Heike Beck

Bhakti Marga eröffnet spirituelles Zentrum in Springen/Taunus

Die neohinduistisch-synkretistische Gemeinschaft „Bhakti Marga“ hat in Heidenrod-Springen im Taunus vom 1. bis 5. Mai 2013 offiziell ihr spirituelles Hauptzentrum eröffnet. Die Gemeinschaft ist benannt nach Bhakti, der liebenden Hingabe, einem der hinduistischen Erlösungswege. Sie gruppiert sich um einen jungen Guru, der sich selbst Swami Vishwananda nennt. Weltweit hat sie nach eigenen Angaben 300 aktive Mitglieder.1

Vishwananda und die Anfänge der Bewegung

Vishwananda, mit bürgerlichem Namen Visham Komalram, wird 1978 auf Mauritius geboren2 und wächst in einem hinduistischen Kontext auf. Bereits um seine Kindheit und Jugend ranken sich Mythen von seiner besonderen spirituellen Begabung. Dem Spielen habe er Gebet und Besuche von Gotteshäusern verschiedener Religionen vorgezogen. Er sei im Alter von fünf Jahren während eines Krankenhausaufenthaltes dem mythologischen Meister aus dem Himalaya, Mahavatar Babaji, begegnet, den er zu seinem persönlichen Guru erklärte.3 Eine Schülerzeit unter einem lebenden Meister scheint Vishwananda ebenso wenig durchlaufen zu haben wie eine aus fremder Hand vorgenommene Weihe zum Swami.

Auf Mauritius knüpft der knapp 20-jährige Vishwananda Kontakte zu europäischen Touristen. Nun öffnet sich die internationale Bühne für ihn. Er erhält seit 1998 offen ausgeschriebene Einladungen in die Schweiz und nach England, später nach Deutschland, Polen, Südafrika, Portugal und in andere Länder, wo Bhakti Marga heute zum Teil kleinere Zentren unterhält. An diesen Orten scharen sich bei Darshans immer mehr Anhänger um den offensichtlich charismatisch wirkenden Vishwananda. Bei seinen Darshans wird gesungen, der Guru gibt eine „lecture“, die Anhänger lassen sich nach der in Gurubewegungen bekannten Form der Shaktipat am dritten Auge berühren und erhalten heilige Asche. Wie in Indien üblich, rutscht man auf Knien zum Meister, der in diesem Fall auf einem weißen, blütenbestreuten Sessel thront. Auch Kinder werden zur Segnung zu ihm gebracht.

Auf dem Weg seiner religiösen Suche als junger spiritueller Meister ist Vishwananda zuweilen bereit, auch eigenwillige Wege zu beschreiten. Das zeigte sich Zeitungsberichten zufolge, als er 2001 in Schweizer katholischen Kirchen Reliquiare aufbrach und deren Inhalt entwendete.4 Wegen dieses Delikts wurde er im Juni 2007 zusammen mit zwei Anhängerinnen vom Strafgericht in Liestal wegen Sachbeschädigung und Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit zu vier Monaten bedingt verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er mit den Anhängerinnen aus mindestens 23 Kirchen Reliquien entwendet hatte.5

Aus ersten Darshans in Wohnzimmern von Privathäusern und angemieteten Räumen entsteht eine zunächst offene, lockere neureligiöse Bewegung, die immer weitere Kreise zieht. Bald drängen die Anhänger auf eine verbindlichere Organisation. Auf ihre Initiative hin wird 2004 ein Anwesen im kleinen Dorf Steffenshof im Hunsrück gekauft und zum Ashram ausgebaut. Vishwananda gründet ein Jahr später einen monastischen Orden, den er „Bhakti Marga“ (Weg der Hingabe zu einem persönlichen Gott) nennt, und beginnt, Männer und Frauen zu zölibatär lebenden Brahmacharis zu weihen. Die Geschlechter bleiben getrennt und leben in sexueller Enthaltsamkeit. Unterschiedliche Stufen der Weihe machen es auch Verheirateten möglich, zum Orden zu gehören.6 Es herrscht Gütergemeinschaft, die auch mittellose Mitglieder mitträgt.

