Karina Meyer

20 Jahre „Jesus Freaks“

Die Entwicklung einer Jugendbewegung

 

Die ersten Jahre: „schrill und laut“

Die Jesus Freaks blicken im Jahr 2011 auf zwei wechselvolle Jahrzehnte ihres Bestehens zurück. Seit ihren Anfängen als alternative christliche Jugendbewegung1, die zum Beispiel mit spektakulären missionarischen Aktionen auf der Hamburger Reeperbahn bekannt wurde, hat sich einiges verändert.

Über den ursprünglichen Anspruch der Bewegung gibt der 1994 von Gründer Martin Dreyer formulierte „6-Punkte-Plan“ Aufschluss. Darin heißt es: „... Gott hat die Jesus Freaks berufen, schrill und laut, unüberhörbar in ihrer Stadt zu sein ... um die Menschen wachzurütteln und ihnen den Weg zu Gott zu zeigen“; man will „Kopf sein, und nicht Schwanz“, eine „Gang, die sich als Ziel gesetzt hat, ein radikales Leben mit Jesus zu verwirklichen“.2 Institutionalisierter Religion standen die Jesus Freaks lange Zeit sehr kritisch gegenüber, wie der erste Satz ihres über Jahre auf Flyern und Internetseiten viel verwendeten Selbstdarstellungstextes deutlich ausdrückt: „Ja, wir sind der Überzeugung, dass trotz Papst, Hexenverbrennung, geldscheffelnden TV-Predigern und klerikalen Langweilern hinter der Sache mit Jesus etwas Wahres und sehr Phantastisches steht.“3 Vor allem gegen die Amtskirchen, denen man unchristlichen Traditionalismus und einen die christlichen Glaubensinhalte relativierenden Liberalismus vorwarf, grenzte man sich scharf ab. Wissenschaftliche Theologie wurde teilweise als Gefahr für den unmittelbaren Zugang zu Gott abgelehnt.

Die Jesus Freaks wurden von der Presse meist als harmlose Exoten und von Soziologen als Ausdruck individualisierter Erlebnis-Religiosität gesehen. Von kirchlicher Seite wurde ihr entschiedenes christliches Engagement für Jugendliche und kirchenferne Gruppen einerseits begrüßt, andererseits der Selbstgewissheit ihres Auftretens und der „Starrheit der Lehre“4 mit Vorbehalten begegnet. Der Fundamentalismusverdacht lag nicht fern.

Verschiedene Entwicklungen haben zu Veränderungen innerhalb der Bewegung beigetragen, vorrangig wohl die generelle Alterung der (Ur-)Mitgliedschaft – möglicherweise auch der Zuwachs an Jesus Freaks mit kirchlichem Hintergrund – und Konflikte, die innerhalb der Leitung und um die Gestaltung der Leitungsstruktur entstanden. Auch durch Verbindungen zu der umstrittenen Bewegung „Wort und Geist“5 wurden Spannungen und Spaltungen ausgelöst, die einen Reflexionsprozess in Gang setzten.

Konflikte um die Leitungsstruktur

Die Spontaneität war und ist ein Markenzeichen der Jesus Freaks, auf das sie viel Wert legen. Zwangsläufig bildeten sich in der Bewegung, je mehr sie wuchs, aber auch stärker formale Strukturen. Mitte der 1990er Jahre wird Jesus Freaks International e.V. (JFI) als Dachorganisation gegründet, und bald darauf findet das erste Gruppenleitertreffen statt. Zusätzlich betreuen von nun an Regionalleiter mehrere Gemeinden. 1999 wird der „Ä-Kreis“6 zur geistlichen Leitung der Bewegung eingesetzt; die rechtliche Leitung übernimmt der Vereinsvorstand von JFI. Der Ä-Kreis besteht aus fünf Mitgliedern, von denen vier (männliche) Mitglieder über viele Jahre konstant bleiben und die Bewegung entscheidend prägen. Zwei von ihnen gehören zur Hamburger Jesus-Freak-Gruppe, die lange zentraler Bezugspunkt bleibt.7

Schon in dem 2001 eigens publizierten Rückblick „Jesus Freaks – ten years after“ ist von einer Krise und einem Neuanfang die Rede. Einige Faktoren, die zum Erfolg der Bewegung beitrugen, werden als gleichzeitig problematische erkannt, darunter die „Urbesetzung unserer Arbeit aus Leuten mit einem extremen Charakter“8. Es werden außerdem die Überlastung von Mitarbeitern, Uneinigkeit und Abkapselungen innerhalb der Bewegung beklagt.

