Harald Lamprecht

Aufstand der Unzufriedenen

Das Pegida-Phänomen

In Dresden demonstriert es sich gut. Diese Erfahrung machen jedenfalls die Initiatoren von „PEGIDA“. Das Akronym steht für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Der Name ist Programm. Zahlreiche Äußerungen auf der zugehörigen Facebookseite zeigen deutlich, dass hier Menschen gesammelt werden, die ihre Heimat vor der Gefahr einer „Islamisierung“ verteidigen wollen. In wenigen Wochen ist es den Organisatoren gelungen, die Teilnehmerzahlen der „Abendspaziergänge“ auf (nach Polizeiangaben) bis zu 25 000 Teilnehmer zu steigern. Der Umgang mit Pegida ist inzwischen zum politisch und medial intensiv diskutierten Thema geworden – auch international.

Themen

Nun gibt es schon lange Muslime auch in Deutschland, und die Debatte um Asylverfahren ist ebenfalls nicht neu. Warum bringt das Thema plötzlich die Menschen in solcher Zahl auf die Straße? Offenbar ist es ein schwer durchschaubares Konglomerat von Gründen, welche in ihrem Zusammenwirken Pegida diese Dynamik verleihen. Die wichtigsten sind:

  • Islamangst/islamistischer Terror: Die Bilder von der Schreckensherrschaft der Gruppe, die sich selbst als „Islamischer Staat“ (IS) bezeichnet, verbunden mit den militärischen Erfolgen im Irak, scheinen alle latenten Ängste und Vorurteile zu bestätigen, die islamkritische Kreise schon lange verbreiten. Diese werden verallgemeinert und auf den Islam als Ganzes bezogen: Der Islam sei seinem Wesen nach gewalttätig und sein Expansionsstreben eine ernst zu nehmende Gefahr. Wenn nicht jetzt gegensteuert werde, würden „die Deutschen“ in wenigen Jahren nur noch eine kleine mehr oder weniger geduldete Minderheit im eigenen Land darstellen und sich einer Scharia-Gesetzgebung unterwerfen müssen – so die immer wieder auf der Pegida-Facebookseite geäußerten Gruselprognosen. Jeder neue Gewaltakt wie z. B. das Attentat in Paris am 7. Januar 2015 wird als Bestätigung dieser Befürchtungen aufgenommen.
  • Fremdenangst/Flüchtlingsunterbringung: Der starke Anstieg beim Zustrom von Flüchtlingen aus diesen vom Krieg gezeichneten Gebieten sorgt in vielen Kommunen für organisatorische Probleme. Die Vorstellung, dass bald in der eigenen Nachbarschaft lauter Menschen einziehen, die weder mit deutscher Sprache noch Kultur vertraut sind, lässt die Angst vor dem Fremden aufleben. Pegida verknüpfte nun diese beiden Elemente miteinander und formulierte als Demonstrationsmotto „Keine Glaubenskriege auf deutschem Boden“. Es wird damit unterstellt, die Aufnahme von Flüchtlingen aus diesen Ländern würde nicht nur die „Islamisierung“ Deutschlands vorantreiben, sondern auch die eigene Sicherheitslage nachteilig beeinflussen, weil unter den Flüchtlingen eben auch Gewalttäter sein könnten.
  • Kriegsangst/Ukrainekrise: Auf den Pegida-Demonstrationen wird auch die deutsche Politik im Blick auf die Kämpfe in der Ukraine thematisiert. Transparente fordern: „Kein Krieg mit Russland“. Demonstranten äußern Ängste, dass Deutschland auf einen Krieg zusteuert, und manche sympathisieren mehr oder weniger deutlich mit Putin, mitunter werden auch krude Verschwörungstheorien laut.
  • Politikverdrossenheit: Auffällig ist die immer wieder zu hörende pauschale Absage an die gegenwärtige Politik. Viele nutzen Pegida, um ihren Frust über eine Politik auszudrücken, der die Meinung der Bürger egal zu sein scheint. In der vorgenommenen undifferenzierten Heftigkeit wird daraus eine Absage an das ganze politische System der parlamentarischen Demokratie. Das ist sicherlich nicht jedem Demonstranten so bewusst. Wo aber proklamiert wird, alle Politiker und Parteien hätten versagt und könnten keine Hilfe bringen, wird das System insgesamt infrage gestellt. Es sind zu einem großen Anteil Nichtwähler, die sich bei Pegida Aufmerksamkeit verschaffen.
  • Medienkritik: Ebenso werden die Massenmedien grundsätzlich kritisiert, deren Unabhängigkeit pauschal bestritten und denen eine Verflechtung mit der regierenden Politik unterstellt wird. Auf den Demonstrationen wird „Lügenpresse“ skandiert und immer wieder der angebliche Verlust der Meinungsfreiheit beklagt, nur weil Pegida-Anhänger in ihrer Umgebung mit Widerspruch und Ablehnung konfrontiert sind. Es wird suggeriert, dass eine weitreichende politische Zensur bestehe und nur in das Schema passende Beiträge politisch zugelassen würden. Nun lässt sich ja leicht beobachten, dass dies nicht stimmt und selbst auf der Pegida-Facebookseite auch immer wieder Medienberichte zustimmend weitergegeben werden. Aber selbst damit wird der Eindruck einer „Systempresse“ untermauert, indem solche Artikel üblicherweise mit dem Begriff „Zensurversager“ einleitend kommentiert werden.