Zentrum in Springen und erste Krise

Die Organisation in Steffenshof kommt mit der Zeit durch wachsenden Zulauf räumlich und auch finanziell an ihre Grenzen. Deshalb erwirbt Bhakti Marga 2008 das ehemalige Tagungs- und Seminarhaus der Gewerkschaft „ver.di“ in Springen und kann damit ihren Wunsch nach einem größeren Anwesen und nach der Nähe zum Rhein-Main-Gebiet umsetzen. Da sich das Zentrum in Steffenshof nicht halten lässt, wird es 2009 verkauft. Die bisherige, als GmbH verfasste Organisation wird in eine Stiftung mit Unterorganisationen verschiedener Rechtsformen umgewandelt. Rund 40 ständige Bewohner aus aller Welt wohnen und arbeiten für ein geringes regelmäßiges Gehalt im Zentrum. Seit Mai 2013 können zudem 100 Gäste im neu aufgenommenen hauseigenen Hotelbetrieb unterkommen.7 Dies ist erst jetzt möglich, nachdem das Zentrum über viele Jahre hin unter hohem Einsatz der Bewegung den baupolizeilichen Auflagen entsprechend umgebaut wurde.

Die räumliche Expansion geht mit einer Krise einher und soll möglicherweise genau darin einen Neuanfang signalisieren: Durch einige ehemalige Mitglieder wird bekannt, dass Vishwananda seine homosexuellen Neigungen mit jungen Anhängern ausgelebt und sich damit selbst nicht an das anderen auferlegte Zölibat gehalten habe.8 Das bis dahin wohl größte Ideal der jungen Bewegung ist offenbar tief erschüttert. In der Folge wird der Orden vom Gründer aufgelöst. Dem Problem der mangelnden Glaubwürdigkeit entgeht Bhakti Marga, indem jetzt statt des einst geforderten sexuellen Zölibates ein „wahres Zölibat“ ausgerufen wird, das, ungeachtet der geschlechtlichen Lebensweise, den Fokus auf „innere Aktivitäten und Freuden“ legt.9

Viele Anhänger wenden sich enttäuscht und verletzt ab. Im Internet mehren sich Anti-Vishwananda-Blogs, in denen harsche Vorwürfe erhoben werden. Vishwananda nutze sein „gottgleiches“ Ansehen für sexuelle Kontakte mit jungen männlichen Anhängern aus und binde sie dadurch emotional eng an sich. Er zerstöre Ehen, bewege Anhänger, ihre ganze Habe dem Ashram zu vermachen, und bringe sie damit in ökonomische Abhängigkeit. Aussteiger würden massiv unter Druck gesetzt.10 Überhaupt sei er kein echter Swami, sondern ein Scharlatan und täusche wie sein Vorbild Satya Sai Baba falsche Wunder vor.11 Außendarstellung und die Sichtweise einiger (ehemaliger) Anhänger bezüglich Vishwananda klaffen plötzlich erheblich auseinander – eine Problematik, die bis heute besteht.

Lehre

Der Kern von Vishwanandas Verkündigung besteht in einer einfachen Lehre von der allgegenwärtigen göttlichen Liebe, die jeder in sich finden und die dann zu den Mitmenschen fließen kann. Um diese göttliche Liebe zu entdecken, braucht es den heilsvermittelnden Guru, der „tief in das Krishna-, dann in das Christus-Bewusstsein eintauchte und sich mit vielen Heiligen verband, um dann wieder in eine Phase einzutreten, in der er sich auf Sri Chaitanya, Mutter Maria, Shiva, den Sufismus, die Göttliche Mutter Durga, Hanuman oder Shirdi Sai Baba konzentrierte“.12 Im Hintergrund steht eine stark vereinfachte, etwa von Sathya Sai Baba bekannte und am Neohinduismus orientierte Lehre von der Einheit der Religionen.