In den Jahren darauf scheinen Probleme eher zu- als abzunehmen. Zwischen 2005 und 2007 kommt es verstärkt zu Konflikten innerhalb des Ä-Kreises und zwischen diesem und dem Vereinsvorstand. Auch innerhalb der Bewegung wächst die Unzufriedenheit mit der Leitungsstruktur.9 Die Gesamtleitung obliegt wenigen, und die vorhandene Struktur bindet die vielfältigen Gruppen und Menschen nicht zufriedenstellend ein: „Es wurde klar, dass wir unsere theologische und persönliche Vielfalt zunehmend in einem Gegeneinander ausleben.“10 Ein wichtiger Faktor für Veränderungen innerhalb der Bewegung ist auch das Altern der Mitglieder. Neue Lebenssituationen wie Elternschaft und altersbedingte Entwicklungsprozesse lassen neue Fragen aufkommen.

Der Einfluss von „Wort und Geist“

Zu Konflikten und Kontroversen innerhalb der Jesus-Freak-Bewegung führte auch der Einfluss, den die charismatische Bewegung „Wort und Geist“ um Helmut Bauer hatte. Nachdem viele „Wort und Geist“ zunächst offen und interessiert gegenüberstanden, wuchs mit deren offensichtlich zunehmender Radikalisierung die Skepsis unter einem Großteil der Jesus Freaks. Der Leitungskreis der Jesus Freaks verfasste offenbar schon um das Jahr 2006 herum eine erste warnende Stellungnahme11; dennoch wechselten neben Einzelpersonen mehrere Leiter, darunter mit Taade Voß (inzwischen Leiter „Wort und Geist“ Nürnberg) und Patrick Preneux auch zwei Mitglieder des JFI-Leitungskreises, zu der neuen Bewegung und mit ihnen Gemeindeglieder oder sogar ihre gesamten Gemeinden.12

Die Jesus Freaks distanzieren sich heute klar von „Wort und Geist“ als sektiererischer Gruppe; sie kritisieren die Mittelpunktstellung des Menschen statt Gottes und die immer weitere Loslösung der Lehre von biblischen Grundlagen. Inzwischen bemühen sich die Jesus Freaks auch um eine Aufarbeitung der verursachten Spaltungen. Dazu gehört die Diskussion darüber, welche eigenen Problemlagen es ermöglicht haben, dass „Wort und Geist“ auf viele Mitglieder eine solche Anziehungskraft ausüben konnte.

Selbstkritisch wird in der Jesus-Freak-Zeitschrift „Der kranke Bote“ die „Unfähigkeit zur Selbstreflexion“ angemerkt, die gerade unter den Jesus Freaks mit ihrem hohen Anteil jüngerer Menschen und ihrer „Ausrichtung auf die unteren Schichten“13 verbreitet sei. Eine gestörte Beziehung zu sich selbst behindere die Ausbildung eines reifen Glaubens und erhöhe die Anfälligkeit für Lehren wie die von „Wort und Geist“, die die Überwindung des eigenen Geistes als Ideal setzen. Auch für Leiter, die an eigener Unreife oder an der Unreife ihrer Gruppe leiden, biete „Wort und Geist“ mit „ihrem Leiterkult“ ein „Paradies“.14 Begegnet werden müsse der Problematik durch die Förderung von Mündigkeit und Kritikfähigkeit.

