Bahá’í

Bahá’í-Gemeinde kann Körperschaft des öffentlichen Rechts werden

Das Hessische Kultusministerium ist verpflichtet, der Bahá’í-Gemeinde in Deutschland die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen. Dies entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 28.11.2012 (Az. 6 C 8.12; Pressemitteilung des BVerwG Nr. 111/2012). Mit dem Urteil hob das Gericht die Revision des Landes Hessen gegen eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Kassel auf.

Der in Hessen (Hofheim im Taunus) ansässige Nationale Geistige Rat der Bahá‘í hatte beim Hessischen Kultusministerium beantragt, der Bahá’í-Gemeinde in Deutschland die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR) zu verleihen. Voraussetzung hierfür ist nach der einschlägigen Bestimmung des Grundgesetzes unter anderem, dass die Religionsgemeinschaft durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet.

Zwar gehören in Deutschland nur etwa 5000 bis 6000 Menschen der Bahá’í-Religion an, allein die Zahl der Mitglieder sei aber nicht aussagekräftig genug für die Prognose, ob eine Religionsgemeinschaft dauerhaft bestehen wird, hieß es in der Pressemitteilung des Gerichts. Die in Deutschland seit rund 100 Jahren existierende Bahá‘í-Gemeinde sei auf Dauer angelegt, und dies umso mehr, als sie ihr Verbot im Dritten Reich, den Zweiten Weltkrieg und ihr Verbot in der DDR überstanden und sich in Westdeutschland sofort nach dem Krieg, in der DDR sofort nach der Beseitigung des SED-Regimes wieder organisiert habe. Das Hessische Kultusministerium hatte die Anerkennung der Bahá’í als KdöR abgelehnt, da nach Ansicht des Ministeriums hierfür mindestens ein Tausendstel der Bevölkerung des jeweiligen Landes der Religionsgemeinschaft angehören müsse. Allein in Hessen hätten die Bahá’í danach über 6000 Mitglieder haben müssen, es sind dort derzeit jedoch nur knapp 1000.

Mit dem Körperschaftsrecht ist eine Reihe von Privilegien verbunden, wie etwa das Besteuerungsrecht, das Recht Beamte einzustellen und Vergünstigungen bei Steuern, Abgaben und Gebühren.

Die Bahá’í-Religion ist im 19. Jahrhundert als eigenständige Offenbarungsreligion aus dem schiitischen Islam Persiens hervorgegangen und zählt heute weltweit zwischen 5 und 7 Millionen Anhänger. In Deutschland entstand die erste Gemeinde im Jahr 1905.


Friedmann Eißler