Die namensgebende Bhaktifrömmigkeit, eine wichtige Komponente vieler hinduistischer Richtungen, stammt ursprünglich aus dem Vishnuismus. Vishnu bzw. seine Avataras, vor allem Krishna, galt als die Verkörperung von Gnade und Güte, weswegen ihm seine Anhänger emotionale Frömmigkeit (Bhakti) entgegenbrachten. Im Westen teilt Bhakti Marga die besondere Krishna-Verehrung vor allem mit der ISKCON. Allerdings ist die Liebe Gottes im Gegensatz zum stärker betonten extra nos der Lehre Prabhupadas bei Bhakti Marga als allgegenwärtig und vor allem intra nos gedacht.13 Im Kern geht es in Vishwanandas Äußerungen immer darum, dass der Einzelne sein wahres Selbst erkennt und sich anzunehmen lernt, was dann im zweiten Schritt Auswirkungen für das Zusammenleben der Menschen haben soll.14 Alle Verehrung hinduistischer Gottheiten oder auch anderer Heiliger hat für Vishwananda letztlich dieses eine Ziel. Indem die verschiedenen Heiligen angerufen bzw. Statuen angebetet werden, soll die innere Verbindung mit dem heiligen bzw. göttlichen Aspekt in jedem Menschen selbst vertieft werden. Die Statuette sei dabei ein Spiegel für das Innere.

Weltverzicht oder ein Aufgeben der Individualität, wie es der klassische Hinduismus fordert, sind in der westlich zugeschnittenen Bhakti-Frömmigkeit von Vishwananda nicht angedacht. Auch steht typischerweise die Suche nach dem wahren Selbst weit mehr im Fokus als ihre ethischen Konsequenzen. Hier treffen die allgemeine Tendenz im Hinduismus zur Verinnerlichung des Heilsgeschehens15 und das westliche Bedürfnis des Einzelnen, seinen eigenen göttlichen Kern zu finden, zusammen. Andere hinduistische Topoi wie der Karma-Gedanke oder das Thema Wiedergeburt spielen bei Bhakti Marga nur eine untergeordnete Rolle.

Insgesamt scheint Vishwananda an tiefergehenden religionsphilosophischen Gedanken wenig interessiert zu sein. Es bleibt fraglich, ob er überhaupt fundierte Kenntnisse hinduistischer heiliger Schriften besitzt, wie sie traditionellerweise ein indischer Guru haben sollte.16

Vishwananda zeigt sich vielen religiösen Einflüssen gegenüber offen. So begann er nach einem intensiven Kontakt zu einer kleinen orthodoxen Kirche, den Rosenkranz zu beten. Außer zu hinduistischen betet er nun auch zu christlichen Heiligen und verehrt christliche Reliquien.17 Im Zentrum in Springen wird diesem Synkretismus Rechnung getragen, indem einer der Räume als Krishna-Tempel für hinduistische Zeremonien genutzt wird, während ein anderer in der Art christlich-orthodoxer Kapellen gestaltet ist.18 In diesem Raum findet sich auch ein mit Reliquien gefüllter Sarg, auf Füßen erhöht, damit sich die Gläubigen unter ihn legen und die Kraft der Reliquien in sich aufnehmen können. In die Ikonen an den Wänden der Kapelle sind ebenfalls kleine Reliquien sichtbar eingelassen. Vishwananda veranstaltet Feiern, die nach seinen eigenen Vorstellungen an die eucharistische Liturgie der orthodoxen Kirchen angelehnt sind. Neben anderen Artikeln werden im Zentrumsshop Vishwananda-Fotos angeboten, die ihn zum Teil mit orthodoxen Priestergewändern und einem großen Kreuz auf der Brust zeigen.