Zu den genannten Themen können ständig weitere treten, die von Demonstrationsteilnehmern als Gründe für ihr Mitmachen genannt werden: die Forderung nach mehr Geld für Schulen, Angst vor Altersarmut, Brüsseler Bürokratie, die Mautdebatte usw. Mitunter gewinnt man den Eindruck: Im Allgemeinen genügt eine diffuse Unzufriedenheit mit beliebigen Aspekten gegenwärtiger Politik, um dort dem eigenen Frust Ausdruck zu verleihen. Weil niemand bei Pegida alle Themen gleichermaßen vertritt, ist es sehr schwer, Allgemeingültiges über die Bewegung zu sagen. Immer wird jemand widersprechen können und erklären, sich aus ganz anderen Gründen den Demonstrationen angeschlossen zu haben.

Wer sind die „Pegidianer“?

Erste stichprobenartige soziologische Untersuchungen bemühen sich um Analysen, kämpfen aber damit, dass die überwiegende Zahl der Demonstrationsteilnehmer Befragungen ablehnt.1 Allgemein lässt sich sagen, dass sich die Kunst- und Kulturschaffenden der Stadt sowie die Mehrheit der Dresdner Studenten eher bei den Gegendemonstrationen einfinden. Auf der Pegida-Seite steht dem ein Mix aus der Bevölkerung gegenüber mit starker Beteiligung der Fußball-Fankultur und organisierter rechtsextremer Kräfte. Deutlich ist auch, dass auf verschiedenen Ebenen starke Sympathien zu der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) bestehen.

Demokraten?

Bei den Demonstrationen dominieren Deutschlandfahnen und Sprechchöre „Wir sind das Volk“. Dieser Ruf aus den Montagsdemonstrationen in der ausgehenden DDR wird von Pegida benutzt, um eine ähnliche Situation zu suggerieren: Bürger gehen gegen ein selbstgerechtes und versagendes politisches System auf die Straße. Sie lassen sich ihre Meinung nicht verbieten („Das wird man ja wohl noch sagen dürfen …“). Sie hoffen damit (wie beim historischen Vorbild), einen Politikwechsel erzwingen zu können. Welche Welten zwischen der SED-Herrschaft und der heutigen rechtsstaatlichen Demokratie liegen, wird dabei zunehmend vernebelt. Erinnerung ist eben immer selektiv. Die Selbstinszenierung als wahre Demokraten bei Pegida geschieht mit den Forderungen nach Volksentscheiden und dem Anspruch, die Volksinteressen gegen eine korrupte Politikergilde zu wahren. Die Konkretionen sind in der Regel mit starker Nationalisierung verbunden: Europaskepsis, zuwanderungsfeindliche und ethnopluralistische Positionen weisen den Weg zu einem Bild vom „Volk“ als homogener Größe, in das keine „fremde Kultur“ passt.

Neonazis?

