Neuapostolische Kirche

Der neue NAK-Katechismus kommt vor Ende 2012

(Letzter Bericht: 9/2011, 348) Am 17. März 2012 gab die internationale Bezirksapostelversammlung der Neuapostolischen Kirche (NAK) bekannt, dass der endgültige Text des neuen Katechismus fertig sei und noch 2012 veröffentlicht werde. An dieser abschließenden Sitzung hatten auch mehrere Personen teilgenommen, die die NAK in ökumenischen Dialogen mit ACK-Kirchen vertreten.

Die Veröffentlichung war mehrfach, ursprünglich schon für 2008, angekündigt und immer wieder verschoben worden (vgl. MD 7/2010, 272f), vermutlich weil es galt, konservative und progressive Strömungen innerhalb der NAK theologisch zu berücksichtigen und seelsorgerlich „mitzunehmen“. Schon Anfang 2011 hatte es geheißen, der Text sei weitgehend fertig, jetzt würden nur noch die Übersetzungen erstellt. Denn trotz der Tatsache, dass über 90 Prozent der neuapostolischen Christen nicht in Deutschland und der Schweiz leben, ist Deutsch die Originalsprache des Katechismus. Die Übersetzungen ins Englische, Französische, Russische und Portugiesische werden auch jetzt als Grund angegeben, dass man erst Ende 2012 mit der Publikation rechne.

An das Erscheinen des Katechismus richten sich große Erwartungen, nicht zuletzt bei veränderungsfreudigen NAK-Mitgliedern, die sich klare Signale für die Ökumene, ein Abrücken vom steilen Exklusivitätsanspruch und der Überhöhung des Apostelamts sowie Bewegung im Amts- und Taufverständnis erhoffen.

Die diversen ökumenischen Begegnungstagungen, die es im Zuge der ökumenischen Annäherungen in den letzten Jahren nach dem sogenannten „Info-Abend von Uster“ 2006 gab, kamen immer wieder an einen Punkt, an dem die Lehrgespräche stockten. Denn erst mit dem neuen Katechismus werde klar sein, über welche Lehrgrundlagen auf neuapostolischer Seite eigentlich gesprochen werde. Die Signale, die während der jahrelangen Beratungen nach außen drangen – unter anderem die Veröffentlichung eines neuen Glaubensbekenntnisses im Juni 2010 – waren bisweilen widersprüchlich und wurden auch schon mal mit der Echternacher Springprozession – zwei Schritte vor, einer zurück – verglichen. Einerseits entstand der Eindruck, dass ökumenische Gespräche aus wirklichem Interesse an theologischen Antworten anderer Kirchen geführt wurden und als Anregung für die eigenen Lehrformulierungen dienten. Auf der anderen Seite standen zum Beispiel irritierend unkritische Verlautbarungen zur eigenen Geschichte und zum Apostelamt, insbesondere im Hinblick auf die Weltende-Botschaft des Stammapostels Johann Gottfried Bischoff 1951. Es entstand der Eindruck, dass die NAK ihr Lehrgebäude vielleicht grundsanieren, aber dabei möglichst jeden Riss und den Anschein eines kompletten Neubaus vermeiden wollte. Oder ging es etwa doch nur um eine Fassadenrenovierung, wie die Skeptiker befürchten? Es ist für eine Kirche vom Typ der NAK, mit ihren Sonderlehren, ihrem identitätsstiftenden Heilsexklusivismus und ihrer sehr hierarchischen Amtstheologie, jedenfalls ein mutiges Unterfangen, in einer solchen Aktion innerhalb weniger Jahre eine grundlegende Neuorientierung und Öffnung zur Ökumene zu versuchen.

Stammapostel Wilhelm Leber verbindet die Ankündigung des Katechismus mit der Hoffnung auf „Dialog über den Glauben und die Lehre“. Aber der Entstehungsprozess unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit und die hierarchische Kultur der NAK – lokale Amtsträger werden über die neue Lehre „informiert“ und in ihr „geschult“ – lassen fragen, wie ein solcher Dialog aussehen könnte und ob ein echter Dialog nicht die Einheit der Kirche gefährden würde. Wie viel Mitsprache der Nicht-Apostel und wie viel Pluralität in der Lehrauslegung wird die NAK künftig vertragen?Das Opus soll mit etwa 600 Druckseiten fünfmal so stark werden wie die bisherige Zusammenfassung des neuapostolischen Glaubens, die unter dem Titel „Fragen und Antworten“ seit Jahrzehnten kaum verändert und seit 1992 nicht mehr neu aufgelegt worden war. Man darf gespannt sein, wie das neue Fundament der größten Nicht-ACK-Kirche Deutschlands bei der Enthüllung aussehen wird.


Kai Funkschmidt