Buddhismus

Buddhistisches Zentrum in Waldbröl eingeweiht

Der weithin bekannte Zen-Meister Thich Nhat Hanh hat im oberbergischen Waldbröl die Europazentrale seines „Intersein-Ordens“ eingeweiht. Im Rahmen gut besuchter Retreats wurde das „Europäische Institut für Angewandten Buddhismus“ (EIAB, http://eiab.eu) nach intensiven Renovierungsarbeiten seiner Bestimmung übergeben. Schon 2008 war das Studien- und Praxiszentrum in der Nähe von Bonn initiiert worden, um buddhistisches Leben in Europa nach den Lehren des vietnamesischen Mönchs und Friedensaktivisten zu stärken. 2010 wurde die Baugenehmigung erteilt, um das ehemalige Kraft-durch-Freude-Hotel (später Militärakademie) für die künftige Einübung in die Kunst des achtsamen Lebens vorzubereiten. Anfangs bezogen 21 Mönche und Nonnen das riesige Gebäude mit Parkanlage, heute leben bis zu 200 meist vietnamesische Ordinierte auf dem Gelände. Tausende besuchen jährlich Kurse und Vorträge. Stadt und Landkreis begrüßen das neue Leben, mit den Buddhisten kommen auch Investoren in die Region.

„Wir wollen hier nicht missionieren“, wird Abt Phap An in der Presse zitiert. „Wir wollen mit dem Institut einfach den Menschen unsere Lebensweise vorleben und zum Mitmachen und Nachahmen animieren.“ Diese Lebensweise ist von Achtsamkeitsübungen, meditativem Gehen, meditativem Arbeiten und dem gemeinsamen Einsatz für ein vielfältiges Seminarangebot geprägt. Der bald 86-jährige Initiator des EIAB lebt seit 1966 hauptsächlich in Frankreich und ist entschiedener Vertreter eines sozial engagierten, weltzugewandten Buddhismus. Alles hängt mit allem zusammen („Interbeing“, deutsch „Intersein“). Durch Meditation und entsprechendes Handeln soll man des wahren Selbst in dem unendlich komplexen Netz von Beziehungen und wechselseitigen Abhängigkeiten innewerden. Dogmen und Glaubenssätze können dabei nur vorläufige „Werkzeuge“ sein, die irgendwann abgelegt werden. Vorstellungen von Gott oder vom Göttlichen führten nur in die Irre. Kein Wunder, dass Thich Nhat Hanh von verschiedenen Seiten deutliche Kritik erfährt, wenn er sich zu einem „religiösen Tutti Frutti“ bekennt. Zwar betont die Internetseite: „Buddhismus, so wie er am EIAB gelehrt wird, ist keine Religion. Buddhistische Lehren werden hier in einer für das alltägliche Leben nutzbringenden Weise angeboten und gelebt. Menschen mit oder ohne religiösen Hintergrund können davon profitieren.“ Doch kann eben diese Haltung in der Praxis als andere religiöse Traditionen vereinnahmende und letztlich entleerende Position verstanden werden. Der Buddhismus wird in der Begegnung mit der christlich geprägten westlichen Kultur verändert, zugleich investieren die Mitglieder des Intersein-Ordens viel in die Wandlung westlicher Kultur durch die Einführung buddhistischer Lebensweise.


Friedmann Eißler