Von Anfang an fanden sich die Pegida-Demonstrationsteilnehmer mit dem Vorwurf konfrontiert, die Sache rechtsextremer Gruppen zu betreiben. Übliches Reaktionsmuster ist die gebetsmühlenartig wiederholte Rechtfertigung, sie seien doch keine Nazis. Solche Unterstellungen wären nur Versuche der „linken“ Gegner, unliebsame Themen durch Ausgrenzung mit der „Nazikeule“ zu erschlagen. Dass auch prominente NPD-Kader bei den Demos mitlaufen, liege daran, dass die Veranstaltung allen offenstehe und man niemanden ausschließen wolle, der die Veranstaltung nicht störe. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Tatsache, wie sehr sich die Themen entsprechen, oder eine direkte Abgrenzung blieben bislang seltene Ausnahmen.

Nun ist es sicher richtig, dass die Mehrzahl der Demonstrationsteilnehmer keine direkte Verbindung zur organisierten Neonazi-Szene hat und mit dieser nicht einfach gleichgesetzt werden darf. Ebenso richtig ist es aber auch, dass die Themen, mit denen Pegida angetreten ist, zuvor von rechtsextremen Parteien vertreten wurden und mit zum Teil ganz analoger Argumentation deren Wahlkampfthemen waren: Fremdenfeindlichkeit, Ablehnung von Unterkünften für Asylbewerber, gezieltes Schüren von Ängsten vor „kriminellen Ausländern“, Ablehnung des politischen Systems insgesamt mit dem Ruf nach einer Alternative, Kritik der Medien als „Systempresse“ usw. Ebenso war schon in den Anfangstagen der Bewegung auffällig, welche Befürwortung ihr im rechtsnationalen Lager entgegengebracht wurde. Die „Blaue Narzisse“, eine Internetzeitung der „Identitären Bewegung“ und intellektueller Vordenker der Neuen Rechten, bejubelte die Demonstrationen und prägte mit einem Artikel vom 28. Oktober 2014 den Slogan „Dresden zeigt, wie es geht“.

Die Verflechtungen sind offensichtlich, wenn man etwas genauer hinschaut. Jedoch haben sich die Dresdner Pegida-Organisatoren stets bemüht, keine allzu offensichtlichen Naziparolen auf den Veranstaltungen laut werden zu lassen. Der „Legida“-Ableger in Leipzig erscheint demgegenüber wie eine demaskierte Pegida: Dort sind die Parolen härter und die Anmelder deutlich aus dem rechtsextremen Milieu.

Rassisten?

Mehrfach äußerten Pegida-Mitläufer, sie seien keine Rassisten, denn der Islam sei ja keine Rasse. Von Anfang an bestand jedoch eine enge Zusammenarbeit mit dem antiislamischen Hetzportal „Politically Incorrect“2, dessen Banner oft zusammen mit dem Pegida-Banner in Berichten von den Demonstrationen auftaucht. Was sich bei „Politically Incorrect“ in Nachrichtenbeiträgen und Blog-Diskussionen abspielt, ist von Analysten schon vor Jahren als religiös verbrämter Rassismus klassifiziert worden.3 Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus hat sich in dem Flyer „Antimuslimischer Rassismus“4 mit diesem Thema auseinandergesetzt: „Rassismus bedeutet, dass einer (ethnischen, nationalen, kulturellen oder religiösen) Gruppe bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden, die sich von den Eigenschaften der eigenen Gruppe unterscheiden. Diese Eigenschaften werden als, mehr oder weniger, unabänderlich gesehen und sie werden, meist negativ, bewertet … Der Begriff des antimuslimischen Rassismus soll verdeutlichen, dass es sich um einen Prozess der Ausgrenzung und Abwertung von Muslimen handelt, der von den ausgrenzenden Menschen ausgeht und nicht in der Religion begründet ist.“ Fundamentalisten (die es in jeder Religionsgemeinschaft gibt) werden als Vertreter des „wahren“ Islam angesehen, und der Islam wird nicht als Teil, sondern als Gegenentwurf zu unserer Gesellschaft dargestellt.