In einem anderen Artikel warnt „Storch“, langjähriges Mitglied des JFI-Leitungskreises, vor mangelnder Bibelkenntnis, die dazu führe, dass „Übernatürliches“15 vorschnell als Wirken des Heiligen Geistes gesehen werde. Charismatiker, zu denen sich auch weite Teile der Jesus Freaks zählen, und Menschen, „die mit einer Sehnsucht leben“, seien anfälliger für „Verführung“16 und sollten zur Unterscheidung, was tatsächlich Gottes Wirken sei, die Lehre eines geistigen Führers und ihre Konsequenzen sorgfältig mit den Lehren der Bibel abgleichen.

Zu den Mitgliedern, die zu „Wort und Geist“ gewechselt sind, gibt es teils noch freundschaftlichen Kontakt, teils ist die Entfremdung enorm. Bei vielen Jesus Freaks herrschen Enttäuschung und Wut über die Gemeindespaltungen vor, dem wieder andere mit Bemühungen um Vergebung begegnen. Die in den vergangenen Jahren erfolgte Neustrukturierung der Bewegung soll auch der Vorbeugung solcher Einflussnahme von außen dienen.

Jesus-Freak-Konzil

Als Reaktion auf die Probleme innerhalb der Bewegung kam die Idee eines Konzils auf. Mit der Bezeichnung wollte man mit Verweis auf die Reformkraft des Zweiten Vatikanischen Konzils bewusst an kirchenhistorische Traditionen anknüpfen.17 Nach Informationsarbeit und Vortreffen auf Regionalebene fand vom 17. bis 21. Mai 2007 das Konzil mit 130 Teilnehmern statt. Dabei ging es um Fragen nach Ziel und Vision der Bewegung ebenso wie um die Umgestaltung von Organisations- und Leitungsstrukturen.18 Die in Arbeitsgruppen entstandenen Protokolle19 wurden anschließend von gewählten Vertretern in einem zweiten Arbeitsprozess, der einen Zwischenbericht mit Diskussion auf dem Freakstock, dem großen Festival der Jesus Freaks, einschloss, zu einer Charta zusammengefasst.20 Die Charta enthält ein Glaubensbekenntnis, das erste dieser Art der Jesus Freaks, sowie eine Darstellung grundlegender Werte und der neuen Organisationsstruktur.

Das Glaubensbekenntnis enthält – mit dem Bekenntnis zu Gott als Schöpfer, Jesus als Sühneopfer, der direkten Erfahrbarkeit Gottes für den Menschen – die gemeinsamen Glaubensinhalte der verschiedenen protestantischen Denominationen. Ausdrücklich wird auch auf die Einheit der Christen im Leib Christi und auf die Kirche als „sichtbarer Ausdruck dieses Leibes in der Welt“ hingewiesen.

Unter dem Stichwort „Vision & Werte“ finden sich Elemente des 6-Punkte-Plans wieder. Anstatt von einer „Gang“ ist jetzt von einer „Familie, Gang, Bewegung“ die Rede, zu der jeder durch freie Entscheidung gehören könne. Die Schlagworte „laut und schrill“ sind ersetzt durch „hot and spicy“, in Anspielung auf Verse im Neuen Testament (Offb 3,15; Luk 12,49; Matth 5,13), und ihr Anspruch ist deutlich abgewandelt: „Wir wollen durch unser Leben Hinweis auf Jesus sein, mal provokant, mal leise, aber immer radikal in Gott gegründet und authentisch.“ Jugendsprachliche Ausdrücke sind nicht mehr vermehrt zu finden, und die Ziele der Bewegung sind weit weniger offensiv formuliert: „Wir wollen diese Welt aktiv mitgestalten, voneinander und von anderen lernen, protestieren wo nötig und helfen wo möglich. Als Jesus Freaks wollen wir so leben, wie Jesus es vorgelebt hat, zu den Menschen hingehen und für sie da sein, ungeachtet ihrer gesellschaftlichen Hintergründe.“ Neben dem missionarischen Ziel, das in der ursprünglichen Fassung des Plans den größten Stellenwert einnahm, bekennt man sich in der Charta zum Einsatz für die Wahrung von „Würde und Gleichberechtigung aller Menschen ... unabhängig von Bildung, Geschlecht, Religion, (ethnischer) Herkunft, ([sub-]kultureller) Prägung und finanziellen Möglichkeiten u.v.m.“.

