und Judentum.

Fazit

Die Ahmadiyya ist religiös fundamentalistisch. Elemente ihrer Lehre, ihre Positionen zu Menschenrechten (insbesondere Frauenrechten), säkularem Staat, pluralistischer Demokratie, Trennung von Staat und Kirche, Religionsfreiheit sowie ihre autoritäre Binnenorganisation sind geeignet, Zweifel an ihrer „Rechtstreue“ zu wecken. Wenn aus ihrer fundamentalistischen Grundhaltung das politische Ziel folgte, die pluralistische Demokratie zugunsten eines islamischen „Gottesstaates“ („hakimiyyat Allah“) zu überwinden und sie eine aktiv kämpferische Haltung gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung einnähme, wäre die Organisation als „islamistisch“ einzuordnen. Das ist zur Zeit nicht erkennbar, so irritierend propagandistisch ihre missionarischen Aktivitäten (z.B. das 100-Moscheen-Projekt) auch erscheinen mögen.

Solange die Ahmadiyya das Ziel einer friedlichen Missionierung der deutschen Gesellschaft verfolgt und der von ihr verkündete und gelebte Islam mit den fundamentalen Verfassungsprinzipien der rechtstaatlichen Demokratie in Einklang bleibt, geht von ihr keine Gefahr für die Demokratie aus. Es ist die Aufgabe aller zivilgesellschaftlichen Kräfte, sich in interreligiösen und interkulturellen Dialogen kritisch mit Zielen, Absichten und Aktivitäten der Ahmadiyya auseinanderzusetzen.


Johannes Kandel, Berlin


Anmerkungen

 1 So der Zweite Kalif der Ahmadiyya Hazrat Mirza Bashir du-Din Mahmud Ahmad in der Einleitung zur ersten deutschen Koranübersetzung der Ahmadiyya 1954. Zit. nach der 6. überarb. Aufl. 1996, 150.

 2 Wolfgang Rödl, Ahmadiyya, in: Lexikon neureligiöser Gruppen, Szenen und Weltanschauungen, Freiburg / Basel / Wien 22005, 32f. W. Madelung, al-Mahdi, in: Encyclopedia of Islam (EI²), Bd. V, 1230bff.

 3 Zur frühen Geschichte und Entwicklung vgl. v.a. Wilfred Cantell Smith, Ahmadiyya, in: EI², Bd.I, 301aff. Munir D. Ahmed, Ahmadiyya: Geschichte und Lehre, in: Annemarie Schimmel u.a., Der Islam Bd. III, Stuttgart / Berlin / Köln 1990, 415ff.

 4 Die Erklärung im (englischen) Wortlaut nebst zahlreichen weiteren „Fatwas“ gegen die Ahmadiyya ist auf der Webseite der amerikanisch-islamischen Organisation Idara Dawat-o-Irshad unter http://www.irshad.org zu finden. Die Verfolgungen werden dokumentiert auf der Webseite http://www.thepersecution.org/index.html.

 5 Einzelheiten bei Yohanan Friedman, Prophecy Continuous. Aspects of Ahmadi religious thought and it’s medieval background, Berkeley and Los Angeles 1989, 45ff, 192ff. Antonio R. Gualtieri, Conscience and coercion: Ahmadi Muslims and orthodoxy in Pakistan, Montreal 1989. Amjad Mahmood Khan, Persecution of the Ahmadiyya Community in Pakistan: An Analysis Under International Law and International Relations (www.law.harvard/edu/students/orgs/hrj/iss/6khan.pdf).

 6 Thomas Lemmen, Muslime in Deutschland. Eine Herausforderung für Kirche und Gesellschaft, Baden-Baden 1999, 2001 und 51.

 7 So Pressesprecher Hadayatullah Hübsch in der Frankfurter Neuen Presse am 19. November 2004.

 8 Unter http://www.ahmadiyya.de/wir_ueber_uns.html.

 9 Beitrittsformular und Bedingungen bei Hiltrud Schröter, Ahmadiyya-Bewegung im Islam, Frankfurt a.M. / München / London / New York 42005, 102ff.