Übersteigerte Islamangst

Die Möglichkeit, islamische Religion konform zu demokratischen Gesellschaften und im friedlichen Miteinander mit anderen Religionen zu leben, wie dies tausendfach geschieht, wird rundweg bestritten. Die komplexen Problemlagen aus korrupten Regimen, innenpolitischen Machtkämpfen, ethnischen Konflikten und Stammesfehden in verschiedenen Ländern, in denen der Islam verbreitet ist, werden radikal vereinfacht und insgesamt dem Islam als Religion zugeschrieben. Daraus folgend werden Schreckensszenarios konstruiert, die eine unvermeidlich drohende Übernahme Deutschlands durch radikale Islamisten binnen weniger Jahre vor Augen stellen. Sämtliche bürgerliche Freiheitsrechte seien dann in Gefahr, wenn nicht jetzt energisch gegengesteuert werde, solange wir noch die Macht haben und dem Islam Einhalt gebieten können.

Gegenläufige Fakten spielen in den Diskussionen keine erkennbare Rolle und entfalten keine mäßigende Wirkung. Im Ergebnis sind es ganz normale Bürger, die – aufgepeitscht durch solche Angstszenarios – für die Zukunft ihrer Kinder auf die Straße gehen, um die Politik in Richtung einer stärkeren Ausgrenzung des Islam zu verändern. Nun gibt es ja in der Tat eine Reihe von Beispielen dafür, dass unter Berufung auf den Islam Menschenrechte eingeschränkt und auch Gewalttaten begangen wurden. Das zu ignorieren wäre auch nicht richtig. Aber man kann nicht ein Unrecht durch ein anderes Unrecht wiedergutmachen wollen. Wo unter Berufung auf den Islam die Religionsfreiheit missachtet wird, sollte gemeinsam mit Muslimen darauf hingearbeitet werden, dass dieses Menschenrecht respektiert wird. Definitiv keine Lösung kann es sein, die Religionsfreiheit für Muslime einzuschränken, wie dies mehrfach auf der Pegida-Facebookseite gefordert wurde.

Das „Positionspapier“ von Pegida

Seit dem 10. Dezember 2014 gibt es ein „Positionspapier“ von Pegida. Dessen 19 Punkte stehen teilweise in deutlichem Kontrast zu der Atmosphäre, die bei den Demonstrationen und auf der Facebookseite vorherrscht. Offensichtlich bemüht sich das Positionspapier darum, die Kritik zu entkräften, Pegida sei ausländerfeindlich, rassistisch oder neonazistisch. Die Aussagen, für die Aufnahme und bessere Unterstützung von Kriegsflüchtlingen zu sein, tragen allerdings nicht viel aus, solange auf den Demonstrationen und in den Äußerungen auf Facebook die zur Unterbringung vorgesehenen Geflüchteten pauschal als Wirtschaftsflüchtlinge klassifiziert werden. Auf den Demonstrationen wurde das Positionspapier nicht inhaltlich vollständig vorgestellt oder im Detail diskutiert. So wurden z. B. am 5. Januar 2015 gegen den medialen Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit die freundlichen Aussagen des Positionspapiers hochgehalten. Nachdem das geklärt war, konnte sich der Rest der Veranstaltung getrost gegen den Islam, gegen Zuwanderung und gegen Asylbewerber wenden. Auf die Außenwahrnehmung des Charakters von Pegida hatte das Positionspapier folglich keinen prägenden Einfluss.

Warum Dresden?

In Dresden hat der Zulauf zu Pegida bis Anfang Januar 2015 kontinuierlich zugenommen, während der Versuch, die Idee in andere Städte zu exportieren, weit weniger erfolgreich war. Zwar gibt es bundesweit Ableger, die aber mit deutlich kleineren Teilnehmerzahlen auskommen müssen und von den Gegendemonstrationen weit übertroffen werden. Warum funktioniert Pegida in Dresden so gut?

1. Weil viele zum „Original“ nach Dresden anreisen. Oftmals wird dies mit einem Schild mit dem Ortsnamen verdeutlicht. Dresden hat sich zum Wallfahrtsort unzufriedener Bürger entwickelt.

2. Weil es in Sachsen so wenige Ausländer gibt. Zahlreiche Studien haben inzwischen nachgewiesen, dass die Ausländerangst dort am größten ist, wo es die wenigsten Ausländer gibt. Das ist auch logisch, denn dort ist die Fremdheitserfahrung am größten, weil es keine normalisierenden Alltagskontakte gibt.

