Gesellschaft für kritische Philosophie Nürnberg (Hg.)

Aufklärung und Kritik. Zeitschrift für freies Denken und humanistische Philosophie. Schwerpunkt Atheismus (Heft 3/2010)

Gesellschaft für kritische Philosophie Nürnberg (Hg.), Aufklärung und Kritik. Zeitschrift für freies Denken und humanistische Philosophie, Schwerpunkt Atheismus, Heft 3/2010, 304 Seiten, 10,00 Euro.


Zu den Hauptaufgaben der „Gesellschaft für kritische Philosophie“ (GKP, Nürnberg) gehört seit 1994 die Herausgabe der Zeitschrift „Aufklärung und Kritik. Zeitschrift für freies Denken und humanistische Philosophie“. Hier werden zweimal jährlich Beiträge und Artikel im Sinne des kritischen Rationalismus (Karl R. Popper) publiziert. In einer Selbstdarstellung heißt es, man wolle „in einem Zeitalter der Gegenaufklärung die Fahne der Aufklärung, des kritischen Denkens, des Humanismus und der geistigen Freiheit“ hochhalten. Neben den beiden regulären Heften erscheinen immer wieder Sonderhefte zu aktuellen Themen (z. B. Islamismus) oder aus besonderem Anlass (z. B. Karlheinz Deschner). Zu den Mitherausgebern der Zeitschrift gehören einige bekannte Wissenschaftler wie Hans Albert, Norbert Hoerster, Ludger Lütkehaus, Peter Singer und Franz M. Wuketits. Somit ist deutlich, dass die Zeitschrift eine eher kirchen- und religionskritische Position bezieht.

Ende September 2010 ist nun das Schwerpunktheft „Atheismus“ erschienen. In Vorwort erläutert der Herausgeber Gerhard Engel, Präsident der Humanistischen Akademie Bayern, worin er das besondere Profil des Sonderhefts sieht: „Als Humanisten dürfen wir daher ‚dialogische Atheisten‘ im Sinne von Milan Machovec sein: Für sie sind Religionen nicht nur ‚ein belangloses Sammelsurium von Unsinn‘, sondern Versuche der individuellen und kollektiven Sinngebung sowie der Gesamtdeutung[!] der Wirklichkeit, von denen man auch als Atheist oder Agnostiker lernen kann ... Aber ebenso wie wir in der Wissenschaft aus dem Umstand, dass es veraltete Theorien gibt, im allgemeinen nicht den Schluss ziehen, dass Wissenschaft überflüssig ist, kann auch der Nachweis, dass es in den Religionen veraltete, ungenaue und fehlerhafte Deutungsschemata gibt, nicht zum Verzicht auf Bestrebungen nötigen, die traditionellen Aufgaben der Religion neu zu interpretieren und zu lösen“ (6). Im vorliegenden Heft kommen sehr unterschiedliche Stimmen zu Wort: Atheisten und Religionskritiker (Helmut Fink), aber auch Agnostiker (Horst Herrmann) sowie Religionswissenschaftler und Theologen (Andreas Feldtkeller).Es würde den Rahmen der Rezension sprengen, wollte ich hier auf jeden der 22 Beiträge eingehen. Deshalb ein eher allgemeines Urteil: Erfrischend ist, dass nicht nur Vertreter des organisierten Atheismus und der Verbandsfreidenkerei zu Wort kommen, sondern vielfach philosophisch gebildete Wissenschaftler. Es liegt auf der Hand, dass der Rezensent nicht mit jeder Position einverstanden ist. Das Heft bietet jedoch interessante bzw. anregende Positionen zum Thema Atheismus und eröffnet so neue Gesichtspunkte. Eine beachtenswerte Publikation zeichnet sich ja nicht dadurch aus, dass der Leser sich fortwährend bestätigt fühlt, sondern vielmehr dadurch, dass er Neuigkeiten erfährt. So habe ich mit Interesse den kritischen Aufsatz von Hubertus Mynarek über Richard Dawkins gelesen. Horst Herrmann wiederum plädiert für eine „agnostische Sicht“ auf den Atheismus (264ff). Ausgesprochen interessant ist für außenstehende Beobachter Joachim Kahls „strukturierender Überblick“ über die aktuellen Atheismus-Debatten. Wer eine gute Zusammenfassung der Themen der letzten zehn Jahre sucht, dem sei dieser Text dringend empfohlen! Was fehlt, ist ein Beitrag, der sich mit dem ostdeutschen Beliebigkeitsatheismus beschäftigt. Das verwundert etwas, zumal dieser Atheismus die Gesellschaft nachhaltig prägt. Einige der abgedruckten Texte sind inzwischen im Internet (vgl. www.gkpn.de) kostenfrei zugänglich.
 

Andreas Fincke, Berlin