Da das Thema Leitung, auch im Zusammenhang mit dem Einfluss von „Wort und Geist“, im Vorfeld sehr kontrovers diskutiert worden war, nimmt es in der Charta viel Raum ein. Es wird zu einer gleichwertigen Geschlechterrepräsentation in Leitungspositionen aufgerufen und ein Leitungsverständnis formuliert, das auf der Zustimmung der Geleiteten zur Leitung gründet. Leiter sollen bezüglich ihrer eigenen Lebensführung glaubwürdig sein und Kritikfähigkeit zeigen: „Das höhere Maß an Verantwortung verlangt ein höheres Maß an Transparenz und Kommunikation bei Leitern. Leiter sind bereit, ihr eigenes Leben dauerhaft zu reflektieren und stellen sich der Beurteilung von außen.“ Betont wird außerdem die Wichtigkeit, als Leiter nicht die eigene Belastungsgrenze zu überschreiten.

Veränderte Organisationsstruktur, verändertes Selbstverständnis

Die neue Organisations- und Leitungsstruktur der Jesus Freaks sieht eine Dezentralisierung der Leitung und mehr Klarheit über Zuständigkeiten und Beteiligungsmöglichkeiten vor. Grundsätzlich sollen Entscheidungen auf möglichst niedriger Ebene getroffen werden. Für alle Entscheidungen, die die Bewegung im Ganzen betreffen, ist ein Leitungskreis verantwortlich, der gegenüber dem vorherigen Leitungsteam in der Anzahl der Mitglieder erweitert ist und ausdifferenzierte Arbeitsbereiche umfasst.21 Neben dem Diakonkreis, der rechtliche und organisatorische Aufgaben übernimmt, gehören dem Leitungskreis die Regionalleiter und die Leiter offizieller Arbeitsbereiche wie Freakstock oder Seelsorge an sowie per Wahl bestimmte Einzelpersonen.

Zwei- bis dreimal jährlich soll der Leitungskreis mit einem Beraterkreis (dazu gehört z. B. Gründer Martin Dreyer) zum Treffen von Jesus Freaks Deutschland (JFD)22 zusammenkommen, an dem außerdem Vertreter von „Pools“ teilnehmen und das jeder Jesus Freak als Gast besuchen kann. Mit Pools werden alle netzwerkartigen Zusammenschlüsse ohne offiziellen Status als Arbeitsbereich bezeichnet. Auf die Einbindung solcher Initiativen wird Wert gelegt, ebenso wie auf die Anhörung individueller Anliegen.

Kommunikation und Vernetzung finden über die neugestaltete Homepage statt. Dort kann man bereits Pools wie „1-Christ-Ehe oder „Familienpool“23 beitreten oder einer der vielen losen Interessengruppen von „Wort und Geist Leute lieben“ – die für die Aussöhnung mit übergewechselten Mitgliedern eintritt – bis zu „dancen bis 4.30“24. Auch die offiziellen Arbeitsgruppen wie das „Strukturteam JFD“ nutzen diese Seite als offen zugängliche Informations- und Kommunikationsplattform.

Die Veränderungen im Selbstverständnis und -anspruch der Jesus Freaks schlagen sich bei näherem Hinsehen auch im aktuellen Selbstdarstellungstext der Homepage25 nieder. Der oft verwendete Titel „Uns über wir“ ist zum schlichteren „Über uns“ geworden, aus den „Kaputten, Fertigen, Kranken, Abhängigen, Verarschten, Verstoßenen, Armen“26, denen Jesus sich speziell zugewandt habe, sind die „Verstoßenen und Armen“ geworden. Die vormals einschränkende Bemerkung beim Bekenntnis zur Ökumene ist durch ein Bekenntnis zur Vielfalt ersetzt worden: Aus „Wir ... wollen ... uns nie über andere Christen erheben, auch wenn uns ihr Stil oder ihre Theologie nicht gefällt“ wird „Jede Gemeinde und jeder Christ ist etwas Besonderes und hat einen Auftrag von Gott – und wir wollen unseren Auftrag erfüllen!“ Anstatt klarer Abgrenzungen wird jetzt auch in anderen Dokumenten die Vielfalt innerhalb der Bewegung hervorgehoben, die die Problematik ebenso wie den Reichtum der Bewegung ausmache: „Freaks sind Individualisten“27, heißt es in einem Protokoll vom Konzil. Einend sei die Liebe zu Jesus.

