Hinduismus

Bhakti Marga: Neuer Tempel im Taunus eingeweiht

(Letzter Bericht: 5/2018, 191f) Die internationale neohinduistische Gemeinschaft Bhakti Marga mit Hauptzentrum in Heidenrod-Springen im Taunus hat sich vergrößert und mit einem neuen Tempel einen weiteren Anziehungspunkt geschaffen.

Mehrtägige Festlichkeiten (u. a. das dreitägige Just Love Festival) und religiöse Zeremonien zur Einweihung des Tempels lockten im Juni zahlreiche Menschen aus aller Welt an. Der „Bhutabhrteshwarnat“ Mandir („Der Herr, der das ganze Universum nährt“) bietet mehreren Hundert Gästen Platz und ist mit bunten Wandbemalungen mit Szenen aus dem Leben Krishnas und den Inkarnationen Vishnus verziert, auf großflächigen Bildern sind hinduistische Heilige, aber auch überlebensgroß der Guru und Gründer des spirituellen Zentrums, Paramahamsa Sri Swami Vishwananda, zu sehen. Der monumentale Altarbereich für die Hauptgottheiten, der mit reichen, in Indien hergestellten Teakholz-Schnitzereien versehen ist, soll 150 000 Euro gekostet haben, für den Tempel wurden rund eine Million Euro ausgegeben. Er fand seinen Platz im ehemaligen Hallenbad der einstigen Bildungsstätte der Gewerkschaft Verdi, deren Gelände die Gemeinschaft 2007 übernahm und zum Ashram und Seminarzentrum „Shree Peetha Nilaya“ ausbaute (eröffnet 2013).

Ein erster Ashram war Ende 2004 auf dem Steffenshof im Hunsrück eingerichtet worden, wo Bhakti Marga offiziell startete. Von 2005 bis 2008 war Bhakti Marga im Wesentlichen eine Ordensgemeinschaft mit Regeln, die u. a. Geschlechtertrennung und Enthaltsamkeit vorsahen. Der Orden wurde von Vishwananda 2008 aufgelöst, enttäuschte Aussteiger warfen dem Guru sexuelle Entgleisungen vor. Zuvor war er in der Schweiz wegen Reliquiendiebstahls verurteilt worden. Nicht wenige wandten sich von der Bewegung ab, kritische Stimmen sind bis heute nicht verstummt.

Bhakti Marga bedeutet „Weg der Liebe und der Hingabe“, im Zentrum steht die Präsenz des Göttlichen und die reine, bedingungslose Liebe, die durch den Guru verkörpert wird und die in der Begegnung mit ihm und in der spirituellen „Reise vom Verstand in das Herz“ erfahren und gelebt werden soll. Der aus Mauritius stammende Visham Komalram (Jg. 1978) nannte sich zunächst Swami Vishwananda, seit einiger Zeit mit weiteren Ehrentiteln, die ihn als „Personifikation von Bhakti“ und „lebende Verkörperung der Liebe“ auszeichnen, „Paramahamsa Sri Swami Vishwananda“. Der religiöse Titel Paramahamsa wie auch das Äußere des Gurus erinnern stark an Yogananda, den bedeutenden Vermittler des (Kriya) Yoga und östlicher Meditation an den Westen (1893 – 1952).

Charakteristisch für die Gemeinschaft ist eine Mischung aus hinduistischen und christlichen Elementen (orthodoxe Kapelle mit Reliquien und Ikonen auf dem Gelände). In letzter Zeit ist eine stärkere und entschiedene Hinwendung zum Hinduismus (Vaishnava-Tradition, Vishnu-Verehrung) zu beobachten, ohne dass die christlichen Elemente ganz aufgegeben werden. Die hinduistische Lehre wird durch die Aktivitäten der „Bhakti Marga Academy“ vertieft, die Vorträge, Workshops, Tagesseminare, Retreats und anderes mehr anbietet. Neben den persönlichen Abgaben der Devotees, dem Gästebetrieb und etwa dem Souvenirshop kommt auch hier finanziell etwas herein. An vielen Orten wird neuerdings die Praxis des „OM Chanting“ durchgeführt, auf der Internetseite (https://bhaktimarga.de ) sind dafür rund siebzig Kontaktstellen in Deutschland aufgeführt. Insgesamt soll Bhakti Marga mit 30 bis 50 kleineren und größeren Tempeln in „mehr als 60 Ländern auf 6 Kontinenten“ vertreten sein.

Der engste Kreis um den Guru sind die Swamis (Meister, fem. Swamini, zu erkennen an der orangen Robe), die als Koordinatoren eingesetzt werden. Eine Handvoll davon lebt auch in Springen. Die meisten der Anhänger sind die Devotees, die eine erste Einweihung/Initiation erhalten haben, durch die sie der Guru-Schüler-Beziehung verpflichtet sind und damit gewisse asketische Regeln sowie absoluten Gehorsam gegenüber dem Guru befolgen. Gleichsam der äußerste Kreis wird von den „Followern“ gebildet, die als Pilger oder Gäste der Festivals etc. zeitweise am Gemeinschaftsleben teilnehmen. Die Zahl der ständigen Bewohner des Ashram-Geländes hat sich von etwa 40 zu Beginn auf heute knapp 80 verdoppelt.


Friedmann Eißler