Organisation von Bhakti Marga und religiöse Praxis

Trotz der Kritik an Vishwananda wegen seiner Verurteilung nach dem Reliquiendiebstahl und wegen seines sexuellen Lebens tragen die Organisatoren von Bhakti Marga das Projekt Springen maßgeblich weiter voran. Täglich finden hinduistische Gebete bzw. Feste wie z. B. zu Krishnas Geburtstag statt, parallel dazu auch christliche Gebete und gottesdienstähnliche Feiern, z. B. an Ostern.19 Daneben werden Kurse wie Ikonenmalerei, Meditations- und Yogakurse (Atma Kriya) und „Om Healing“ angeboten. Die Kurse dienen als zusätzliche finanzielle Einnahmequelle neben Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Dazu kommt der Zentrumsshop, in dem neohinduistische, christliche und esoterische Waren wie Ikonen, Bilder, Musik-CDs und Tinkturen verkauft werden. Spenden stellen jedoch weiterhin ein wichtiges finanzielles Standbein dar, da u. a. ein Darshan-Tempel im Haus geplant ist.

Parallel zu persönlichen Bindungen des Gurus an einzelne, ihm ergebene Anhänger, die sich inzwischen für „Interviews“ mit ihm anmelden müssen, ist eine Organisation entstanden, die ihr spirituelles Leben auch ohne Vishwanandas Anwesenheit gestaltet. Religiöse Gebete und Zeremonien finden unabhängig vom Guru statt. Möglicherweise wünschen sich einige seiner Anhänger aber eine stärkere Präsenz, gerade wenn betont wird, dass ihnen Vishwanandas Rat in Fragen ihrer Lebensführung wichtig ist.20 Darauf könnte auch hindeuten, dass im inzwischen veränderten Internetauftritt eine Rubrik „Wo ist Swami?“ hieß.

Was die finanzielle und rechtliche Verwaltung von Bhakti Marga anbelangt, überlässt Vishwanada sie denjenigen Mitgliedern, die mehr davon verstehen als er. Dadurch wird er als ihr geistiger Führer in gewisser Weise auch abhängig von der Organisation als der Größe, die seine Verehrung institutionalisiert. Unter den Organisatoren wiederum wirkt die Verbindlichkeit des alten Ordens weiter. Gleichzeitig emanzipieren sie sich von ihrem Guru. Das hat möglicherweise auch inhaltliche Auswirkungen, denn an den Aussagen der Organisatoren von Bhakti Marga lässt sich beobachten, dass diese besser in den heiligen Schriften bewandert zu sein scheinen als ihr Guru selbst. Bei Stipendien, die von der Organisation vergeben werden, ist u. a. das Studium der heiligen Schriften aus allen Weltreligionen vorgesehen.

Einschätzungen

Was Bhakti Marga für Menschen anziehend macht, sind eine scheinbar nicht auf eine Religion festgelegte, eingängige Lehre von der göttlichen Liebe in jedem Menschen und ein attraktiver, junger Guru aus Mauritius. Hier mischen sich Exotik, Erotik und die Möglichkeit einer Patchwork-Religion, die sich vieler religiöser Formen und Rituale bedient, ohne sich dem Selbstverständnis der beliehenen Religionen verpflichtet zu fühlen. Die Religionen und ihre Traditionen, so scheint es, gelten nur als wertvoll, sofern sie im eigenen Kontext verwendbar sind. Eine echte Auseinandersetzung im interreligiösen Dialog findet nicht statt. Die passenden religiösen Versatzstücke aus den Religionen scheinen in die Lehre vom Göttlichen in und um uns integriert und Gegensätze damit nivelliert zu sein. Insgesamt dürfte der Synkretismus von Bhakti Marga das Christentum eher in einen hinduistischen Deutungsrahmen integrieren als umgekehrt, womit der christliche Glaube unweigerlich seinen trinitarischen Charakter verlieren muss.