10 Hazrat Mirza Nasir Ahmad, Die Wahrheit über die Kreuzigung Jesu, Frankfurt a.M. o.J., 6.

11 Ebd.

12 Die „Abrogationstheorie“ (arab. „Nashk“ = Löschung, Veränderung, Auflösung, Ersetzung) beruht auf der Annahme, dass – trotz der grundsätzlichen Widerspruchsfreiheit des Koran – ältere Koranverse („ayahs“) durch jüngere ersetzt, d.h. „abrogiert“ wurden (Sure 2, 106; 22 52; 16, 101 u.a.), bzw. dass auch die Sunna Koranverse „abrogieren“ kann. Experten gehen von 5 bis 260 „abrogierten“ Koranversen aus. Zu dieser komplizierten und sehr umstrittenen Denktradition gibt es umfangreiches Schrifttum. Vgl. John Burton, Nashk, in: EI², Bd. VII, 1009bff. Hans Zirker, Der Koran. Zugänge und Lesarten, Darmstadt 1999, 100ff. Farooq Ibrahim, The Problem of Abrogation in the Quran (http//:www.answering-islam.org.uk/Authors/Farooq_Ibra-him/abrogation.htm). Die Ahmadiyya behauptet, dass Mirza Ghulam Ahmad 1880 der „Beweis“ der Gültigkeit aller Koranverse und die „Widerlegung“ der Abrogationstheorie gelungen seien.

13 Werner Schmucker, Sekten und Sondergruppen, in: Werner Ende / Udo Steinbach (Hg.), Der Islam in der Gegenwart, München 52005, 732.

14 Ahmed, Ahmadiyya, 421.

15 Unter http://www.ahmadiyya.de/wir_ueber_uns.html.

16 Muhammad Zafrullah Khan, Der islamische Staat, Frankfurt a.M. 2005, 4.

17 Rede zum Jahreswechsel 2000/2001, Weißes Minarett 2000/2001, 17.

18 Zit. nach Hadayatullah Hübsch, Islam und Politik, Frankfurt a.M. 1997, 7.

19 Mustafa Sabet, Ein Khalifa wird von Gott ernannt (http://www.ahmadiyya.de/ahmadiyyat/jjj/khalif_von_gott_ernannt.html).

20 Hadayatullah Hübsch, Islam und Menschenrechte, Frankfurt a.M. 1993, 5.

21 Al-Bukhari, Kitab al-jihad, Kapitel 149, Nr. 260. A. J. Wensinck, Concordance et Indices de la tradition Musulmane, Bd.2, Leiden 1943, 247.

22 Siehe dazu vor allem im Überblick Yohanan Friedman, Tolerance and Coercion in Islam, Cambridge 2003, 121ff. Abdullah Saeed / Hassan Saeed, Freedom of Religion, Apostasy and Islam, Aldershot 2004. Viele praktische Beispiele in Selbstzeugnissen von „Apostaten“ bei Ibn Warraq (Ed.), Leaving Islam. Apostates Speak Out, Amherst 2003.

23 Presseerklärung zum Gerichtsverfahren gegen Abdul Rahman vom 23. März 2006.

24 Hübsch, Islam und Menschenrechte, 3.

25 Hadaytullah Hübsch, Über den Umgang mit Frauen in der Ehe (http://www.ahmadiyya.de/islam/artikel/hadayatullah/zwei_verse_erklaert.html).

26 Muhammad Zafrullah Khan, Die Frau im Islam, Frankfurt a.M. 31997, 11.

27 Ebd., 12.

28 Ebd., 18.

29 Das demonstriert die bis heute in aktuellen Argumentationen verwendete sogenannte „Unterwerfungsliteratur“, d.h. der Korpus an frauenfeindlichen „hadithen“. Hier kommt die ungebrochene Dominanz versteinerter patriarchalischer Koran- und Traditionsauslegungen zum Ausdruck. Zur kritischen Auseinandersetzung mit dieser Literatur vgl. v.a. Khaled Abou El-Fadl, Speaking in God’s Name. Islamic Law, Authority and Women, Oxford 22003, 232ff. Siehe ferner dazu v.a. Christine Schirrmacher / Ursula Spuler-Stegemann, Frauen und die Scharia. Die Menschenrechte im Islam, München 2004, 66ff u. 107ff. Aufschlussreich ist auch, dass in muslimischen Kreisen in Deutschland z.B. das Buch „Erlaubtes und Verbotenes im Islam“ von Yusuf al-Qaradawi, dem aus Ägypten stammenden und im Emirat Katar ansässigen islamistischen Rechtsgelehrten, angeboten wird. Qaradawi hat Selbstmordattentate in Palästina gebilligt und wird selbst von arabischen Intellektuellen als „geistiger Brandstifter“ bezeichnet. Das über muslimische Verlage in Deutschland (auch über entsprechenden Links der Verbands-Webseiten) für 20 Euro zu erwerbende Buch ist eine Sammlung von Lektionen, die Qaradawi schon 1960 (!) an der Al-Azhar Universität in Kairo vorgetragen hat. Qaradawi schärft hier seinen Lesern ein, dass der Islam in die Welt gekommen sei, „damit er befolgt wird, nicht zu folgen, zu herrschen, nicht um beherrscht zu werden“. Seine Lebensregeln für das Zusammenleben von Männern und Frauen gipfeln in dem Ratschlag, dass der Mann die Frau bei notorischem Ungehorsam „leicht mit den Händen schlagen darf, wobei er das Gesicht und andere empfindliche Stellen zu meiden hat“, Yusuf Al-Qaradawi, Erlaubtes und Verbotenes im Islam, München (SKD-Bavaria-Verlag) 4. neubearb. Aufl. 2003, 287.