Einschätzung und Ausblick

Die neue Organisations- und Leitungsstruktur ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses, den viele Jesus Freaks selbst als gesunden Reifungsprozess der jungen Bewegung sehen. Wurde zu Beginn die Vision klar in der Mission, d. h. der Ausbreitung der Bewegung, gesehen und das „ganz Andere“ der Jesus Freaks im Vergleich zu anderen Gemeinden betont, wurde die Frage nach Identität und Auftrag in den letzten Jahren neu gestellt.

Einerseits wird gerade nach den Erfahrungen mit „Wort und Geist“ eine stärkere theologische Positionsbestimmung für nötig erachtet, andererseits lehnt man die Vorgabe offizieller Lehrmeinungen nach wie vor ab. Der Gratwanderung zwischen Offenheit und Festlegung wird mit einer Charta begegnet, die über einen Kern an Glaubensüberzeugungen hinaus Raum für unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten lässt. In der systematischen Strukturierung der Organisation und Leitung sehen nicht wenige eine Gefahr für die Spontaneität und die Mittelpunktstellung der geistlichen Vision. Man hofft aber, dass sie letztlich der Dezentralisierung und Demokratisierung dient und die weitgehende Unabhängigkeit der Ortsgruppen bei gleichzeitig stärkerer Einbindung in die Gesamtbewegung gewahrt bleibt. Nach wie vor wird auf die persönliche Beziehung zu Gott und die absolute Geltung christlicher Glaubensinhalte großer Wert gelegt. Eigene Überzeugungen werden nun aber mit mehr Zurückhaltung formuliert; der Fundamentalismusverdacht dürfte sich durch die neueren Entwicklungen relativiert haben.

Die scharfe Abgrenzung gegenüber traditionellen kirchlichen Strukturen und als zu liberal empfundener Universitätstheologie, die anfangs die Identität geprägt und sicher viel zur Dynamik der Jesus Freaks beigetragen hat, ist ein ganzes Stück weit zurückgenommen. In der Charta bekennt man sich klar zur Ökumene, und nicht wenige Jesus Freaks studieren inzwischen selbst Theologie. Mit Zusammenschlüssen wie der Evangelischen Allianz, aber auch mit den Landeskirchen bestehen verschiedene Formen der Zusammenarbeit, etwa durch gemeinsame Veranstaltungen oder Erteilung von Konfirmandenunterricht. Das – in seinem Umfang verkleinerte – Freakstock ebenso wie die anderen Großtreffen der Jesus Freaks finden inzwischen auf dem Gelände des koptischen Klosters in Borgentreich statt, was offensichtlich beide Seiten als Bereicherung erleben.

Die Frage nach dem eigenen Selbstverständnis der Jesus Freaks ist nicht abgeschlossen und wird es vermutlich auch nie in der Weise sein, wie es bei anderen christlichen Gemeinschaften der Fall ist. Dabei ist der Gedanke, eine Kirche gerade für „Freaks“ und gesellschaftliche Randgruppen zu sein, in der Bewegung nach wie vor lebendig. Ob die Jesus Freaks weiterhin für ihre ursprüngliche Zielgruppe attraktiv bleiben, wird sich zeigen. Dafür spricht, dass in die Bewegung bereits eine große Zahl von Anhängern verschiedener subkultureller Szenen fest integriert ist. Offen ist, ob sich die jugendliche Dynamik erhält. Um die nächste Generation, deren Musikstil und Szenekulturen andere sind als vor 20 Jahren, bemüht man sich inzwischen mit einer eigenen Jugendarbeit namens 2T22 (in Berufung auf 2. Tim 2,2). In jedem Fall gilt, dass die Jesus Freaks im Vergleich mit anderen christlichen Gemeinden nach wie vor eine stark alternativ geprägte Gemeinschaft sind, deren Gestalt weniger von konstanten, festgeschriebenen Strukturen oder Lehrinhalten festgelegt wird, sondern die in hohem Maße von ihren jeweiligen Mitgliedern abhängig ist.