Bhakti Marga, eine Guru-Bewegung mit neohinduistischem Hintergrund, sucht gemäß Vivekanandas harmonisierenden Tendenzen die eine Botschaft, die hinter allen Religionen zu finden sei, in sich zu vereinen. Entsprechend verbindet das Logo der Bewegung ein hinduistisches Om-Zeichen mit einem christlichen Kreuz, einem muslimischen Halbmond und einem jüdischen Davidstern. Anders als die meisten vergleichbaren Bewegungen im Westen fehlt ihr allerdings eine Mutterorganisation im indischen Raum (wie bei der ISKCON oder der Self Realization Fellowship u. a.). Der neohinduistische Deutungsrahmen wird an die Bedürfnisse westlicher Sinnsucher auf dem Weg zu einem höheren Selbst angepasst. Vieles verbindet die Lehre von Bhakti Marga mit der Lehre etwa von Sathya Sai Baba oder Mutter Meera. Eine gewisse Eigenheit stellt die Verbindung aus hinduistischen Riten und christlich-orthodoxen Feiern dar, letztere im Zusammenhang mit einem ausgeprägten Reliquienkult.

Zentral bleibt die Person von Swami Vishwananda mit seinem Charisma, das Anhänger anzieht und emotional an ihn bindet. Obwohl er sich offenkundig an vergleichbaren zeitgenössischen Gurus wie Yogananda (Haartracht, Kleidung und Kriya Yoga) und Sathya Sai Baba (Materialisierungen von Gegenständen) orientiert, sehen einige seiner Anhänger in ihm ihren persönlichen Heilsmittler.21 Er ist für sie ein „in Gott erwachter Meister, der die Qualität der göttlichen Liebe verkörpert“.22 In seiner persönlichen Entwicklung hat sich Vishwananda, wie es scheint, zunehmend mit dieser Rolle identifiziert, nicht zuletzt, indem er sich mit möglichst vielen Heiligen aus allen Religionen umgibt. Diesem Anspruch mit seinem Lebenswandel gerecht zu werden, könnte für den jungen Mann aus Mauritius eine wachsende Bürde darstellen – bedroht von westlichen Reizen wie moralisch freizügiger Lebensgestaltung, denen er anscheinend nicht immer widerstehen kann. Zuweilen wirkt der junge Mann nicht wie der glaubensfeste Lehrer, der anderen seine aus Lebensreife und Studium gewonnene Weisheit vermitteln kann, sondern wie ein Heranreifender, der seinen Lebensweg erst noch suchen muss.

Berichte, nach denen ein spiritueller Lehrer seine Beziehungen zu einigen Anhängern psychisch und sexuell ausnutzt und Menschen damit in seelische Abgründe reißt, sind auch bei anderen Gurus im Westen hinlänglich bekannt.23 Aus diesen Erfahrungen heraus distanzieren sich die Organisatoren von Bhakti Marga inzwischen offiziell vom klassischen hinduistischen Lehrer-Schüler-Konzept und weisen den Einzelnen auf seine Eigenverantwortung hin.24 Viele Anhänger scheinen jedoch die persönliche Führung eines göttlich begabten Meisters gerade zu suchen und sind offenbar bereit, ihr Leben in seine Hände zu übergeben. Die Organisationsstruktur um die Zentralfigur Vishwananda herum und die Aussagen auf der offiziellen Internetseite von Bhakti Marga über seine bewusstseinsmäßige Verbindung zu vielen Heiligen sprechen in dieser Hinsicht eine eigene Sprache. Sie können Abhängigkeitsstrukturen Vorschub leisten.

In ihrer Entstehungsgeschichte haben sich die Organisation Bhakti Marga einerseits und die Funktion ihres geistigen Führers andererseits zu zwei Einheiten entwickelt, die in gewisser Weise jede selbstständig für sich agieren, aber doch in einer gegenseitigen Angewiesenheit aufeinander bezogen bleiben. Als Organisation braucht Bhakti Marga, auch wenn sie sich zum Teil unabhängig von ihm macht, Vishwanandas spirituelle Vorrangstellung und fordert sie (mehr oder weniger erfolgreich) auch von ihm ein.