30 Hübsch, Über den Umgang mit Frauen in der Ehe, 21.

31 Ebd., 29.

32 Alle Zitate aus Khola Hübsch, Polygamie im Islam (http://ahmadiyya.de/akhmadiyyat/nuur:fuer_frauen/polygamieImIslam.html). Da die Adoption im Islam verboten ist (Sure 33,4-5) bleibt nur die Polygamie.

33 Die Polygamie ist in der Türkei seit 1926 und in Tunesien seit 1956 offiziell abgeschafft. In anderen islamischen Staaten wird sie zumindest erschwert. Vgl. Schirrmacher/Spuler-Stegemann, Frauen und die Scharia, 111ff.

34 Khan, Die Frau im Islam, 44.

35 Presseerklärung der Ahmadiyya Muslim Jamaat zur Erklärung der EKD, „Das Kopftuch kann Zweifel an Eignung von Lehrerinnen begründen“ vom 12. Oktober 2003.

36 Hadayatulla Hübsch, Warum trägt die Muslima Kopftuch oder Schleier? (www.kopftuch.info.de). Siehe auch sein Buch „Frauen im Islam. 55 Fragen und Antworten“, Betzel 2004.

37 Hadayatullah Hübsch, Der Islam über Krieg und Kampf (Jihaad), Frankfurt a.M. 1999, 2.

38 Cook erinnert daran, dass Mohammed selbst nicht nur „geistlicher“ Leiter der muslimischen Gemeinde in Medina gewesen sei, sondern auch politischer Führer und militärischer Oberbefehlshaber. So habe er von 622 bis zu seinem Tod 632 pro Jahr (im Schnitt) an neun kriegerischen Aktionen (Schlachten, Überfälle, innere Auseinandersetzungen) teilgenommen, die keineswegs als „defensiv“ zu bezeichnen seien. Im Blick auf die Behandlung des Themas im Koran kommt Cook zu dem ernüchternden Resultat, dass wir hier „eine weit entwickelte religiöse Rechtfertigung für das Kriegführen gegen die Feinde des Islam“ vor uns haben. Er stellt fest, dass „die Interpretation von Dschihad während der ersten Jahrhunderte des Islam unvermindert direkt aggressiv und expansiv“ gewesen sei. Zwar sei der Islam nicht, wie oft behauptet werde, mit dem Schwert verbreitet worden, gleichwohl hätten die „Eroberungen und der Dschihad die Voraussetzungen für die Bekehrung oder den Ruf zur Bekehrung“ geschaffen. Die heute in verstärktem Maße hervorgehobenen Dschihad-Interpretationen des spirituellen Islam (Sufismus) taugten nur bedingt zum Beleg des „friedlichen“ Charakters des Islam, denn obwohl Sufis im 9. und 10. Jahrhundert die Möglichkeit des „Großen Dschihad“ (als moralisch-geistige Anstrengung, die eigenen Leidenschaften zu bekämpfen) betonten, bezweifelten die „Sufi-Krieger“ keineswegs die Legitimität des militanten („kleinen“) Dschihad. Der „Dschihad der Seele“ galt nicht als „Ersatz“ für den kriegerischen Einsatz (so der berühmte Rechtsgelehrte al-Ghazali). David Cook, Understanding Jihad, Berkeley / Los Angeles / London 2005, 6, 11, 39, 44, 39f.

39 Ein typisches Beispiel ist: Alhaj Ataullah Kaleem, Islam und Christentum, Frankfurt a.M. 1991. Siehe auch Hadayatullah Hübsch, Judentum, Christentum und Islam, Frankfurt a.M. 1994. Weitere Belege bei Hiltrud Schröter, Ahmadiyya-Bewegung im Islam, 44ff.