Karina Meyer


Anmerkungen

1 Vgl. Stefanie Schwarz, Die Jesus Freaks – eine religiöse Jugendkultur, in: MD 2/2009, 52-58.
2 Michael Ackermann, Jesus Freaks, Wuppertal 1994, 99-104. Im Internet noch als Zitate der Jesus-Freak-Homepage von 1998 zu finden unter www.religio.de/sekten/jesusfreaks.html.  (Wenn nicht anders angegeben, wurden die in diesem Beitrag genannten Internetadressen am 20.8.2011 zuletzt abgerufen).
3 In der Fassung noch zu finden unter www.jesusfreakscelle.de.tl/Jesus-Freaks-Celle.htm.
4 Notker Schrammek, Die Lockerheit der Formen und die Starrheit der Lehre. Das Freakstock-Festival 2001 der Jesus-Freaks vom 26. bis 29. Juli 2001 in Boxberg bei Gotha, in: MD 10/2001, 347-349.
5 Vgl. Stefanie Schmiedler, Ein radikal übernatürliches Leben. Die „Wort+Geist“-Bewegung und der „Völkerapostel“ Helmut Bauer, in: MD 5/2009, 177-183.
6 „Ä-Kreis“ steht für Ärsche-Kreis (statt des üblichen „Ältesten-Kreises“) und soll humorvoll auf die biblisch begründete Dienerschaft von Leitern verweisen.
7 Jesus Freaks International (Hg.), Jesus Freaks. Ten years after ..., Wuppertal 2001, 12ff; www.jesusfreaks.com/content/geschichte.
8 Jesus Freaks International (Hg.), Jesus Freaks, a.a.O., 101.
9 http://konzil.jesusfreak.de/2006/09/06/2-offizielles-schreiben-zum-konzil  (31.5.2010).
10 http://de.jesusfreaks.com/content/charta-jfd.
11 www.pastor-storch.de/2009/07/08/wort-und-geist-vs-peter-wenz.
12 www.jesusfreaks.com/content/geschichte.
13 M. Anderfuhren, Selbstkritik. Jesus Freaks tragen Mitschuld am Erfolg von „Wort und Geist“, in: Der kranke Bote 5/2009, 24, http://de.jesusfreaks.com/dkb/download.
14 Ebd., 25.
15 Storch, Vorsicht vor Scharlatanen. Charismatiker sind anfällig für Verführung, in: Der kranke Bote 5/2009, 30, http://de.jesusfreaks.com/dkb/download.
16 Ebd., 31.
17 http://santacrux.blogspot.com/2005/10/wir-brauchen-ein-konzil.html  (31.5.2010).
18 http://konzil.jesusfreak.de/about/  (31.5.2010).
19 Einsehbar unter http://de.jesusfreaks.com/protocol?page=1
20 http://de.jesusfreaks.com/content/charta-jfd  (alle folgenden Zitate sind daraus entnommen).
21 http://de.jesusfreaks.com/content/jfd-leitung .
22 Spiegelte die erste Namensgebung (Jesus Freaks International) die spontane Vision wider, ist die Umbenennung in Jesus Freaks Deutschland Ausdruck der aktuellen Situation, in der die Integration der (zahlenmäßig geringen) Gruppen außerhalb Deutschlands in die Struktur zwar beidseitig gewünscht wird, aber noch nicht realisiert ist.
23 http://de.jesusfreaks.com/og/pools .
24 http://de.jesusfreaks.com/og
25 http://de.jesusfreaks.com/content/%C3%BCber-jesus-freaks-de  (daraus sind die folgenden Zitate des aktuellen Selbstdarstellungstexts entnommen).
26 http://jesusfreakscelle.de.tl/Jesus-Freaks-Celle.htm  (daraus ist auch das folgende Zitat des ursprünglichen Selbstdarstellungstextes entnommen).
27 http://de.jesusfreaks.com/content/konzil-gruppenarbeit-gentechnik .