3. Weil in Sachsen die demokratische Kultur unterentwickelt ist. Bürgerbeteiligung ist für staatliches und kommunales Verwaltungshandeln immer lästig, weil sie Abläufe bremst und Pläne zunichtemachen kann. Wo über 25 Jahre stabile Machtverhältnisse bestehen, erscheint diese lästige Übung weniger wichtig, als wenn sich an den Wählerstimmen die nächste Regierung entscheidet. Demokratie will gelernt und geübt sein. Darin gibt es in Sachsen noch Luft nach oben. Nicht nur die in der Umfrage der TU-Dresden geäußerte Unzufriedenheit über die Distanz der Politik zu den Bürgern, sondern auch die historisch niedrige Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent bei der letzten Landtagswahl sind dafür ein Indikator.

Was bleibt zu tun?

Ungeachtet der Themenvielfalt befördert Pegida eine Grundstimmung, die sich gegen die Aufnahme von Asylsuchenden wendet. Wie die Opferberatung berichtet, haben Menschen mit Migrationshintergrund seit dem Aufkommen von Pegida vermehrt unter verbaler und tätlicher Gewalt zu leiden. Die Stimmung überträgt sich auf das Handeln.

Die Kirchen haben schon früh und deutlich Position bezogen5 für einen freundlichen Umgang mit Flüchtlingen – und damit auch gegen Pegida, und viele Christen haben sich u. a. im „Bündnis für alle“ engagiert. Eine wichtige Aufgabe scheint jetzt, einer zunehmenden Polarisierung des Konfliktes und damit der Gesellschaft entgegenzuwirken. Dass die „Pegidianer“ ihre Meinung auf die Straße tragen, kann man als Wahrnehmung eines demokratischen Grundrechtes begrüßen, weil es ermöglicht, sich politisch dazu zu verhalten. Bei reinen Stammtischparolen würde das nicht gehen. Weil diese Versammlungen aber dazu benutzt werden, Demokratieverdruss zu vertiefen sowie Hass und menschenfeindliche Einstellungen zu verbreiten, sollten sie nicht tatenlos hingenommen werden.

Die Spaltung des Pegida-Organisationsteams Ende Januar ließ die Verharmlosung rechtsextremer Positionen bis hinein in Teile der Leitungsebene deutlich sichtbar werden. Aber selbst wenn die Demonstrationen irgendwann abflauen, bleibt das gezeigte Problem bestehen: Beträchtliche Teile der Bevölkerung haben ein erschreckendes Unverständnis für Wesen und Werte einer parlamentarischen Demokratie. Zum Dialog gibt es daher keine Alternative. Das Gespräch über die „berechtigten Ängste“ darf aber nicht die Abwertung von Menschengruppen salonfähig machen. Die Ängste von Migranten sind mindestens ebenso bedeutsam wie die Überfremdungsängste gut situierter deutscher Bürger, die sich weit weniger auf reale Fakten gründen lassen.

Es braucht in solchen Gesprächen das klare Eintreten für unteilbare Menschenrechte, für politische Mitbestimmung im Rahmen der parlamentarischen Demokratie und für die uneingeschränkte Religionsfreiheit. Wenn es den Pegida-Teilnehmern ernst damit wäre, die christlich-abendländische Kultur zu verteidigen, dann sollten sie auf diese Werte ansprechbar sein.


Harald Lamprecht, Dresden


Anmerkungen

  1. Bislang existieren drei Studien: 1. TU Dresden, http:/tu-dresden.de/aktuelles/newsarchiv/2015/1/pegida_pk (die in diesem Beitrag angegebenen Internetseiten wurden zuletzt abgerufen am 6.2.2015); 2. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, www.wzb.eu/de/pressemitteilung/untersuchung-zur-dresdner-pegida-demonstration ; 3. Göttinger Institut für Demokratieforschung, www.demokratie-goettingen.de/blog/studie-zu-pegida,
  2.  www.pi-news.net.
  3. Vgl. Confessio 6/2010, 8ff.
  4. www.bagkr.de/wp-content/uploads/BAGKR_Handreichung4_web.pdf.
  5. Einen Überblick gibt: www.kirche-fuer-demokratie.de/pegida .