Vishwananda selbst bleibt in gewisser Weise eine unberechenbare Größe für Bhakti Marga. Durch Reisen zu anderen Anhängern in aller Welt und durch die Gestaltung seiner persönlichen Beziehungen entzieht er sich letzten Endes festen Strukturen. Die täglichen Rituale, die verschiedenen Zeremonien im Krishna-Tempel und in der sogenannten orthodoxen Kapelle laufen häufig ohne ihn ab. Ob aber Bhakti Marga letztlich auch ohne den spirituellen Meister, auch wenn dieser sich weder in seiner Lebensführung noch in seiner Lehre festlegen will, bestehen könnte, ist aus heutiger Sicht eine offene Frage.


Heike Beck, Idstein


Anmerkungen

1 Den Weltanschauungsbeauftragten Matthias Neff (Bistum Trier) und Andrew Schäfer (Evangelische Kirche im Rheinland) danke ich für den fachlichen Austausch und für wichtige Hinweise über die Anfangszeit von Bhakti Marga in Steffenshof.

2 Georg Schmid, Vishwananda, www.relinfo.ch/vishwananda/index.html . (Abruf der Internetseiten im Mai 2013, wenn nicht anders vermerkt)

3 www.bhaktimarga.org .

4 Titus Villiger, Der eigentliche Missbrauch bleibt ungestraft. Strafgericht verurteilte einen Guru und zwei Frauen wegen Reliquiendiebstahls, in: Basellandschaftliche Zeitung vom 16. Juni 2007, 31.

5 Georg Schmid, Vishwananda, www.relinfo.ch/vishwananda/info.html

6 Sandra Heim, Besuch bei Swami Vishwananda, in: Kamasha 1/2007, 10f.

7 Hendrik Jung, Spirituelle Gemeinschaft Bhakti Marga weiht Yoga- und Meditationszentrum ein,www.wiesbadener-tagblatt.de/region/untertaunus/heidenrod/13063849.htm  (vom 3.5.2013).

8 http://guruphiliac.blogspot.de/2008/09/handsy-swami-goes-down-with-smile.html

9 www.bhaktimarga.org .

10 www.tellthetruth123wordpress.com , abgerufen im Oktober 2010. Der Blog existiert inzwischen nicht mehr. Vgl. http://vishwanandafake.wordpress.com ; www.vishwanandawarningblogspot.de ; www.guruphiliac.blogspot.de/2008/09/handsy-swami-goes-down-with-smile.html.

11 http://saicopycats.blogspot.de/2006/01/swami-vishwananda.html .

12 www.bhaktimarga.org .

13 Bei der ISKCON steht das individuelle Selbst (Atman) zu Vishnu bzw. Krishna in einer Beziehung liebender Hingabe. Bhakti Marga betont, es sei „... möglich, göttliche Freude und Göttlichkeit in uns selbst zu finden“, vgl. www.bhaktimarga.org/de/swami/sri-swami-vishwananda-profil.

15 Handbuch Religionswissenschaft, hg. von Johann Figl, Innsbruck 2003, 333.

16 Hinduismus, in: Harald Baer u. a. (Hg.), Lexikon nichtchristlicher Religionsgemeinschaften, Freiburg i. Br. 2005, 106.

17 www.bhaktimarga.org. Heute zeigt er sich auf Fotos gerne mit orthodoxen Gewändern und einem großen Kreuz auf seiner Brust.

18 Bereits in Steffenshof hatte die Gruppe eine am Rande ihres Grundstücks gelegene Kapelle in ihrem Sinne umgestaltet.

19 Hendrik Jung, Spirituelle Gemeinschaft Bhakti Marga weiht Yoga- und Meditationszentrum ein, a.a.O.

20  http://bhaktimarga.org/de/swami/sri-swami-vishwananda-profil-erweitert .

21 Hinduismus, in: Harald Baer u. a. (Hg.), Lexikon nichtchristlicher Religionsgemeinschaften, a.a.O., 106.

22 www.bhaktimarga.org

23 Vgl. Sathya Sai Baba, an dessen Lehre und Lebensführung Vishwananda stark erinnert. Vgl. auch die Geschichte von Rajneesh.

24 www.bhaktimarga.org .